Heute in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Wie viele Stunden muss man arbeiten, um sich ein Jahr Rente zu verdienen? Die Antwort variiert stark von Land zu Land, wie Sie weiter unten lesen können. Kleiner Spoiler: In der Schweiz muss man mehr schuften als in Frankreich.
Sollten Sie ausserdem gehört haben, dass die Schweiz 85'000 Arbeitskräfte aus dem Ausland sucht, die fürstlich bezahlt werden sollen: Das sind fake News.
Wir schliessen mit einem Schweizer Exploit im Sport, befassen uns zuvor jedoch noch einmal mit der Saga der US-amerikanischen Handelszölle.
Viel Vergnügen bei der Lektüre!
Die Schweizer Wirtschaftswelt mobilisiert sich, um das mit den Vereinigten Staaten erzielte Handelsabkommen zu verteidigen, das im Zentrum des Verhandlungsmandats steht, das im Parlament diskutiert werden soll, berichtet heute der Blick.
Das Abkommen hat es ermöglicht, die von Washington gegen Schweizer Exporte verhängten Strafzölle von 39% auf 15% zu senken, doch die «Charme-Offensive», die diese Wende offenbar ermöglichte, hat viele Menschen ratlos gemacht. Die Grünen haben gegen die sechs Unternehmer, die dem US-Präsidenten Donald Trump eine Rolex und einen Goldbarren geschenkt haben, Strafanzeige eingereicht. Laut Blick lehnen zudem zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung das Abkommen ab, das von vielen als Unterwerfung unter Washington angesehen wird.
130 hochrangige Vertreter:innen der Schweizer Wirtschaft haben deshalb Gegensteuer gegeben und einen Brief mit alarmistischem Ton an die Aussenpolitiker:innen des Nationalrats und des Ständerats geschrieben. «Für viele von uns», heisst es in dem Brief, «steht die Existenz des Schweizer Unternehmertums selbst auf dem Spiel». Kein Hindernis dürfe dem Abkommen in den Weg gelegt werden, fordern die Unterzeichnenden.
Am Montag hat sich die aussenpolitische Kommission des Nationalrats mit 17 zu 2 Stimmen für das Verhandlungsmandat ausgesprochen. Die Entscheidung der entsprechenden Kommission der kleinen Kammer wird für morgen erwartet. Laut Blick droht, falls ein Referendum gegen das Abkommen lanciert wird, eine hitzige Debatte über die helvetische «Oligarchie», gewürzt mit Antiamerikanismus und Trump-Kritik.
Wie lange muss man arbeiten, um sich ein Jahr Rente zu verdienen? Die NZZ beantwortet heute die heikle Frage in einem Artikel, der die Rentensysteme verschiedener europäischer Länder vergleicht, und die Unterschiede sind erheblich.
Patrick Chuard-Keller, Chefökonom des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, hat analysiert, wie viel – oder wie wenig – die Menschen in den einzelnen Ländern arbeiten müssen, um eine Rente zu erhalten. Während man in der Schweiz 3310 Stunden (über zwei Arbeitsjahre) für ein Jahr Rente arbeiten muss, was mit den skandinavischen Ländern und den Niederlanden vergleichbar ist, sind es in Deutschland nur 2’925 Stunden. In Frankreich, wo das Rentenalter bei 62 Jahren liegt, beträgt die erforderliche Arbeitszeit 2’436 Stunden.
Laut der NZZ kommt dieser geringe Arbeitseinsatz Frankreich teuer zu stehen, wo 23% der öffentlichen Ausgaben für die Finanzierung der Renten aufgewendet werden, die 13,4% des Bruttoinlandsprodukts verschlingen, gegenüber 6,4% in den Niederlanden. Auch die Schweiz schneidet gut ab mit einem Anteil von 6,6%, während Deutschland bei 10,8% liegt.
Laut Fake News, die in vielen Ländern viral gegangen sind, steht die Schweiz vor einem erschreckenden Arbeitskräftemangel und sucht daher 85’000 Arbeitskräfte, denen sie Monatsgehälter von 3’500 bis 6’500 Euro bieten würde. RTS erzählt nun die Entstehungsgeschichte dieser Ente.
Seit 2022 taucht die Information zyklisch wieder auf und verbreitet sich in den letzten Wochen in den sozialen Medien in Frankreich und Belgien, aber auch in Tunesien. Es handelt sich um eine falsche und irreführend dargestellte Nachricht, um Klicks zu erhalten. «Das ist ein typischer Fall viraler Desinformation«, erklärt Patrick Hack, Professor an der Handelshochschule (HEC) in Lausanne. Die Artikel darüber vermischen Wahrheiten (wie das Niveau der Schweizer Löhne) und Lügen (die dringliche Verkündung eines Gesetzes in der Schweiz zur Einstellung von 85’000 Arbeitskräften).
Laut RTS tauchte die Zahl 85’000 im Januar 2022 in einer Mitteilung eines Aargauer Personalvermittlungsbüros auf, in der geschätzt wurde, dass die Eidgenossenschaft 85’000 neue qualifizierte Arbeitskräfte brauche, um ein ähnliches Wirtschaftswachstum wie vor der Pandemie wiederzuerlangen. Die Nachricht wurde vom Blick aufgegriffen und dann von anderen Medien falsch interpretiert und wiedergegeben, die ihrerseits zur Quelle eines medialen Buzz wurden, der mit einer guten Portion Sensationalismus die Verbreitung dieser Fake News mehrfach angeheizt hat.
Es bleibt jedoch eine Tatsache, dass im dritten Quartal 2025 in Schweizer Unternehmen rund 88’000 Stellen offen waren, aber auch 140’000 Menschen arbeitslos waren.
Normalerweise befassen wir uns in unserem Briefing nicht mit Sport, ausser wenn die Schweiz Geschichte schreibt. Das geschah gestern, als die Nationalmannschaft im tschechischen Ostrava das Finale der Frauen-WM im Unihockey gegen die Gastgeberinnen gewann.
Es war ein hart erkämpftes 2:0, das die Schweiz 20 Jahre nach dem Sieg in Singapur wieder auf das Dach der Welt im Unihockey brachte. Nach einem Tor in der 13. Minute widerstanden die Schweizerinnen den Angriffen der Gegnerinnen bis zum Schluss, als ein Treffer ins leere Tor den Traum vom Ruhm definitiv wahrmachte.
Der Exploit folgte auf den Halbfinalsiegs mit 6:3 gegen die hochfavorisierten Schwedinnen. Diese mussten sich nach dem Sieg im «kleinen Finale» gegen Finnland mit dem dritten Platz begnügen.
Unser Adventskalender «Ungewöhnliche Schweiz»
Bis zum 24. Dezember präsentieren wir Ihnen in unserem Briefing täglich einen Überraschungsartikel aus unserer Reihe «Ungewöhnliche Schweiz». Entdecken Sie kuriose und manchmal skurrile Geschichten, die Ihnen die weniger bekannte Seite des Landes näherbringen.
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