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Basler Zeitung geht an Tettamanti – PubliGroupe steigt aus (Zus)

Basel (awp/sda) – Die Verlegerfamilie Hagemann und die PubliGroupe verkaufen ihre Anteile der Basler Zeitung Medien (BZM) an den Financier Tito Tettamanti und den Anwalt Martin Wagner. Die «Basler Zeitung» (BaZ) soll so unabhängig bleiben; ein neuer Stellenabbau ist nicht geplant.
Die Spatzen pfiffen Matthias Hagemanns Verkaufsabsichten seit geraumer Zeit von den Dächern; spekuliert wurde über den Käufer. Der Zuschlag für Tettamanti (75%) und Wagner (25%) stand nicht zuoberst auf der Gerüchteliste. Wagner ist als langjähriger Konzernanwalt der BZM mit Hagemann und dem Verlagshaus vertraut.
Hagemann hatte im Herbst seine Absicht aufgegeben, sein Unternehmen in der Familie zu behalten, führte er am Montag vor den Medien aus. Der Verkauf nach 59 Jahren in Familienhand sei ihm nicht leicht gefallen. Das Familienaktionariat könne aber den Kapitalbedarf, den der Strukturwandel mit sich bringe, allein nicht mehr tragen.
MEDIEN-STRUKTURWANDEL
Neben der schweren Krise sei vor allem dieser Wandel – vor allem das Internet – eine Bedrohung für das Geschäftsmodell der regionalen Tageszeitung, sagte Hagemann. Inserate wanderten ins Netz ab. Dort konkurrenztierten auch Inhalte die Abozeitungen. Gratisblätter kämen hinzu. Indes verbreitet die BaZ selber online Nachrichten gratis.
Hagemann bleibt jedoch auch ohne Aktien im BZM-Verwaltungsrat – sein Netzwerk sei weiter gefragt, erklärte Wagner. Ganz steigt die PubliGroupe aus, die ihr 37-Prozent-Paket abstösst: Diese Beteiligung habe die strategische Bedeutung verloren. Zum Verkaufspreis war gar nichts zu erfahren.
Wagner wird so Miteigentümer eines Unternehmens mit 14 Töchtern und 1200 Angestellten. 2008/09 resultierte bei einem Umsatz von 263 Millionen Franken ein operativer Verlust von gut 12 Millionen. Auch nach der Wirtschaftskrise dürfte der Medien-Strukturwandel abonnierten Zeitungen weiter zu schaffen machen.
BAZ SOLL UNABHÄNGIG BLEIBEN
Die Käufer für die BZM habe er im Interesse der Unabhängigkeit der BaZ ausgewählt. Alternativen wären etwa Tamedia oder die NZZ-Gruppe gewesen. Wagner betonte in Basel seine langfristigen Absichten. Mehrheitseigentümer Tettamanti hingegen war nicht anwesend. Medienexperten hegen Zweifel an dessen langfristigem Engagement.
Defizite und Schulden sind auch mit einem Multimillionär im Rücken unerwünscht. Verlag und Redaktion müssen laut Wagner «zusammen rücken». Mit der fast abgeschlossenen Restrukturierung habe die BZM ihre «Hausaufgaben gemacht»; ein erneuter Stellenabbau stehe nicht an. Gehen muss CEO Beat Meyer; Finanzchef Jürgen Hunscheidt löst ihn ab.
Wagner sieht kein Synergiepotenzial mit Axel Springer Schweiz, der früheren Jean Frey, in deren Verwaltungsrat er sitzt. Eine Spar-Lösung mit extern produzierten Mantelseiten und blosser Lokalberichterstattung komme ebenfalls nicht in Frage; so etwas täusche die Leserschaft und schade der Medienvielfalt.
MEHRHEITSAKTIONÄR TETTAMANTI NICHT IM VR
Chefredaktor und Redaktionsstatut der BaZ sollen bleiben. Ein Kurswechsel sei nicht geplant. Wagner, der sich explizit zur freien Marktwirtschaft bekannte, kündigte indes an, als Präsident «eine aktive Rolle» spielen zu wollen.
Hagemann kennt Tettamanti vom Verkauf der Jean Frey 2002 samt «Weltwoche». Unter der Führung des 79-jährigen rechtskonservativen Tessiner Financiers mit Sendungsbewusstsein ist das Blatt auf einen strammen Rechtskurs eingeschwenkt. 2006 verkaufte er es.
Im neuen BZM-Verwaltungsrat sitzen neben Wagner als Präsident und Hagemann noch der Notar Pascal Berger und der Medienunternehmer Bernhard Burgener (Constantin Film Schweiz). Tettamanti hat keinen Sitz.
rt

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