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Roche wegen Akne-Mittel verurteilt

Basler Pharmakonzern Roche von US-Gericht verurteilt. Ex-press

Ein amerikanisches Gericht hat den Schweizer Pharmakonzern Roche wegen Nebenwirkungen seines Akne-Mittels Accutane zu Schadenersatz verurteilt.

Die Richter im Bundesstaat New Jersey befanden Roche für schuldig, nicht ausreichend vor Nebenwirkungen gewarnt zu haben.

Roche habe es versäumt, den Kläger ausreichend über mögliche Risiken zu informieren, befanden die Geschworenen am Dienstag in einem Urteil.

Das sei die unmittelbare Ursache für die aufgetretenen Darmbeschwerden des 36-jährigen Klägers Andrew McCarrell gewesen.

Neben der Schadenersatz-Zahlung in Höhe von 2,5 Mio. Dollar muss Roche dem Kläger zusätzlich 119’000 Dollar für medizinische Ausgaben erstatten. Nicht gelten liess die Jury den Vorwurf des Betruges oder der Verschleierung von derartigen Risiken vor Juni 1995 durch Roche.

McCarrell musste sich eigenen Angaben zufolge mehreren chirurgischen Eingriffen unterziehen und sich unter anderem den Dickdarm entfernen lassen, nachdem er das Medikament 1995 eingenommen hatte. Den Prozessakten zufolge litt er unter chronischem Durchfall und Inkontinenz.

Roche wies zurück, dass das Medikament die Ursache dafür sei und verwies darauf, dass es keine wissenschaftlichen Beweise für die Behauptung gebe.

“Die Ursache von entzündlichen Darmkrankheiten bleibt unbekannt und es gibt keinen verlässlichen wissenschaftlichen Nachweis, dass Accutane Darmentzündungen verursacht”, schreibt Roche in einer Mitteilung.

Nur von spezialisierten Ärzten verschrieben

In der Schweiz ist das Mittel unter dem Namen Roaccutan im Handel. Seine Abgabe unterliegt einer verschärften Rezeptpflicht, ein ärztliches Rezept gilt also nur für eine einmalige Abgabe. Es darf nur von spezialisierten Ärzten verschrieben und für anders nicht behandelbare chronische Akne eingesetzt werden.

Während rund 20 Jahren war es eines der populärsten Produkte des Basler Pharmamultis. Heute existiert es auch als Generikum.

Das seit 1982 vertriebene Roaccutan steht seit langem in der Kritik. Rund 400 Gerichtsverfahren sind allein in den USA hängig, doch ist jetzt in New Jersey zum ersten Mal ein Urteil gefällt worden.

Schwere Nebenwirkungen

Nicht nur in den USA, sondern auch in europäischen Ländern, darunter die Schweiz, wird kritisiert, dass das Medikament schwere Nebenwirkungen zeige. Roaccutane habe einen Einfluss auf die Psyche, könne Panikattacken verursachen, die Neigung zu Magersucht oder Selbstmord verstärken.

Bis heute wurden im Zusammenhang mit dem Medikament in der Schweiz 6 und in den USA 190 Selbstmord-Fälle gemeldet.

Für Roche ist das Medikament gemäss Analysten wegen grosser Generika-Konkurrenz wirtschaftlich von stark sinkender Bedeutung.

swissinfo und Agenturen

Roche wurde 1896 in Basel gegründet. Kerngeschäft sind Pharma und Diagnostik.
Der Konzern ist Nummer eins im globalen Diagnostik-Markt und führender Anbieter von Krebs- und Transplantations-Medikamenten.
Umsatz 2006: 42 Mrd. Franken
Gewinn: 9,2 Mrd. Fr. (+17% gegenüber Vorjahr)
Netto-Liquidität: 16 Mrd. Fr.
Mitarbeitende weltweit: 74’372
Mitarbeitende Schweiz: 7860

Accutane ist der Handelsname von Roaccutan in den USA. Das Mittel enthält den Wirkstoff Isotretinoin.

Roaccutan ist eine dem Vitamin A verwandte Substanz und darf nur auf ärztliche Verschreibung verwendet werden.

Roaccutan / Accutane wird zur Behandlung von schwerer Akne eingesetzt.

Es darf unter keinen Umständen von schwangeren Frauen eingenommen werden, da es zu schweren Missbildungen des ungeborenen Kindes führen kann.

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