«Kapitalismus für alle»: Paz in Bolivien als Präsident vereidigt
In Bolivien ist Rodrigo Paz Pereira als Präsident vereidigt worden. "Gott, Familie und Vaterland, ja, ich schwöre", sagte der 58-Jährige bei seinem Amtseid. Die Zeremonie markiert das Ende einer fast zwei Jahrzehnte währenden Ära linker Regierungen, die lange vom Machtkampf zwischen Ex-Präsident Evo Morales und dem scheidenden Staatschef Luis Arce von der linken Partei "Movimiento al Socialismo" (MAS) geprägt war. "Heute beginnt eine neue Ära der Unabhängigkeit im Dienste des Volkes", sagte Paz, wie er im Volksmund meist genannt wird. "Das ist das neue Bolivien, das sich der Welt öffnet."
(Keystone-SDA) Paz, Kandidat der christdemokratischen Partei «Partido Demócrata Cristiano», die der politischen Mitte zugerechnet wird, gewann bei der Stichwahl gegen Ex-Präsident Jorge Quiroga. Der frühere Staatschef Morales wiederum, eine Ikone der lateinamerikanischen Linken, durfte gemäss den Regeln der Verfassung nicht nochmal zur Wahl antreten. Und Arce hatte sich wegen sinkender Beliebtheitswerte aus dem Rennen um das Präsidentenamt zurückgezogen.
Paz ist mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, wie einer Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Engpässen bei Benzin, Lebensmitteln und einem akuten Medikamentenmangel. Der Binnenstaat, der ungefähr dreimal so gross wie Deutschland ist, aber nur etwa zwölf Millionen Einwohner hat, zählt zu den ärmsten Ländern Südamerikas.
Öffnung der Wirtschaft und stärkere Aussenbeziehungen
Bei der Amtseinführung, an der mehrere südamerikanische Staatschefs wie Argentiniens Präsident Javier Milei und Chiles Präsident Gabriel Boric teilnahmen, versprach Paz eine Politik des «Kapitalismus für alle». Er kündigte eine schrittweise Öffnung der Wirtschaft, gezielte Subventionskürzungen und stärkere Aussenbeziehungen an – darunter eine vorsichtige Wiederannäherung an die USA nach jahrelanger Eiszeit unter den linken Regierungen.
Bolivien verfügt über die weltgrössten Reserven an Lithium, einem Schlüsselrohstoff für Batterien und Elektroautos. Deren Erschliessung stockte bislang, Investitionen kamen nur langsam voran. Unter der neuen Regierung hoffen auch deutsche Unternehmen auf neue Kooperationschancen.