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WM für Gastgeber Schweiz zu Ende

Keystone

Der Traum vom Exploit vor heimischer Kulisse ist ausgeträumt: Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft ist mit dem 3:3 nach 60 Minuten gegen die USA ausgeschieden. Der Siegestreffer Roman Wicks in der Verlängerung kam 13 Sekunden zu spät.

Es wird wohl das nutzloseste Tor der Karriere Roman Wicks bleiben: Hätte der Kloten-Stürmer das 4:3 ganze 13 Sekunden früher geschossen, wäre die Schweiz dank der drei Zähler im WM-Viertelfinale gestanden.

Zum Verhängnis wurde der Schweiz, dass Siege in der Overtime nur mit zwei Punkten belohnt werden.

Und diese halfen dem Krueger-Team nach den Niederlagen gegen Schweden und vor allem Lettland rein gar nichts mehr.

Denn dank des einen Zählers, mit dem die USA für das 3:3 nach der regulären Spielzeit honoriert wurde, ziehen diese anstelle der Heimmannschaft in die Runde der letzten acht Teams.

Schmerz, aber auch Stolz

“Der Schmerz über die Niederlage ist sehr gross”, sagte Trainer Ralph Krueger. Dennoch verlasse sein Team die WM mit grossem Stolz.

Kleinigkeiten hätten gegen die Schweiz entschieden. “Die Linie zwischen Erfolg und Misserfolg ist auf diesem Niveau extrem schmal”, so Kruegers Fazit. “Die Spieler haben es nicht verdient, den Nachhause-Weg antreten zu müssen.”

Klare Defizite ortete der Chef in der Effizienz vor dem Tor, wollte sich selber aber nicht aus der Kritik nehmen. “Ich habe meinen Job nicht gut genug gemacht”, sagte Krueger.

Schock zum Auftakt

Die Ausgangslage war klar: Es musste ein Sieg gegen die USA in der regulären Spielzeit her. Von Beginn weg war spürbar, dass sich die Schweizer Spieler für die blamablen Darbietungen gegen Schweden und Lettland bei den Fans rehabilitieren wollten.

Doch die Startphase wurde überschattet durch einen brutalen Bandencheck David Backes gegen den Schweizer Angreifer Julien Sprunger.

Der US-Spieler stiess Sprunger kopfvoran in die Bande, der junge Freiburger blieb darauf regungslos liegen. Sprunger musste mit dem Sanitätswagen vom Eis getragen und zur Untersuchung ins Spital gebracht werden.

Erinnerung an Pat Schafhauser

Böse Erinnerungen an das Schicksal des ehemaligen Lugano-Stürmers Pat Schafhauser wurden wach: Der Amerika-Schweizer ist seit einem Bandencheck im Spiel Davos gegen Lugano 1995 an den Rollstuhl gefesselt.

Backes kassierte eine verdiente Matchstrafe, und weil bereits ein Amerikaner auf der Strafbank sass, konnten die WM-Gastgeber fast zwei Minuten in doppelter Überzahl agieren.

Zu Stärken zurückgefunden

Und jetzt fiel er tatsächlich, der heiss ersehnte Schweizer Führungstreffer. Es war der Davoser Andres Ambühl, der in der 10. Minute Mitspieler, Trainer und die 11’500 Zuschauer in der ausverkauften Berner PostFinance-Arena erlöste.

Am Ende des ersten Drittels manöverierten sich die Schweizer in doppelte Unterzahl, überstanden die heikle Situation aber unbeschadet. Die erste Strafe gegen die Schweiz im zweitem Umgang brachte jedoch den Ausgleich: Knapp vor Spielhälfte traf Hainsey mit einem haltbaren Schuss zum 1:1.

Glück dann für das Krueger-Team und Goalie Martin Gerber in der nächsten Unterzahlsituation. Der Headschiedsrichter annullierte die vermeintliche 2:1-Führung der USA wegen eines zu hohen Stockes.

Nicht aufgesteckt

Nach einer Phase defensiver Unsicherheit schoss Romano Lemm die Schweiz wieder auf WM-Viertelfinalkurs. Sandy Jeannin kurvte hinter dem gegnerischen Tor und bediente seinen Mitspieler mit einem Musterpass.

Doppeltes Pech für die Schweiz dann in der 36. Minute: Erst traf Thomas Ziegler nur den Pfosten des Kastens von US-Hüter Robert Esche, im Gegenzug erwischte Higgins den Schweizer Keeper Martin Gerber zum erneut haltbaren 2:2-Ausgleich.

Auf den zunehmenden Druck des Gegners konnten die Platzherren nur mit dem wiederholten Ziehen der Notbremse reagieren: Wie am Schluss des ersten Drittels standen sie auch bei Ende des zweiten mit nur drei gegen fünf Feldspieler auf dem Eis. Diesmal brauchten die USA nur wenige Sekunden, bis Hainsey Gerber per Weitschuss zum 3:2 bezwang.

Vergebliche Schlussoffensive

In der 50. Minute brachte der herrliche Ausgleichstreffer von Martin Plüss auf Vorarbeit von Félicien Du Bois die Schweizer erneut zurück auf die Strasse der Hoffnung. Jetzt hatten sie noch zehn Minuten, das drohende Aus abzuwenden.

Doch das Glück, das den Schweizern im ganzen Turnier nicht hold war, zeigte sich auch jetzt nicht auf dem Eis, die Schlussoffensive blieb vergebens. Es mag paradox tönen: Roman Wicks rascher Siegestreffer in der Overtime war nichts mehr als eine nutzlose Krönung des Schweizer Misserfolgs.

Eine gute Nachricht gab es dennoch an diesem bitteren Abend: WM-Chefarzt Martin Schär konnte für Julien Sprunger Entwarnung geben. Die Untersuchungen im Berner Inselspital hätten beim Pechvogel keine gravierenden Verletzungen ergeben.

swissinfo, Renat Künzi

Die Eishockey-WM 2009 mit den besten 16 Nationalteams findet bis am 10. Mai im Hauptaustragungsort Bern und in Kloten statt.

Von den 56 Partien finden 32 in der PostFinance-Arena in Bern statt (inkl. alle Finalspiele), 24 Spiele in der Arena Zurich-Kloten.

Favorisiert sind Titelveteidiger Russland und Kanada.

Ziel der Schweiz, aktuelle Nr. 8 der Weltrangliste, ist das Viertelfinale. Für das Erreichen des Halbfinales wäre ein absoluter Exploit des Teams von Coach Ralph Krueger nötig.

Die Hoffnungen im Schweizer ruhen auf den beiden NHL-Stars Mark Streit und Martin Gerber sowie dem Riesen Ryan Gardner, der 196 Zentimeter misst.

Die Organisatoren unter Präsident Gian Gilli erwarten rund 300’000 Fans.

Die PostFinance-Arena in Bern fasst an der WM 11’500 Zuschauer, die Arena Zurich-Kloten 6700.

In den beiden WM-Stadien sind 1100 freiwillige Helfer im Einsatz.

Das Gesamtbudget der Organisatoren beläuft sich auf 31 Mio. Franken.

Für den Grossanlass haben sich rund 800 Journalisten akkreditiert.

Die 56 Spiele werden von 190 TV-Stationen in über 100 Länder übertragen.

Gesamthaft verfolgen 800 Millionen Zuschauer die WM am Fernsehen.

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