Gegen 36-Stunden-Woche

Der Bundesrat ist gegen staatlich verordnete Arbeitszeiten. Zudem könnten so auch keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden.
Vor den Medien hat Wirtschaftminister Pascal Couchepin am Donnerstag das Nein der Regierung zur Initiative für die 36-Stunden-Woche bekräftigt: «Der Bundesrat vertraut am 3. März auf den gesunden Menschenverstand der Stimmberechtigten», sagte Couchepin.
Dreimal seit 1958 habe der Souverän Initiativen für eine kürzere Arbeitszeit deutlich abgelehnt. Gleichwohl sei die durchschnittliche Wochenarbeitszeit um fünf Stunden zurückgegangen.
Sache der Sozialpartner
Laut Couchepin stösst sich der Bundesrat nicht an kürzeren Arbeitszeiten an sich, sondern am Rezept der gewerkschaftlichen Initiative. Die Arbeitszeit dürfe nicht staatlich verordnet werden. Nur Verhandlungen unter den Sozialpartnern erlaubten flexible Lösungen nach den Bedürfnissen der einzelnen Branchen.
Vor allem die in der Schweiz dominierenden Klein- und Mittelbetriebe (KMU) würden bei einer Annahme des Volksbegehrens «hart bestraft», sagte Couchepin. Sie hätten keine Möglichkeit zur Kompensation, zumal die Initiative eine Lohnkürzung bis zu Bruttolöhnen von 7830 Franken ausschliesse.
Bewährte Philosophie
«Unsere Philosophie hat sich bewährt», sagte Couchepin. Die Schweiz habe wohl vergleichsweise lange Arbeitszeiten, gleichzeitig aber die tiefste Arbeitslosenquote Europas. Die Produktivität pro Arbeitsstunde sei hierzulande geringer, weil auch weniger leistungsfähige Menschen in den Arbeitsmarkt integriert seien.
Ein Beweis für die Flexibilität des schweizerischen Arbeitsmarktes sei auch der hohe Anteil der Teilzeitarbeit, sagte Couchepin. Rund 30 Prozent arbeiteten mit reduziertem Pensum, die meisten von ihnen freiwillig. Nur in Holland sei diese Quote noch höher.
Kein Mittel gegen Arbeitslosigkeit
Dass mit der Verkürzung der Arbeitszeit von heute durchschnittlich knapp 42 auf 36 Wochenstunden Arbeitsplätze geschaffen werden könnten, bezeichnete Couchepin als Trugschluss. In Frankreich habe sich diese Erwartung nach der Einführung der 35- Stunden-Woche nur gerade in der Verwaltung erfüllt.
Besser sei es, das heutige System zu konsolidieren und die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern, sagte Couchepin. Diesem Ziel dienten Massnahmen wie die Revision der Arbeitslosenversicherung, das Gesetz gegen die Schwarzarbeit und die Verschärfung des Kartellrechts.
swissinfo und Agenturen

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