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Wird der Bund Aktionär der UBS?

Keystone

Am 9. Juni beginnt die Frist, während der die Eidgenossenschaft ihre Unterstützung über 6 Milliarden Franken bei der Grossbank UBS in Aktien umwandeln kann. Doch die Regierung hat bereits die Absicht bekräftigt, sich aus der Bank zurückzuziehen - allerdings nicht überstürzt.

«Die Eidgenossenschaft wird kein Geld à fonds perdu ausgeben.» Dies hatte Finanzminister Hans-Rudolf Merz bereits letzten Dezember vor dem Nationalrat bekräftigt, bevor dieser seinen Segen zur 6-Milliarden-Geldspritze für die Rekapitalisierung der schlingernden Grossbank gegeben hatte.

Die Bank war eines der am stärksten betroffenen Geldinstitute in der weltweiten Finanzkrise.

Das Parlament, vor vollendete Tatsachen gestellt, hatte keine Wahl gehabt. Es konnte nur noch Ja und Amen sagen zum Rettungsplan der Regierung, den diese per Notrecht durchgesetzt hatte. Ein demokratisches Mittel, das seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr angewendet worden war.

Nach dem 16. Oktober 2008 war alles sehr schnell gegangen: An diesem Tag hatte der Bundesrat – der sich bis dahin entgegen anderen Regierungen nicht zur Krise geäussert hatte – zur allgemeinen Überraschung ein historisches Arsenal von Massnahmen beschlossen, um «das Schweizer Finanzsystem zu stärken», wie es offiziell hiess.

Unter den Massnahmen fanden sich namentlich die Schaffung eines ad-hoc-Fonds von maximal 60 Mrd. Franken, um die faulen Kredite der UBS abzufedern. Dazu kam der Kredit über 6 Mrd. Fr. in Form einer Pflichtwandelanleihe.

Anleihe weiterverkaufen

Wie der Name bereits antönt, verpflichtet eine solche Anleihe den Kreditgeber, die geliehene Summe innert einer gewissen Frist in Aktien umzuwandeln.

Der Bund hat mit der UBS ausgehandelt, dass die Pflichtwandelanleihe ab dem 9. Juni 2009 und bis Juni 2011 in Aktien umgewandelt werden soll.

Die Regierung, in deren Kompetenz der Entscheid über eine Umwandlung liegt, hat ab diesem Datum verschiedene Möglichkeiten. Klar ist einzig, dass die Anleihe, die einem Zins von 12,5% unterliegt, der Eidgenossenschaft jährliche Einnahmen von 750 Mio. Franken einbringt.

Als erste Option kann der Bundesrat am Mittwoch entscheiden, die Pflichtwandelanleihe auf dem Kapitalmarkt weiterzuverkaufen. Käufer für 60 Tranchen mit einem Wert von je 100 Mio. Franken zu finden, dürfte aber schwierig sein.

Aktien verkaufen

Der Bund kann aber auch, wie Roland Meier, Sprecher des Finanzdepartements erklärte, die 6 Mrd. Franken in Aktien der Bank umwandeln und die damit gekauften 330 Millionen Titel an der Börse weiterverkaufen.

Dieses Szenario ist aber mit Risiken behaftet. Der Verkauf einer derartigen Menge von Aktien dürfte den Wert dieses Papiers an der Börse drücken. Das wäre kontraproduktiv, geht es bei der Übung doch um eine Stärkung der Bank.

Als dritte Option kann die Landesregierung den Juni 2011 abwarten, um die Umwandlung in Aktien vorzunehmen. Mit einem Zins von 12,5% könnte es sich die Eidgenossenschaft leisten, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten, bis die UBS-Aktie höher oder auf 12,50 Franken steht.

Doch auch die wenig wahrscheinliche Möglichkeit eines Aktionariats besteht für den Bund. Mit dem grossen Paket an UBS-Aktien wäre er mit 9,3% des Kapitals ein wichtiger Aktionär der grössten Schweizer Bank.

Das scheint allerdings nicht der Plan der Regierung zu sein. In einer Antwort auf ein parlamentarisches Postulat hat sie am 6. Mai bekräftigt, sich baldmöglichst aus der Bank zurückzuziehen.

Doch sie erklärte auch, dies nicht überstürzt angehen zu wollen. Der Entscheid müsse verantwortungsbewusst getroffen werden, betonte Finanzminister Merz. «Verantwortungsbewusst heisst, dass die UBS dann diese Pflichtwandelanleihe abgeben kann, wenn sie stabil genug ist, um die Anforderungen bei den Eigenmitteln zu erfüllen.»

Für eine Entflechtung

Bisher haben weder Finanzminister Hans-Rudolf Merz noch der derzeitige UBS-Verwaltungsrats-Präsident und frühere Finanzminister Kaspar Villiger irgendwelche Auskunft gegeben über die künftige Verwaltung dieser Pflichtwandelanleihen. Bei ihrer Anhörung vor der Finanzkommission des Nationalrats am 14. Mai haben es die beiden Freisinnigen abgelehnt, mehr zu sagen.

In der Öffentlichkeit wurde der Ruf nach einer Entflechtung laut. Der Präsident der Wettbewerbskommission (Weko), Walter Stoffel, hatte zwar kürzlich die Staatsintervention zur Rettung der UBS begrüsst. Doch forderte er einen Rückzug des Bundes, «sobald die Märkte es erlauben», um nicht gegen die Regeln des Wettbewerbes zu verstossen.

Auf politischer Ebene haben sich mehrere bürgerliche Abgeordnete in der Presse zu Wort gemeldet. Der christlichdemokratische Präsident der Finanzkommission des Ständerats, Philipp Stähelin, wünscht sich eine möglichst rasche Umwandlung in Aktien, um von der gegenwärtig günstigen Entwicklung der UBS-Aktie zu profitieren.

Andere, wie Ständerat Hans Kaufmann von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) schlagen ihre eigene Börsenstrategie vor, in der Hoffnung, als Gewinner aus der Umwandlung des Rettungskredites an die UBS hervorzugehen.

Die Linke hält jedoch nichts von allfälligen Spekulationen durch den Bund. In ihrem Postulat skizzierte die Sozialdemokratin Anita Fetz die Risiken eines Interessenkonflikts für den Bund, falls dieser Aktionär und Überwacher gleichzeitig wäre.

Dies könnte zu Problemen führen, beispielsweise in den derzeitigen Prozessen gegen die Schweizer Grossbank in den USA.

Carole Wälti, swissinfo.ch
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub und Jean-Michel Berthoud)

Kritik an Boni. Im Zusammenhang mit der Staatshilfe an die UBS erstellte der Nationalrat – pro Forma zum Thema konsultiert – eine Reihe von Massnahmen zur Neuregelung des Bonus-Sytems bei den Banken. Die meisten Massnahmen wurden jedoch vom Ständerat in der laufenden Session abgelehnt

Begrenzung. So verlangte eine Motion eine Anpassung der Lohnstrukturen für Bankmanager an jene der halbstaatlichen Betriebe wie die Post oder die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Der Ständerat schickte diesen Text zur Überarbeitung in die Kommission.

Einfrieren. Eine Motion der Sozialdemokratischen Partei (SP), welche die Einfrierung der Boni und eine obere Lohnbegrenzung bei staatlich unterstützten Unternehmen verlangte, erlitt dasselbe Schicksal.

Kontrolle. In Sachen Finanzmarktaufsicht (Finma) forderte der Ständerat die Umwandlung einer Motion in ein Postulat. Die Landesregierung wird darin ersucht, und nicht mehr gezwungen, die Arbeit der Finma zu überwachen.

Der Bund hält derzeit Pflichtwandelanleihen der UBS im Nominalwert von 6 Mrd. Franken, die grundsätzlich veräusserbar sind, ab Juni 2009 gewandelt werden können und spätestens bei Ablauf der 30-monatigen Laufzeit (im Juni 2011) gewandelt werden müssen.

Der Halter der Anleihe hat für diese Laufzeit Coupons von 12,5% pro Jahr, auch für den Fall einer frühzeitigen Wandlung. Die Verzinsung kann unter bestimmten Bedingungen in UBS-Aktien erfolgen.

Auch im Verhältnis zwischen UBS und Schweizerischer Nationalbank ist vorgesehen, dass die UBS Verpflichtungen in UBS-Aktien abgelten kann bzw. muss.

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