
Aargauer Parlament ist für Initiative zur Kürzung der Sozialhilfe

Der Aargauer Grosse Rat hat sich mit knapper Mehrheit für die von der Jungen SVP lancierte Volksinitiative "Arbeit muss sich lohnen!" ausgesprochen. SVP und FDP gaben den Ausschlag. Die Initiative will den Grundbedarf für Sozialhilfebeziehende nach zwei Jahren kürzen.
(Keystone-SDA) Der Grosse Rat entschied am Dienstag mit 67 zu 64 Stimmen, dem Volk die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Für die Initiative sprachen sich SVP und FDP aus.
Gegen die Forderung der Initiative wehrten sich SP, Mitte-Partei, Grüne, EVP und GLP. Der Regierungsrat lehnt die Volksinitiative ab. Das Volk wird voraussichtlich am kommenden 8. März darüber abstimmen.
Die Befürworter hielten fest, es müsse zugunsten des sozialen Friedens gewährleistet werden, dass nur Personen Sozialhilfe erhielten, die tatsächlich darauf angewiesen seien.
Die Stossrichtung der Initiative sei richtig, betonte die FDP. Heute könnten nur Personen sanktioniert werden, die nicht kooperieren würden. Nach zwei Jahren Bezug brauche es eine Reduktion um fünf Prozent des Sozialhilfebetrags. Es lohne sich nicht in jedem Fall, zu arbeiten.
Die SVP stellte sich hinter die Forderung. Von einer arbeitsfähigen Person könne erwartet, bald wieder auf die Beine zu kommen. Sozialhilfe sei eine vorübergehende Unterstützung und keine Dauerlösung, hiess es. Die Initiative führe nicht zu einem Mehraufwand bei den Gemeinden. Es gehe nur um eine «moderate Kürzung» nach zwei Jahren – nicht als Strafe, sondern als Signal.
Mitte-Partei ist gegen die Initiative
Die Gegner und auch der Regierungsrat wiesen darauf hin, die Umsetzung der Initiative würde in den Gemeindesozialdiensten einen erheblichen Aufwand verursachen. Die Sozialhilfequote sei zudem im Aargau zurückgegangen. Die Initiative ziele an der Praxis und an der Realität vorbei. Diese Initiative sei überflüssig, hielt die SP fest. Sie löse keine Probleme, sondern schaffe neue.
Auch die Mitte-Partei lehnte die Initiative. Der soziale Frieden im Aargau könne erhalten werden, wenn auch die Schwächsten wieder stark werden könnten, betonte die Mitte-Partei. Der Titel der Initiative sei «populistisch», kritisierte die GLP. Die Grünen bezeichneten den Titel der Initiative als «perfid».
Regierungsrat und Sozialdirektor Jean-Pierre Galatti (SVP) sagte, das aargauische Sozialsystem funktioniere. Er wies darauf hin, dass den Gemeinden bereits mit den heutigen Rechtsgrundlagen ausreichend Instrumente zur Verfügung stehen würden, um unkooperatives Verhalten zu sanktionieren.
Sie könnten die Sozialhilfebeziehenden mit Weisungen und Auflagen zur Stellensuche verpflichten und bei Nichtbefolgung die Zahlungen kürzen oder die Sozialhilfe ganz einstellen. Diese Massnahmen können die Sozialbehörden gemäss Regierungsrat unabhängig von der Dauer des Sozialhilfebezugs anwenden.
Initiative will Leistungen kürzen
Die Gesetzesinitiative «Arbeit muss sich lohnen! Schluss mit Langzeitbezügern» fordert, dass der Grundbedarf von derzeit 1061 Franken pro Monat um mindestens fünf Prozent gekürzt wird – für Personen, die länger als zwei Jahre Leistungen beziehen. Das Begehren sieht Ausnahmen für Kinder unter 18 Jahren sowie für Mütter und Väter mit Kindern unter vier Monaten vor.
Die Junge SVP Aargau hatte die Initiative im April 2024 mit 3207 gültigen Unterschriften bei der Staatskanzlei eingereicht.
Die Sozialhilfequote ist im Aargau seit dem Jahr 2018 rückläufig. Die Quote lag im Jahr 2023 bei 1,7 Prozent. Dies ist der tiefste Wert seit Einführung der Statistik im Jahr 2005.