
Das muss Sie an dieser Herbstsession interessieren

Die Herbstsession steht an. Geo- und Aussenpolitik zwingen dem Parlament grosse Themen auf. Mit drei Volksinitiativen und einer Sondersession Asyl prägt aber auch die SVP die Agenda der eidgenössischen Räte.
Starten wir mit den Themen der Herbstsession, die für Schweizerinnen und Schweizer im Ausland besonders relevant sind:
Auslandschweizer-Themen dieser Herbstsession
Der Ständerat ratifiziert ein SozialversicherungsabkommenExterner Link zwischen der Schweiz und Argentinien. Es schafft Rechtssicherheit für Schweizer Rentenempfänger:innen in Argentinien.
Sämtliche Rentner:innen im Ausland dürfte auch die 13. AHVExterner Link interessieren. Sie kommt im Dezember 2026, aber noch immer ist nicht klar, wie sie finanziert wird. Der Bundesrat will die Mehrwertsteuer erhöhen, der Ständerat schlägt vor, dass auch Lohnabzüge zur Finanzierung beitragen. Jetzt ist der Nationalrat am Zug.
Unterdessen wird bei GLP und FDP auch in Übergangsszenarien gedacht – um dann mit einer neuen AHV-Reform eine ganzheitliche Lösung zu erreichen. Die Schweiz sucht in der Herbstsession also den grösstmöglichen Kompromiss, um den Bedarf von 4 bis 5 Milliarden Franken pro Jahr zu stemmen.
Vielleicht gibt es sie, die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland, die Teile ihres Vermögens in Kryptowährungen halten und diese in der Schweiz vor dem Fiskus ihres Wohnlands verstecken. Doch bei Kryptowerten sucht der Bundesrat jetzt Transparenz.
Wie bei normalen Bankkonten strebt der Bundesrat einen automatischen InformationsaustauschExterner Link an. Das Geschäft hat gute Chancen, im Ständerat auf Zustimmung zu stossen. Die zuständige Kommission war geschlossen dafür.
Es ist ein Randthema, aber interessant, weil es gleich doppelt kommt, einmal von links und einmal von rechts: Schweizer Söldner in fremden Diensten, was eigentlich verboten ist. Doch nun sollen sie ausnahmsweise Gnade erhalten. Zwecke heiligen Mittel.
SVP-Nationalrat Lukas Reimann will jene rehabilitierenExterner Link, die in Syrien gegen den Islamischen Staat kämpften. Und SP-Nationalrat Jon Pult will die Schweizer Kämpfer in der UkraineExterner Link vor Strafverfolgung schützen. Wir haben hier über einen von ihnen berichtet.
Abstimmungen: drei SVP-Initiativen auf dem Tapet
Zu den Abstimmungsthemen: In dieser Session wird die Pipeline an Vorlagen für das nächste Jahr weiter gefüllt. Von den sechs Initiativen auf den Traktandenlisten dieser Session stammt die Hälfte von der SVP – und jede einzelne davon ist ein Schwergewicht.
Der Nationalrat behandelt die NeutralitätsinitiativeExterner Link. Diese will eine strikte Auslegung der Neutralität in der Verfassung verankern. Doch da ist ein Problem für die Initianten aufgetaucht. Denn inzwischen leidet die Schweizer Rüstungsindustrie unter den Folgen der Schweizer Neutralitätspolitik wie sie bereits besteht und umgesetzt wird.
Partnerstaaten meiden Schweizer Waffen, seitdem die Schweiz deren Weitergabe an die Ukraine unterbindet. Das bedroht jetzt die inländischen Waffenschmieden – und dies dürfte sich mit der SVP-Initiative nur noch verschärfen.
Darum droht die SVP jene Kreise zu verlieren, die der Armee oder der Wirtschaft nahe stehen. Die Initiative benötigt zum Geleit ein aufgeweichtes Kriegsmaterialgesetz. Ein schwieriges Unterfangen.
Herbstsession der Initiativen
Auch die SVP-Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!»Externer Link ist im Nationalrat traktandiert. Sie will den Bundesrat zwingen, die Zuwanderung zu begrenzen. Wir haben hier darüber debattiert.
Im Ständerat wird die SRG-Initiative «200 Franken sind genug!»Externer Link verhandelt, mit der die SVP die Gebühren für die SRG, die auch das Mutterhaus von Swissinfo ist, kürzen möchte.
Alle drei Initiativen der SVP werden in den Räten kaum Mehrheiten finden. Ihr Potenzial für grosse, emotional geführte Abstimmungskämpfe schmälert das nicht.

Weiters ist die Kita-InitiativeExterner Link programmiert, Absender SP. Sie will eine Unterstützung von Eltern für externe Kinderbetreuung direkt vom Bund. Dazu liegt ein indirekter Gegenvorschlag vor. Der Nationalrat wird in der Herbstsession einen ersten Entscheid fällen.
Der Ständerat wiederum nimmt sich als Erstrat der Klimafonds-InitiativeExterner Link an. Diese will, dass die Schweiz 5 bis 10 Milliarden Franken pro Jahr in den Klimaschutz investiert.
Bleibt noch: Die Bargeld-InitiativeExterner Link, hier hat sich der Gegenvorschlag des Bundes bereits durchgesetzt, es geht noch um Differenzen zwischen den Räten. Auch zur Pelz-InitiativeExterner Link liegt ein Gegenvorschlag vor.
Aussenpolitik: Reaktionen auf US-Regierung
Was die Geo- und die Aussenpolitik anbelangt, zeigt sich das Parlament auch im Herbst als verlässlicher Spiegel der Weltenläufe.
Der Krieg im Gazastreifen beschäftigt auf breiter Front. Ständerat Carlo Sommaruga (SP) möchte, dass die Schweiz die «Verbrechen Israels»Externer Link verurteilt. Eine Standesinitiative des Kantons Genf fordert die Anerkennung PalästinasExterner Link.
Auch die neue US-Politik findet in mehrere Vorstössen Niederschlag, der gewichtigste kommt aus der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats. Diese verlangt nach der Schweizer Erfahrung bei der Bestellung von US-Kampfjets Anstrengungen für ein «Abkommen mit der EUExterner Link im Bereich Sicherheit und Verteidigung». Der Bundesrat empfiehlt den Vorstoss zur Annahme.
Herbstsession geprägt von Trump
Derweil verlangt die Basler SP-Ständerätin Eva Herzog eine «Stärkung des Pharma-StandortsExterner Link Schweiz» – eine Reaktion auf Trumps Zollhammer, der auch Herzogs Parteikollege Baptiste Hurni beschäftigt. Er fragt im Ständerat: «Trump-RegierungExterner Link. Wie stellt die Schweiz ihren Wohlstand sicher?»
Eva Herzog nimmt in einem weiteren Vorstoss Bezug zur aktuellen US-Politik. Sie fordertExterner Link, dass die Schweiz ihre Entwicklungsgelder auf das «vereinbarte Ziel» von 0,7 % des Bruttonationaleinkommens erhöht. Dies, nachdem die US-Regierung die US-Entwicklungsagentur USAID zum globalen Rückzug zwingt.
Anlass für grosse Debatten über die Schweiz und die EU dürften in der Herbstsession zwei Rechtsanpassungen geben, bei denen die Schweiz Weiterentwicklungen im EU-Recht nachvollziehen soll.
Es geht um Grenzschutz und Asyl, also um Anpassungen im europäischen Migrations- und AsylpaktExterner Link und um eine Harmonisierung im Schengener GrenzkodexExterner Link, konkret um wieder eingeführte Kontrollen an Europas Binnengrenzen.
Aussenwirtschaft: hunderte Millionen Garantien für Afrika
Eher exotisch ist ein Geschäft, das in den Ständerat kommt. Der Bundesrat ersucht das Parlament um die Freigabe von 1,56 Milliarden Franken als Garantiekapital für die Afrikanische EntwicklungsbankExterner Link. Die Bank ist in Nöte geraten, weil Mitgliedsland Simbabwe Zahlungsrückstände angehäuft hat.
Gleichzeitig versucht die Schweiz laut einem MedienberichtExterner Link über diese Bank, der Schweizer Privatwirtschaft Geschäfte in Afrika zu ermöglichen. «Mit ihrer Beteiligung sichert sich die Schweiz ihren Einfluss in der Bank», schreibt der Bundesrat.
Garantiekapital sei nur eine Eventualverbindlichkeit und bisher noch nie abgerufen worden. Wir haben hier über die neue Schweizer Afrika-Strategie berichtet.

Im Nationalrat gelangt in der Herbstsession ausserdem ein Update zum FreihandelsabkommenExterner Link zwischen der Schweiz und Chile zur Genehmigung. Die Schweiz kann damit mehr Schokolade nach Chile ausführen, Chile mehr Wein in die Schweiz liefern.
Gleichzeitig will die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats festschreiben, dass bei künftigen Freihandelsabkommen strategische RohstoffeExterner Link, die der Schweiz fehlen, zwingend zum Thema jeder Verhandlung werden sollen.
Internationales Genf: Angriff auf die Bundeshilfe
Im Juni hat der Bundesrat beschlossen, dass er das internationale Genf als Standort internationaler Organisationen stärken will. Er hat dafür 269 Millionen Franken reserviert. Genf spiele eine zentrale Rolle für die Schweizer Aussenpolitik, begründet Aussenminister Ignazio Cassis den Entscheid.
Nun funkt die Finanzkommission des Nationalrats dazwischen. Sie möchte massiv kürzen und die Unterstützung des Bundes für Genf auf dem Stand der vergangenen Finanzierungsstrategie einfrieren. Ein erster Entscheid über diesen VorschlagExterner Link liegt beim Nationalrat.
Innenpolitik: Kampfjet, Schuldenbremse und Asyl
Was die Innenpolitik anbelangt, werden die Mehrkosten bei der Beschaffung des Kampfjets zum Thema. Ein Vorstoss von linker SeiteExterner Link will erreichen, dass ein allfällig notwendiger Nachtragskredit des Parlaments referendumsfähig wird. Lies: Dass das Volk nochmals über die Kampfjetkosten abstimmen kann.
Ebenfalls von Seiten der SP liegen zwei Vorstösse zur Schuldenbremse auf, einer im StänderatExterner Link, einer im NationalratExterner Link. Beide wollen die Schuldenbremse so lockern, dass Spar-Überschüsse nicht mehr wie bisher dem Schuldenabbau dienen, sondern in den Haushalt fliessen können.
Von rechts wiederum, namentlich von der SVP, kommt erneut eine ganze Reihe von Ideen zur Verschärfung des Asylwesens in die Räte. Die Partei will in einer Sondersession unter anderem für Menschen im Asylverfahren Bezahlkarten einführenExterner Link, die Rechtshilfe eingrenzenExterner Link und die freie Wohnsitzwahl einschränkenExterner Link.
Die Herbstsession der eidgenössischen Räte dauert vom 8. bis 26. September.
Editiert von Samuel Jaberg

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