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Der lange Weg von Südafrika und England nach Bern

swissinfo.ch

Edgar Studer und Rolf B. Schudel sind Auslandschweizer. Schudel lebt seit bald 40 Jahren in Afrika, Studer seit 10 Jahren in England. Beide kandidieren für die Nationalratswahlen im Herbst.

Als Mitglied der SVP wollen sie die traditionellen Werte der Schweiz verteidigen, die Steuern senken und einen EU-Beitritt verhindern. swissinfo hat sie getroffen.

Segelflugplatz Schmerlat. Aussicht auf den Klettgau. Rundherum Deutschland. Am Himmel die Flugzeuge, kurz nach dem Abflug in Kloten.

Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), Sektion Schaffhausen, stellt den lokalen Medien ihre Kandidaten für die Wahlen im Herbst vor.

Ziel ist es, wieder einen Volksvertreter in den Nationalrat zu bringen.1935 hat die Vorgängerin der SVP, die Bauernpartei, ihren Sitz an den Freisinn verloren.

Optimismus herrscht. Bei den kantonalen Wahlen 2004 erreichte die Partei einen Wähleranteil von 39%. Sie ist die wählerstärkste Partei im Kanton. Bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober 2003 verpasste sie die Wahl nur relativ knapp.

1200 Auslandschweizer haben sich in das Schaffhauser Wahlregister eingetragen. Neben zwei Männern, die im Kanton leben und politisieren, kandidieren auch zwei Auslandschweizer für den Nationalrat, der 64-jährige Rolf B. Schudel und der 67-jährige Edgar Studer.

Fussballveteran und Sozialdemokrat

Studer ist in der Region verankert. Hier ist er aufgewachsen und hier brachte er es als Beamter vom Verwaltungsangestellten bis zum Leiter des Sozialversicherungs-Amtes Bülach.

Als Sozialdemokrat sass er zudem von 1984 bis 1988 in der Legislative der Gemeinde Neuhausen. “Leider hat sich die Sozialdemokratische Partei von der Arbeiter- zur Intellektuellen-Partei gewandelt. Das war für mich nicht mehr haltbar”, begründet er den Parteiwechsel.

“Es gibt noch sehr viele Leute, die mich kennen”, erzählt er. “Den Fussballveteranen und dem FC Neuhausen bin ich noch immer sehr verbunden.”

Vor zehn Jahren wanderte Studer nach England aus. “Der Grund war meine zweite Frau. Sie ist zwar Schweizerin, war aber mit einem Engländer verheiratet und ihre Kinder leben in England.”

Störfaktor Bundesgericht

Es sei ihm jedoch überhaupt nicht gleichgültig, was in der Schweiz passiert. Er liest Schweizer Zeitungen und schaut sich neben den Sportsendungen auch die politischen Diskussionen im Schweizer Fernsehen an.

Studer schreibt zudem regelmässig Leserbriefe. “Als ehemaliger Politiker kann ich nicht über meinen Schatten springen.”

Was ihn in der Schweiz besonders störe, sei die “Einmischung des Bundesgerichts in Entscheide des Volkes, wie im Fall der Steuern von Obwalden”. Ein Dorn im Auge ist ihm auch die Rassismus-Strafnorm, die ihn fragen lässt: “Leben wir im ‘Osten’ oder leben wir in der Schweiz?”

Die Armee sei am verludern und werde zusehends lächerlich gemacht, moniert der ehemalige Adjutant Unteroffizier. Schliesslich ist ihm auch der christliche Glaube wichtig, “im Zusammenhang mit den Minaretten und dem vorwärts marschierenden Islam”.

Unternehmer und Abenteurer

Die Kernthemen der SVP sind auch Rolf B. Schudel ein Anliegen. “Die hohen Steuern, das gefällt mir nicht. Die müssen runter.” Auf den Einwand, dass er ja in Südafrika Steuern bezahle, sagt er: “Aber meine vielen Freunde in der Schweiz sind davon betroffen.”

Der Unternehmer wanderte 1969 als 29-Jähriger nach Ghana aus und lebt seit 1975 in Südafrika. “Ein Grund, dass ich damals die Schweiz verlassen habe, war sicher die Abenteuerlust.”

Schudel war 1992 Mitgründer der SVP Johannesburg und der SVP International, die er seit 2003 präsidiert. “Wenn ich sehe, wie die links-roten Parteien sich Mühe geben, mir zu sagen, wie ich das Geld ausgeben soll, dann stört mich das.”

Besser informiert als die Blick-Leser

Er wolle die Schweiz grundsätzlich nicht kritisieren, hält Schudel fest und bezeichnet das Sozialsystem als einen seiner politischen Schwerpunkte. “Es wurde vor 100 Jahren gegründet, um den in Not geratenen Schweizern zu helfen. Aber wie das jetzt ausgenützt wird von Scheininvaliden und Abzockern, das finde ich nicht gut.”

Obschon er seit bald 40 Jahren in Südafrika lebt, sei er als regelmässiger Leser von 10 Zeitungen und Magazinen, darunter die Neue Zürcher Zeitung, über das politische Leben in der Schweiz, ausreichend informiert. “Besonders wenn ich den Durchschnitt der Schweizer anschaue, der ausser dem Blick nichts liest. Da bin ich weiter.”

swissinfo, Andreas Keiser, Schmerlat

1940 geboren in Olten, Lehre als Sanitär-Installateur, Monteur im Wohnungsbau

1978-1990 Verwaltungsangestellter in verschiedenen Positionen

1984-1988 Mitglied Einwohnerrat Neuhausen

1990-1993 Leiter Sozialversicherungsamt Bülach

1997 Auswanderung nach Finchampstead, England.

1943 geboren in Allschwil. Lehre als Automechaniker und Flugzeugmechaniker

1969: Auswanderung nach Ghana

1975-1997 Manager für schwere Baumaschinen

1979 Gründung der Firma “Schudel Swiss Engineering”

Seit 1983 Gründung verschiedener anderer Firmen

1992 Gründer der SVP International Johannesburg

1992 Mitgründer der SVP International

Seit 2003 Präsident der SVP International.

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