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Freiburger Romands fürchten den Deutschschweizer Einfluss 

Das Rathaus, die Kathedrale St. Nikolaus und die Altstadt von Freiburg.
Die Kathedrale St. Nikolaus, das Rathaus und die Altstadt von Freiburg. Keystone / Laurent Gillieron

Ein neues Gesetz soll die Zweisprachigkeit in den Gemeinden besser verankern. Doch es gibt Kritik von den Romands. 

Der Freiburger Regierungsrat Didier Castella nannte das Sprachengesetz im Mai «historisch». Nach jahrelangem politischem Ringen könnten nun nach dem Kanton endlich auch Gemeinden Deutsch und Französisch als offizielle Amtssprachen einführen. 

Voraussetzung ist gemäss dem Gesetzesentwurf, dass in den Gemeinden deutsch- oder französischsprachige Minderheiten von mindestens zehn Prozent leben. 

Das Sprachengesetz ist derzeit in der Vernehmlassung und provoziert teils heftige Reaktionen. Diese passen so gar nicht ins Bild der friedlichen Freiburger Zweisprachigkeit. 

Vorwürfe der Romands an die Deutschschweizer 

Auch der Communauté Romande du Pays de Fribourg, die sich für die französischsprachige Bevölkerung Freiburgs einsetzt, passt das Gesetz nicht. 

Präsident Antoine Geinoz befürchtet, die Sprachgrenze würde von Ost nach West verschoben. Er geht davon aus, dass die Deutschschweizer sich das Gesetz zunutze machen und sich ins Welschfreiburgische ausdehnen. «Dabei sind die Deutschschweizer schon heute mächtiger als die Französischsprachigen», sagt er.

  

Zwölf Gemeinden potenziell betroffen 

Geinoz war vor seiner Pensionierung Generalsekretär im Freiburger Gesundheitsdepartement. Er präsidierte auch den Verfassungsrat, der vor zwanzig Jahren die aktuelle Kantonsverfassung erarbeitete und dort Freiburgs Zweisprachigkeit verankerte. 

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Heute sagt Geinoz, gemäss der Verfassung müsse der Kanton über die Zweisprachigkeit der Gemeinden entscheiden und nicht die Gemeinden selbst. «Dass sich Gemeinden mit einer Sprachminderheit von 10 Prozent für zweisprachig erklären können, ist irritierend.» Gemäss Experten müsste die Minderheit 30 bis 35 Prozent gross sein, betont Geinoz. 

Zwölf Gemeinden im Kanton haben Sprachminderheiten von mindestens 10 Prozent. Zu ihnen gehört auch die Stadt Freiburg, wo 14 Prozent Deutschsprachige leben – Tendenz abnehmend. 

Benachteiligte Französischsprachige? 

Stadtpräsident Thierry Steiert erstaunen die Diskussionen rund um das Sprachengesetz nicht. «Manche Leute sehen die Zweisprachigkeit eher als Bedrohung denn als eine Chance», sagt er. 

Steiert selbst ist perfekt zweisprachig. Er definiert sich als bikulturell, ist also sowohl dem deutschen als auch dem französischen Kulturraum zugeneigt. Er rät, das jeweils Beste von der anderen Kultur zu übernehmen und so die eigene zu bereichern. «Das sehen aber leider nicht alle so», bedauert Steiert. Vermutlich gehe es um identitäre Fragen. 

Zudem: «Zweisprachige sind auf dem Arbeitsmarkt bevorteilt – und das sind sehr oft die Deutschsprachigen.» Manche Französischsprachigen schätzen es offenbar nicht, wenn die Deutschsprachigen im Vorteil sind, da diese öfter mit Zweisprachigkeit auftrumpfen können. 

Stadt Freiburg ist schon heute bereit 

Noch ist völlig offen, wie das Sprachengesetz am Ende aussehen wird. Offen ist auch, ob die Freiburger Stadtbevölkerung ein solches Gesetz unterstützt. Steiert sagt, vielleicht müsste seine Verwaltung bei den mündlichen Behördenauskünften noch ein wenig zulegen. «Aber sonst wird sich nicht viel ändern. Wir funktionieren jetzt schon praktisch wie eine zweisprachige Stadt.» 

Die Stadt Freiburg wäre wohl bereit für ein Sprachengesetz. Im ganzen Kanton dürfte es in den kommenden Wochen aber noch einige heftige Diskussionen geben. 

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