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Lausanner Schatz in London unter dem Hammer

Napolen machte beim Schreiben einige Fehler - trotzdem ist dieser Brief ein Schatz.

Eine der weltgrössten Sammlungen historischer Briefe – jahrelang in einem Ordner in einer Schweizer Wäschekammer verborgen – wird in London versteigert.

Der fast 1000 Dokumente umfassende Schatz wurde von einem in Lausanne lebenden österreichischen Bankier zusammengetragen. Es finden sich unter anderen Briefe von Churchill, Peter dem Grossen oder Mahatma Gandhi.

Die umfangreiche Kollektion, deren Wert vom Auktionshaus Christie’s auf gegen 5 Mio. Franken geschätzt wird, wurde von dem aus Österreich stammenden Bankier Albin Schram über einen Zeitraum von 30 Jahren zusammengetragen.

Eines der Highlights: Ein früher Liebesbrief Napoleons an Josephine. Dieser ist einer von drei bekannten Korrespondenzen, die der französische Kaiser an seine zukünftige Frau geschrieben hat.

Napoleon verfasste diesen Brief am Morgen nach einem heftigen Streit über Josephines Reichtum. Seine aufgewühlte Antwort zeigt, dass er verärgert gewesen war – aber gleichzeitig erklärte er ihr seine Liebe.

Drei Küsse

“Ich schicke Dir drei Küsse – einen auf Dein Herz, einen auf Deinen Mund und einen auf Deine Augen”, schrieb Napoleon.

Schram hatte diesen Brief 1973 aus Napoleons Familie erhalten. Laut Christie’s war er die Initialzündung für diese ausserordentliche Sammlung. Das Auktionshaus erwartet für diesen Brief Gebote bis zu 120’000 Franken.

Internationale Auktionen

Schram ging seiner Passion bei Auktionen in London, Paris und Deutschland nach. Normalerweise bot er persönlich mit, weiss Thomas Venning, Direktor von Christies Bücher- und Manuskript-Abteilung.

“Schrams Motivation war seine eigene unersättliche intellektuelle Neugier, die durch seine Leseleidenschaft genährt wurde.”

Obwohl passionierter Sammler, war Schram nicht an einer Konservation oder einer Ausstellung seiner Sammlung interessiert. Und als er 2005 starb, wusste seine Familie kaum, wo sich die Briefe befanden.

Teures Stück

Eines der teuersten Stücke, das einen geschätzten Erlös von über 290’000 Franken erzielen soll, ist ein Brief an Lady Kingsmill, der einen Tag nach dem Tod ihres Gatten vom Dichter und Priester John Donne im Oktober 1624 verfasst wurde.

Donne, damals Dekan der St. Pauls Kathedrale in London, riet ihr, Gottes Taten nicht zu verurteilen, “auch wenn wir uns wünschten, er würde es besser tun.”

Laut Christies ist dieses Dokument ausserordentlich selten, da sich sonst nur ein einziger Brief von Donne in privater Hand befindet.

Breites Interesse

Schrams Interesse spannte sich von russischen Poeten über argentinische Autoren zu französischen Philosophen, englischen Politikern und italienischen Bildhauern.

Ein Brief des indischen Staatsmannes Mahatma Gandhi, geschrieben 19 Tage vor seiner Ermordung 1948, plädiert für Toleranz gegenüber den Muslimen.

Aber auch ein Schreiben des weltberühmten Physikers Isaac Newton, in dem dieser seine Ansicht zur Erdanziehung und zum Universum erklärt, dürfte auf grosses Interesse stossen.

swissinfo und Agenturen

Schram wurde 1926 in Prag geboren als Spross zweier etablierter österreichischer Industriellenfamilien.

Er studierte in Wien Jura und war beim österreichischen Justizministerium sowie bei Banken in Deutschland und der Schweiz tätig.

In seinen späteren Lebensjahren widmete er sich privaten Studien der Rechtsgeschichte.

1973 begann er Briefe zu sammeln. Er trug in der Folge eine aussergewöhnliche und umfangreiche private Kollektion zusammen. Seine Familie hatte von seiner Sammelleidenschaft praktisch keine Kenntnnis.

Schram starb 2005.

Unter den Hammer kommen 570 Dokumente, die von Berühmtheiten aus der europäischen Geschichte vom 13. bis zum 20. Jahrhundert von Hand verfasst worden waren.

Darunter befinden sich Briefe von Lord Byron, Sir Winston Chruchill, Charles Dickens, Elizabeth I., Sigmund Freud, Mahatma Gandhi, Napoleon, Isaac Newton, Oliver Cromwell, Claude Monet, Oscar Wilde und Charlotte Brontë.

Die am 3. Juli stattfindende Auktion gliedert sich in 5 Bereiche: Geschichte, Literatur, Wissenschaft und Philosophie sowie Musik und Theater.

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