Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Schweizer Exportrisikogarantie im Umbruch

Die Exportrisikogarantie, ein wichtiges Instrument für Schweizer Export-industrie. imagepoint

Die Exportrisikogarantie konnte im vergangenen Jahr ihren Leistungsausweis verbessern. Neu soll das staatliche Instrument auch private Risiken versichern.

Die ERG versichert in mehr als 150 Staaten. Das Hauptgeschäft beschränkt sich jedoch auf 10 Länder.

Die Schweiz hat als typisches Exportland mit der staatlichen Exportrisikogarantie ein wichtiges Instrument im Aussenhandel und zur Förderung von Arbeitsplätzen in der Hand. Ein Drittel des Bruttosozialprodukts geht direkt auf die Aussenwirtschaft zurück.

Schweizer Exporteure können sich bei der ERG gegen Exportrisiken für Konsum- und Investitionsgüter, für Dienstleistungen und für Lizenz- und Know-how-Verträge sowie für Zahlungsgarantien absichern, die private Versicherer kaum oder nur selektiv anbieten.

Die ERG verfolgt eine zurückhaltende Deckungspolitik. Hohe Risiken übernimmt die ERG nicht, weil dies die gesetzlich vorgeschriebene Eigenwirtschaftlichkeit der Versicherung gefährden würde. Die ERG deckt deshalb vor allem Exporte für Länder im mittleren Risiko-Segment.

Vom Sanierungsfall zum Musterknaben

Die 1934 gegründete ERG blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Mehrere Male stand die Versicherung am finanziellen Abgrund und musste mit namhaften Stützungsbeiträgen des Bundes vor dem Kollaps gerettet werden.

Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Im Rechnungsjahr 2004 schloss die ERG mit dem besten Ergebnis seit ihrem Bestehen ab. Sie wies einen Ertragsüberschuss von 421,7 Mio. Franken aus.

Weil das Risiko in mehreren Exportländern gesunken ist, konnten Rückstellungen auf Garantieverpflichtungen aufgelöst und Wertberichtigungen auf Umschuldungs-Guthaben im Gesamtwert von 307 Mio. Franken vorgenommen werden. Die ERG hatte vor zehn Jahren rund 1,7 Mrd. Schulden. Heute ist sie weitgehend schuldenfrei.

Die Nachfrage nach neu gewährten ERG-Deckungen hat im Vergleich zum Vorjahr wertmässig zugenommen. Sie stieg gegenüber dem Vorjahr um 6 % auf 2,3 Mrd. Franken. Das Gesamt-Engagement reduzierte sich aufgrund grösserer Rückzahlungen auf 8,6 Mrd. Franken.

Die Entwicklung zeigt, dass die Schweizer Exporteure versuchen, noch nicht oder unvollständig erschlossene Märkte zu bearbeiten.

Nur kalkulierbare Risiken werden versichert

Die ERG versichert Exportrisiken in mehr als 150 Ländern. 80% der Neugarantien werden allerdings nur an 10 Länder vergeben: Bahrain, Türkei, Israel, Indien, China, Saudi-Arabien, Mexiko, Venezuela, Iran und Vietnam.

Bahrain hat aufgrund eines grossen Kraftwerkprojekts die Türkei als Spitzenreiterin abgelöst. Indien rückte ebenfalls mit einem Kraftwerkbau auf Platz vier vor. Exportgarantien für Projekte in ärmeren Ländern bleiben noch immer die Ausnahme. Sie sind auf Entwicklungsgelder angewiesen.

Im Rahmen der Totalrevision des Bundesgesetztes über die Exportrisikogarantie wird zur Zeit geprüft, ob die ERG in eine öffentlich-rechtliche Einheit umgewandelt wird, die in Zukunft auch private Käuferrisiken decken könnte. Der Paradigmawechsel ist umstritten. Bisher musste die ERG die zu versichernden Risiken anhand von Banken-Kredit-Ratings überprüfen.

Wenn die neue ERG in Zukunft die kommerziellen Risiken von privaten ausländischen Käufern der Schweizer Exporteure tragen soll, sind aufwändige Abklärungen vor Ort über die Bonität der privaten Kunden notwendig. Kritiker befürchten, dass bei Falscheinschätzungen die Eigenwirtschaftlichkeit der ERG bedroht sein könnte.

Investitionen müssen umweltverträglich sein

Nichtregierungs-Organisationen (NGO) wie die “Erklärung von Bern” fordern, dass bei einer Neuausrichtung der ERG auch die entwicklungs- und umweltpolitische Kohärenz der privaten Schuldner intensiv geprüft werden muss. NG0, die Verantwortlichen der ERG und Unternehmen bemühen sich um einen Dialog, damit entwicklungspolitische Fehlleistungen vermieden werden können.

Die ERG hat in den 1990er-Jahren punktuell auch schweizerische Exportlieferungen versichert, die ökologisch und sozial umstritten waren. Besonders bekannt wurden Schweizer Lieferungen an Grossstaudamm-Projekte in China (Dreischluchten) und in der Türkei (Ilisu).

ERG erfüllt Normen der OECD

Die ERG hat erste Erfahrungen mit den neuen und verbindlichen Regeln für die Umweltprüfung der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gesammelt. Projekte, die von Exportkreditagenturen unterstützt werden, unterliegen einem standardisierten Verfahren. Die Auswirkungen eines Vorhabens auf Mensch und Umwelt werden überprüft.

swissinfo, Erwin Dettling, Zürich

Die ERG wurde 1934 gegründet.
Sie ist heute in mehr als 150 Staaten tätig.
Das Hauptgeschäft beschränkt sich auf Bahrain, Türkei, Israel, Indien, China, Saudiarabien, Mexiko. Venezuela, Iran, Vietnam.
2004 schloss die ERG mit einem Ertragsüberschuss von 421,7 Mio. Franken ab.
Vor 10 Jahren hatte sie rund 1,7 Mrd. Franken Schulden.
Heute ist die ERG praktisch schuldenfrei.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft