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AHV-Abstimmung vom 3. März 2024

In einem historischen Entscheid haben das Volk und die Stände am 3. März 2024 der Zahlung einer 13. AHV-Rente zugestimmt. Die Erhöhung des Rentenalters hat die Schweizer Stimmbevölkerung wuchtig verworfen.

Der Schweizer Linken ist mit der Annahme ihrer Initiative, die eine zusätzliche AHV-Rente nach dem Vorbild des 13. Monatslohns verlangt, ein regelrechter Exploit gelungen.

Die Linksparteien und die Gewerkschaften waren in ihrem Abstimmungskampf auf sich allein gestellt. Im rechten Lager, in der Mitte sowie bei den Wirtschaftsverbänden war der Widerstand geschlossen. Sie argumentierten, dass eine solche Massnahme die langfristige finanzielle Gesundheit der AHV gefährden würde. Doch das Resultat war deutlich: 58,2% der Wählerschaft und 15 von 23 Kantonen sagten am 3. März 2024 Ja zur Initiative.

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Ausnahmsweise gab es keinen “Röstigraben”, d. h. keine nennenswerte Kluft zwischen der Romandie und der Deutschschweiz. Auch die Mehrheit der Kantone östlich der Saane nahm den Text an, wobei die höchste Zustimmungsrate in Basel-Stadt (64%) zu verzeichnen war. Nur acht Deutschschweizer Kantone lehnten den Text ab, am deutlichsten Appenzell-Innerrhoden mit 68,5% Nein-Stimmen.

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Die zweite Initiative am Abstimmungssonntag, die eine Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 66 Jahre verlangt hatte, erlitt hingegen eine regelrechte Schlappe.

Alle Kantone und drei Viertel der Bevölkerung (74,7%) wischten den Vorschlag vom Tisch. Die Initiative wurde von den linken Partein und der politischen Mitte bekämpft. Die liberale FDP und die rechtskonservative SVP hatten sie unterstützt.

Die Linke punktet im konservativen Lager

Mit dem Ja zur 13. AHV-Rente hat das Schweizer Volk zum ersten Mal überhaupt eine linke Initiative im Bereich der Sozialpolitik angenommen. Der Text fand auch bei der Basis der bürgerlichen Parteien und vor allem bei der konservativen Rechten ein positives Echo.

In den Augen des Politologen Urs Bieri handelt es sich um eine Protestabstimmung gegen die vergangenen Fehlentwicklungen in der Wirtschaft. “Es herrscht offenbar die Vorstellung, dass die Schweiz für Krisen wie Covid und für die grossen Unternehmen sehr grosse Summen Geld aufbringt, während der kleine Mann und die kleine Frau davon nicht profitieren”, argumentiert er.

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Die Inflation und der allgemeine Anstieg der Lebenshaltungskosten gaben der Linken den nötigen Schwung, um die erste AHV-Initiative in der Geschichte durchzubringen.

Der Text war zudem leicht verständlich. Und Pierre-Yves Maillard, dem einflussreichen Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), ist es gelungen, den Geldbeutel der Rentner:innen ins Zentrum der Debatte zu stellen – einer Wählerschaft, die sich traditionell stärker mobilisieren lässt als die jüngeren Generationen.

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Stimmbürger an der Urne.

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Fünf Lehren dieser AHV-Abstimmung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Annahme der Initiative für eine 13. AHV-Rente ist eine grosse Überraschung. Fünf Lehren, die man aus diesem Abstimmungssonntag ziehen kann.

Mehr Fünf Lehren dieser AHV-Abstimmung

Im Ja-Lager brach nach dem Sieg, den Beobachter:innen als “historisch” bezeichnen, Euphorie aus. Katerstimmung hingegen herrscht bei den unterlegenen Parteien und den Wirtschaftsverbänden. Sie müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, warum ihre Kampagne so schlecht funktioniert hat.

Übertragung aus dem Französischen: Marc Leutenegger

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