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Hauchdünnes Ja zur Unternehmenssteuerreform

Nach der Zitterpartie zufrieden: Finanminister Hans-Rudolf Merz. Keystone

Nach der knappen Annahme der Unternehmenssteuer-Reform und der deutlichen Ablehnung der Kampfjetlärm-Initiative zeigten sich die zuständigen Bundesräte mit dem Resultat zufrieden.

Bei der Steuerreform sei man “mit einem blauen Auge” davongekommen. Der Verteidigungsminister will sich darum bemühen, die Lärmbelastung durch Kampfjets zu reduzieren.

Finanzminister Hans-Rudolf Merz hat den Zittersieg bei der Unternehmenssteuer-Reform II als Bekenntnis zu den KMU (kleine und mittlere Unternehmen) gewertet.

Die Annahme der komplexen Vorlage sei keine Selbstverständlichkeit, die Befürworter seien wahrlich “mit einem blauen Auge davongekommen”.

“Ich bin für die KMU in unserem Land erleichtert”, stellte Bundesrat Hans-Rudolf Merz vor den Medien fest. Sie könnten nun von Steuerärgernissen und wirtschaftlicher Doppelbelastung befreit werden.

Die Annahme einer Vorlage, wo längst nicht alle profitierten und welche zudem reichlich komplex gewesen sei, sei keine Selbstverständlichkeit.

Einen “Röstigraben” habe es diesmal nicht gegeben. Vielmehr hätten jene Kantone zugestimmt, die bereits eine Teilbesteuerung eingeführt hätten oder unmittelbar davorstünden.

Darin sei gewissermassen ein föderalistisches Muster zu erkennen. Mit der Unternehmenssteuerreform II würden nun die Verantwortungsträger der KMU und damit ein wesentlicher Pfeiler der Schweiz unterstützt.

“Wir wollen, dass es ihnen auch gut geht. Wenn man die Starken stärkt, verleiht man ihnen die Kraft, dass sie den Schwachen helfen werden”, so Merz.

Wirtschaft will weitere Reformen

Die Schweizer Wirtschaft und die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) wollen nach der knapp gewonnenen Abstimmung die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Firmen weiter stärken. Steuerpolitik sei eine Daueraufgabe.

Dies gelte vor dem Hintergrund des international zunehmenden Steuerwettbewerbs umso mehr, teilte der Spitzenverband der Schweizer Wirtschaft economiesuisse mit. Bis zur nächsten Steuerreform dürften nicht wieder zehn Jahre verstreichen.

So fordert economiesuisse, dass der Staat die Gewinnsteuer spürbar senkt, Hindernisse auf dem Finanzplatz Schweiz abbaut und die Konzernsteuervorschriften vereinfacht.

Linke: Familien entlasten

Für die FDP ist die Unternehmenssteuerreform II eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Von der Reform profitierten rund 300’000 kleine und mittlere Firmen mit über 2 Millionen Beschäftigten direkt.

Für die Sozialdemokraten und den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) ist das äusserst knappe Ja zur Unternehmenssteuerreform II ein Erfolg. Knapp die Hälfte der Stimmenden sei von der Ungerechtigkeit der Vorlage überzeugt gewesen, schreibt die SP.

Das Resultat sei eine klare Absage an weitere unsoziale Steuergeschenke für die Wohlhabenden. Jetzt seien klar jene zu entlasten, die seit Jahren vertröstet würden: Die Familien mit Kindern.

Daniel Lampart, Chefökonom beim gegnerischen Schweizerischen Gewerkschaftsbund, bezeichnete das Resultat als gut. Es zeige den riesigen Widerstand gegen die Steuerpolitik von Bundesrat Hans-Rudolf Merz und den bürgerlichen Parteien.

Überraschend knapp

Entgegen den Erwartungen fiel das Ergebniss für die Unternehmenssteuer-Reform knapp aus. Die Vorlage stand lange auf Messers Schneide. Die Ja- und Nein-Stimmen-Mehrheiten wechselten im Laufe des Nachmittags regelmässig.

Schliesslich wurde sie mit einem Unterschied von lediglich 20’000 Stimmen gutgeheissen. Die meisten Kantone der Romandie lehnten die Reform ab. Lediglich Genf nahm sie an. Abgelehnt haben die beiden Basel, Solothurn und Bern.

Deutlich Nein zu Kampfjet-Initaitive

Mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 68,1% deutlich verworfen wurde die Initiative des Umweltschützers Franz Weber. Sie wollte militärische Übungen mit Kampfjets in touristisch genutzten Erholungsgebieten während Friedenszeiten verbieten. Alle Kantone haben das Begehren deutlich abgelehnt.

Verteidigungsminister Samuel Schmid dankte dem Schweizer Volk für das klare Ja zu Luftwaffe und Armee und die Ablehnung der Volksinitiative “Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten”.

“Eine Luftwaffe, die nicht genügend ausgebildet ist, hätte die Glaubwürdigkeit der schweizerischen Souveränität und Neutralität klar in Frage gestellt”, sagte der VBS-Chef.

“Die bereits getroffenen Massnahmen zur Reduktion der Lärmbelastung – wie klare Flugzeiten und flugfreie Wochenenden – sollen deshalb weiterentwickelt werden.”

Bürgerliche Parteien erleichtert

Erleichtert sind auch die bürgerlichen Parteien. Das Volk wolle eine Luftwaffe, die ihre Sicherheitsaufgabe erfüllen könne, hielten die Freisinnigen fest.

Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei wertet das Verdikt als Stärkung der Souveränität und Neutralität.

Für die Christlichdemokratische Volkspartei ist das Resultat ein Bekenntnis zur Sicherheit der Schweiz angesichts neuer Gefahren.

Weber will weiterkämpfen

Die Sozialdemokratische Partei bedauert dagegen die Ablehnung. Mit der Initiative hätten Mensch und Umwelt geschützt werden können.

Der Initiant Franz Weber kündigte an, in den Regionen weiterkämpfen zu wollen: “Das Wallis und Berner Oberland dürfen wir nicht der Luftwaffe überlassen.”

Der Umweltschützer will ebenfalls darauf pochen, dass die Armee ihre Versprechungen einhält – dann werde aus der Niederlage möglicherweise sogar ein Sieg.

swissinfo und Agenturen

Ein Ja zur Unternehmenssteuer-Reform II empfahlen die Landesregierung und eine Mehrheit des Parlaments sowie folgende Parteien: Schweizerische Volkspartei (SVP), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und Christlichdemokratische Volkspartei (CVP).

Dagegen waren die Grüne Partei und die Sozialdemokratische Partei (SP).

Ein Ja zur Volksinitiative “gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten” empfahlen die Grüne Partei und die Sozialdemokratische Partei (SP).

Dagegen waren der Bundesrat (Landesregierung) und eine Mehrheit des Parlaments sowie folgende Parteien: Schweizerische Volkspartei (SVP), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und Christlichdemokratische Volkspartei (CVP).

swissinfo.ch

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