
Grösserer Notfall, aber keine Operationen mehr am Spital Zweisimmen

Die Spitalgruppe STS will an ihrem Standort in Zweisimmen das Akutspital mit 24-Stunden-Betrieb weiterführen. Der Notfall erhält mehr Platz und eine neue Triagefunktion. Hingegen wird der Operationsbetrieb eingestellt und nach Thun verlegt.
(Keystone-SDA) Die Auslastung dieses «hochteuren Betriebs» sei in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen, schreibt die Spitalgruppe in einer Mitteilung vom Freitag. Ab Anfang Oktober finden chirurgische Eingriffe daher am Spital Thun statt.
Die STS verwies in ihrer Mitteilung auch auf den Umstand, dass heute immer mehr Behandlungen ambulant erfolgen könnten. Ausserdem seien die Angebote von spezialisierter Medizin in den Zentrumsspitälern umfassender.
Dank zusätzlichen 20 Betten bestehen in Thun laut STS genügend Kapazitäten, um die Operationspatienten aus Zweisimmen aufzunehmen.
Saisonal angepasste Grösse
In Zweisimmen wird weiterhin eine chirurgische Grundversorgung angeboten. Darunter versteht man beispielsweise die erste Versorgung nach Unfällen. Das obere Simmental und das Saanenland gehören zu den touristischen Hotspots mit grossem Sommer- und Wintersportangebot. In den Wintermonaten wird die chirurgische Grundversorgung zusätzlich orthopädisch und traumatologisch verstärkt.
Das neue Betriebskonzept umfasst auch eine interdisziplinäre Bettenstation mit zwölf bis zwanzig Betten, je nach saisonaler Nachfrage, wie die Spitalgruppe am Freitag weiter bekannt gab.
Investieren will die STS insbesondere in den 24-Stunden-Notfall mit einer neuen Triagefunktion. Dabei wird zwischen einfacheren und schwereren Notfällen unterschieden.
Aktuell ist der Notfall mit 305 Quadratmetern Fläche sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für die Mitarbeitenden zu klein. In den nächsten Monaten soll er um 230 Quadratmeter erweitert und modernisiert werden. Dies löst Kosten von rund drei Millionen Franken aus.
In Zweisimmen verbleiben die Sprechstunden von Fachärztinnen und Fachärzten sowie die ambulante Dialyse und Diagnostik wie Röntgen, Ultraschall und Labor.
Die Reorganisation am Standort Zweisimmen führt laut STS, Stand heute, zu keinen Entlassungen. Wenige Betroffene würden STS-intern neue Angebote erhalten.
Petiton lanciert
Gegen die Verlagerung der Operationen nach Thun hat SVP-Grossrat Nils Fiechter eine Online-Petition lanciert. Er sieht in der Neuausrichtung des Spitals Zweisimmen «einen Dolchstoss», der den «Anfang vom Ende» der Institution bedeute. Nach der Schliessung der Geburtenabteilung am Spital Frutigen sei dies innert kurzer Zeit die zweite Hiobsbotschaft für die Gesundheitsversorgung im Berner Oberland.
Die kantonale Gesundheitsdirektion hingegen unterstützt die Anstrengungen der STS, das Spital Zweisimmen auch in Zukunft zu betreiben, wie die Direktion von Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage mitteilte. Die Anpassungen des Betriebskonzepts habe die Direktion zur Kenntnis genommen.
Seit Jahren grosse Debatte
Über die Zukunft des Spitals Zweisimmen wird seit langem intensiv diskutiert. Es wurden zahlreiche Projekte erarbeitet und letztlich wieder verworfen.
«Wir suchen seit bald 20 Jahren für die Region nach einer Spitallösung. Jetzt haben wir eine, indem wir Zweisimmen mit einem neuen Betriebskonzept als Akutspital bedarfsgerecht weiterbetreiben. Alleine das ist schon erfreulich. Wir hoffen, dass dies von der Bevölkerung geschätzt und zur Verfügung stehende Angebote fortan auch genutzt werden, so dass die Spital STS AG den Betrieb in die Zukunft führen kann», wird STS-Verwaltungsratspräsident Thomas Straubhaar in der Mitteilung seiner Organisation zitiert.
Geprüft wurden auch jetzt wieder verschiedene Varianten, vom heutigen Vollbetrieb bis zum rein ambulanten Zentrum. Das nun vorliegende Betriebskonzept erachtet die STS als personell umsetzbar und finanziell tragfähig.
Der Betrieb dürfte aber weiterhin defizitär bleiben, wie die STS einräumt. Sie sei jedoch bereit, hierfür finanzielle Verantwortung mitzutragen. STS hofft, den aktuellen Betriebsverlust von jährlich rund sechs Millionen Franken auf gegen vier Millionen reduzieren zu können.