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3 Jahre nach dem Welternährungsgipfel von Rom: Ernüchternde Bilanz

Drei Jahre nach dem Welternährungsgipfel ziehen Schweizer Experten eine ernüchternde Bilanz. Die internationale Gemeinschaft müsste mehr leisten, um den Hunger nachhaltig zu bekämpfen, hiess es am Donnerstag an einer Medienorientierung in Bern.

Drei Jahre nach dem Welternährungsgipfel ziehen Schweizer Experten eine ernüchternde Bilanz. Die internationale Gemeinschaft müsste mehr leisten, um den Hunger nachhaltig zu bekämpfen, hiess es am Donnerstag (04.11.) an einer Medienorientierung in Bern

“Es besteht kein Anlass zur Selbstzufriedenheit; wir sind vom Kurs abgekommen”, sagte Walter Fust, Leiter der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), vor den Medien. Vor drei Jahren hatte sich die Schweiz zusammen mit anderen Ländern in einem Aktionsplan verpflichtet, die weltweite Anzahl der Unterernährten von derzeit rund 800 Millionen Menschen bis 2015 mindestens zu halbieren.

Nahrungsmittelproduktion muss verdoppelt werden

Die Welternährungslage habe sich seither eher verschlechtert, die Armut sei wieder im Steigen begriffen, sagte Fust. Als Ursachen nannte er die mangelnde Hungerbekämpfung von den betroffenen Ländern und den Gebern sowie die Vernachlässigung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern, weiter die Zunahme der Bevölkerung, von Naturkatastrophen und die Kriege sowie die Finanz- und Wirtschaftkrisen. Laut Hans Burger, dem Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), müsste die weltweite Produktion in der nächsten Generation verdoppelt werden, damit alle Erdenbewohner satt würden.

Der Deza-Direktor Fust wies aber auch darauf hin, dass die Schweiz bereits heute viel für die Bekämpfung des Hunders unternehme und die Schweizer Politik weitgehend mit dem Aktionsplan von Rom kompatibel sei. Dabei wendet die Deza rund ein Fünftel ihres Budgets für Landwirtschafts- und Ernährungsprogramme auf. Hinzu kommen Programme zur Bekämpfung der Armut, die ebenfalls einen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten. Zudem engagiert sich die Schweiz auf multilateraler Ebene, damit möglichst viele Mittel in die Armuts- und Hungerbekämpfung fliessen. Die Deza will ihre gesamte Tätigkeit laufend auf ihre Wirkung für eine höhere Ernährungsicherheit hin überprüfen, wie Fust weiter erklärte. Als ermutigend bezeichnete Fust, dass das Recht auf Nahrung und seine Durchsetzbarkeit mit der Weiterentwicklung der Menschenrechte deutlich an Bedeutung zugenommen habe.

Die Schweiz kann laut BWL-Direktor Burger mit ihrer multifunktionalen Agrarpolitik zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen und einen solidarischen Beitrag zur Sicherung der Ernährung leisten, indem sie die notwendigen Entwicklungen in den Ländern mit Hunger nicht behindert oder konkurrenziert. Dazu sei der Wissenstransfer sehr wertvoll. Mit dem multifunktionalen Ansatz könne die Schweiz auch zur Verbesserung der Spielregeln im internationalen Agrargüterhandel beitragen, sagte Burger.

Broschüre und völkerrechtliches Gutachten

Mit der neuen Broschüre «Für eine Welt ohne Hunger» zeigen die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklung Deza und das Bundesamt für Landwirtschaft BLW, welche Beiträge die Schweiz für eine verbesserte Ernährungssicherheit bereits geleistet hat und was weiter vorgesehen ist. Verfasst hat die Broschüre der bekannte Drittwelt-Publizist Oswald Iten. Als Beispiel für den Beitrag der Schweiz wurde auf den Bau von kleine Getreidesilos zur Aufbewahrung der Ernte verwiesen. Zu viele Nahrungsmittel verderben nach der Ernte. Die Schweiz bildet deshalb in Zentralamerika Handwerker aus, die kleine Silos herstellen. Bisher wurden über 100’000 Silos hergestellt, die 50’000 Tonnen Getreide schützen. Die positiven Resultate des DEZA-Programms Postcosecha sollen nun auch in anderen Ländern angewendet werden.

Der Aktionsplan von Rom hat auch die Klärung des Inhalts des Rechts auf Nahrung verlangt. Die DEZA liess dazu vom Berner Universitätsinstitut für öffentliches Recht unter Prfoessor Walter Kälin ein entsprechendes Gutachten erstellen. Die Studie zeigt, dass bereits heute in der Schweiz das Recht auf Nahrung gerichtlich durchgesetzt werden kann, während auf Völkerrechtsebene die individuelle Einklagbarkeit nur teilweise gegeben ist. Die Bedeutung des Rechts auf Nahrung und seine Durchsetzbarkeit haben in den letzten Jahren mit der Weiterentwicklung der Menschenrechte jedoch zugenommen. So gilt seit 1998 die Verletzung des Rechts auf Nahrung als völkerrechtliches Delikt.

SRI und Agenturen

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