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Skandal um Nazi-Liedgut schlägt in Österreich hohe Wellen

Kanzler Kurz (links) distanziert sich von antisemitischen ÖVP-Tendenzen (in einer Aufnahme mit ÖVP-Chef Strache im Parlament in Wien am 20. Dezember 2017). KEYSTONE/AP/RONALD ZAK sda-ats

(Keystone-SDA) Die rechtsnationalistische FPÖ hat ein Problem: Einer ihrer Spitzenpolitiker war in einer Burschenschaft, deren Liederbuch antisemitische Texte enthielt. Ein Wirbel, der auch den neuen österreichischen Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP tangiert.

Der FPÖ-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niederösterreich, Udo Landbauer, war Vize-Chef der Burschenschaft Germania, in deren Liederbuch eine Textstelle lautet. «Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: «Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million»». Die Nazis hatten sechs Millionen Juden ermordet.

Das sei ein Aufruf zum Massenmord, der als solcher behandelt werden müsse. In einem offenen Brief an Kurz artikulierten am Donnerstag mehrere Universitätsrektoren und -professoren ihr Entsetzen. Und sie fordern: «Beenden Sie die Zusammenarbeit mit allen, die Mitglieder rechtsextremer Burschenschaften in ihren Büros beschäftigen.»

Bundespräsident fassungslos

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte im Ö1-«Morgenjournal», er sei fassungslos gewesen, als er von dem Text erfahren habe. Der Vorfall müsse nun mit aller Entschiedenheit verfolgt werden.

Auch wenn Landbauer bekräftigt, die Texte weder gekannt noch gesungen zu haben: Opposition und Teile der Öffentlichkeit fühlen sich in ihrem Grundverdacht bestätigt, dass das antisemitische Gedankengut in den Reihen der FPÖ nur oberflächlich ausgelöscht sei – ein Problem auch für die konservative ÖVP, die seit wenigen Wochen gemeinsam mit der FPÖ regiert.

«Der Skandal um Udo Landbauer hat einen unglaublichen braunen Sumpf zutage gefördert. Sebastian Kurz und die ÖVP haben dieser Freiheitlichen Partei den Weg in höchste Regierungsämter geebnet», schrieb SPÖ-Chef und Ex-Kanzler Christian Kern auf Facebook.

Der 31-jährige Landbauer verteidigte sich. Die Passage verstosse «gegen alle meine Grundprinzipien», sagte der Sohn einer Iranerin und eines Österreichers in der Nachrichtensendung «ZiB2». Er habe seine Mitgliedschaft nach Bekanntwerden der Vorwürfe sofort niedergelegt.

Bei dem nun aufgetauchten 200-seitigen Liederbuch müsse es sich um eine alte Version handeln, die er nicht gekannt habe, sagte Landbauer. Er war 17 Jahre Mitglied der Burschenschaft und zeitweise stellvertretender Vereinschef.

Kanzler Kurz fordert rasche Aufklärung

Kanzler Kurz forderte am Donnerstag volle und rasche Aufklärung. «Wer für so etwas verantwortlich ist, solche Lieder singt oder diese Inhalte verbreitet, der agiert nicht nur abscheulich antisemitisch und verhetzerisch, sondern macht sich in unserem Land auch strafbar. Die Verantwortlichen müssen die volle Härte des Gesetzes spüren», so Kurz.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verbreitung von NS-Gedankengut. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erklärte, es handle sich um ein «wirklich widerliches und antisemitisches Lied». Die FPÖ-Spitze hatte sich in den vergangenen Jahren stark bemüht, die Partei als eindeutig nicht-antisemitisch zu positionieren.

Die Polizei beschlagnahmte am Mittwochabend während einer Hausdurchsuchung bei der Burschenschaft 19 «Liederbücher» und zwei Ordner mit Unterlagen. Ein Burschenschaftler, der für die Neuauflage des Buches 1997 verantwortlich sein soll, werde demnächst vernommen, hiess es am Donnerstag.

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