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Fussball-Teams trainieren vor der WM in den Alpen

Nordkoreas Coach Kim Jong Hun (Mitte) und seine Spieler beim Aufwärmen in Ayent bei Anzère. Keystone

Fussball-Fans, die schon vor den Weltmeisterschaften in Südafrika einen Blick auf nationale Stars erhaschen möchten, brauchen nur in die Alpen zu reisen: Über die Hälfte der qualifizierten Teams absolvieren im Alpenraum ihre Höhentrainings.

Die Teams aus Nordkorea, Algerien und der Elfenbeinküste haben in den Schweizer Bergen ihre Shuttle Runs oder Penalty-Schiess-Übungen aufgenommen. Bald folgen die Teams aus Griechenland, Japan und der Schweiz.

Zweimal so viele Teams reisen für ihre Höhentrainings allerdings ins Nachbarland Österreich.

Fünf der neun Austragungsorte der Weltmeisterschaften 2010 in Südafrika, die am 11. Juni beginnen, liegen auf über 1300 Meter über Meer. Und der Final im City Stadion von Johannesburg wird auf einer Höhe von 1750 Metern über Meer ausgetragen. Im Alpenraum, der auch in der gleichen Zeitzone liegt wie Südafrika, können sich die Teams an die dünnere Luft gewöhnen.

Mehrere Teams, darunter die Schweizer Nationalmannschaft, haben sich für einen Trainingsaufenthalt im Wallis mit seinen abgeschiedenen Tälern entschieden.

Der Schweizer Nationalmannschafts-Trainer Othmar Hitzfeld dürfte hoffen, dass sonniges Wetter und frische Alpenluft dazu beitragen, die Chancen seines Teams zu erhöhen. Die Schweizer Mannschaft wird ihre “Zelte” am 25. Mai für zehn Tage im Fünf-Sterne-Hotel Royal in Crans-Montana aufschlagen.

Auch Algeriens Coach Rabah Saadane und seine Crew haben sich für den exklusiven Ferienort entschieden. Sie wollen dort, wird berichtet, eine “hoch entwickelte” Ausrüstung einsetzen, um die Leistung der Spieler in der Höhe zu analysieren.

Auf der anderen Seite des Rhonetals, in Saas Fee, wird viel Japanisch ertönen, wenn sich die Mannschaft Nippons und bis zu 80 Journalisten für zwei Wochen dort niederlassen.

David Graefen, Marketing-Direktor von Saas Fee Tourismus, sagte, das Team habe sich aus verschiedenen Gründen für den Ort entschieden.
“Saas Fee liegt auf 1800 Meter über Meer, ist autofrei und zudem sind wir in der Zwischensaison, es ist ruhig und es hat nicht viele Touristen”, erklärte Graefen gegenüber swissinfo.ch.

Graefen räumte ein, dass es ein “ziemlicher Kampf” gewesen sei, die Japaner für Saas Fee zu gewinnen, galt es doch, als engste Konkurrenten fünf andere Destinationen auszustechen.

Die “Elefanten” kommen

Derweil haben die geheimnisumwitterten “Chollimas” aus Nordkorea in der letzten Woche im nahegelegenen Anzère trainiert, um sich auf die Spiele gegen Brasilien und Portugal vorzubereiten. Bei den Trainings gab es keine Anzeichen für ausserordentliche Sicherheitsmassnahmen und die Medien und die Öffentlichkeit wurden zugelassen.

Die “Elefanten” aus der Elfenbeinküste begannen ihre Akklimatisierung mit einem Aufenthalt in Montreux am Genfersee. Bald werden sie ihre Trainings auf dem neuen Rasen in Saanenmöser bei Gstaad aufnehmen.

Und die griechische Nationalmannschaft dürfte hoffen, den Kummer, der ihre Nation plagt, etwas zu vergessen, wenn sie für ihre Vorbereitungen auf die WM nach Bad Ragaz in der Ostschweiz kommt.

Harte Konkurrenz

Mehr als ein Dutzend Teams reisen für ihre Höhentrainings derweil ins Nachbarland Österreich. Darunter die Engländer, die im kleinen Skiort Irdning trainieren werden.

Wie bei der Euro 2008 (den gemeinsam ausgerichteten Fussball-Europameisterschaften), war die Konkurrenz zwischen den beiden Alpenrepubliken, aber auch zwischen den einzelnen Resorts, die sich um die Teams bemühten, hart.

“Es ist ein sehr intensiver Wettstreit”, sagte Thomas Bieger, Tourismus-Professor an der Universität St. Gallen. “Die Investitionen, die getätigt werden, um prominente Gäste anzuziehen, haben im Marketing neue Dimensionen angenommen.”

Mit ähnlichen klimatischen Bedingungen, Sicherheitsniveaus und Ruhe, scheinen Trainingseinrichtungen und Wechselkurse die entscheidenden Faktoren für die Teams zu sein, meinen Fachleute.

Véronique Kanel, Sprecherin von Schweiz Tourismus, verteidigte die konkurrenzfähigen Offerten der Schweiz und das “gute” Preis-Qualitäts-Verhältnis. “Was für die Mannschaften zählt, ist die Qualität.”

Michel Zen-Ruffinen, der frühere FIFA-Generalsekretär und Chef der Sportagentur Matchworld SA, die Verträge für Trainingslager und Unterkünfte für die Mannschaften aushandelt, sagte, Österreich sei generell besser ausgerüstet, heutige Fussballer zu empfangen.

“Die Mannschaften verlangen mehr und mehr”, erklärte Zen-Ruffinen gegenüber der Westschweizer Zeitung Le Matin.

“Früher reichte ein Spielfeld für die Trainings aus, heute brauchen sie zwei, idealerweise gleich neben einem Hotel. Solche Bedingungen findet man in Österreich häufig, nicht aber in Schweizer Bergdestinationen. In Saas Fee musste der Fussballplatz den internationalen Anforderungen angepasst werden.”

Der “Weggis-Effekt”

Die Schweizer Tourismus-Industrie, die unter der Wirtschaftskrise und dem starken Frankenkurs gegenüber dem Euro stark gelitten hatte, hegt nun grosse Erwartungen.

“Es ist erfreulich, dass so viele Mannschaften für ihre Trainingslager in die Schweiz kommen. Es ist eine fantastische Gelegenheit, Fussballfans unsere Gastfreundschaft und unser wunderschönes Land zu zeigen”, erklärte Kanel.

Und Graefen sagte, er hoffe, dass der Aufenthalt der japanischen Mannschaft das Geschäft ankurbeln werde – 2009 gab es 3500 Übernachtungen von japanischen Gästen – und Saas Fee sich mit dem nahen Zermatt messen werden könne.

Allerdings sei er skeptisch, was den “Weggis-Effekt” angehe, meinte Graefen. Das Dorf am Vierwaldstättersee war 2006 von Touristen aus Brasilien praktisch überrannt worden, als die brasilianischen Fussballer im Vorfeld der WM in Deutschland dort trainierten. In den zwei Jahren danach stieg die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus Brasilien um das Doppelte.

Simon Bradley, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Gruppe A: Südafrika, Mexiko, Uruguay, Frankreich.

Gruppe B: Argentinien, Nigeria, Südkorea, Griechenland.

Gruppe C: England, USA, Algerien, Slowenien.

Gruppe D: Deutschland, Australien, Serbien, Ghana.

Gruppe E: Holland, Dänemark, Japan, Kamerun.

Gruppe F: Italien, Paraguay, Neuseeland, Slowakei.

Gruppe G: Brasilien, Nordkorea, Elfenbeinküste, Portugal.

Gruppe H: Spanien, Schweiz, Honduras, Chile.

Schweiz: Crans-Montana, 25. Mai – 4. Juni
Algerien: Crans-Montana, 13. – 26. Mai
Nordkorea: Anzère, 10. – 23. Mai
Côte d’Ivoire: Saanenmöser, 21. Mai – 9. Juni
Griechenland: Bad Ragaz, 21. Mai – 2. Juni
Japan: Saas-Fee, 26. Mai – 6. Juni

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