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Mädchenbeschneidung auch in der Schweiz

Alle 15 Sekunden wird ein Mädchen verstümmelt - unter dem Vorwand von Tradition oder Religion. Keystone

Jede fünfte Gynäkologin, jeder fünfte Gynäkologe in der Schweiz hat schon einmal eine beschnittene Frau behandelt: Durch die Migration aus afrikanischen Ländern wird Mädchenbeschneidung auch in der Schweiz zunehmend zum Thema. Dieser Genitalverstümmelung fallen jährlich zwei Mio. Mädchen und junge Frauen zum Opfer - mit lebenslangem Leiden als Folge.

An einer Tagung haben sich das Schweizerische Komitee für UNICEF und die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie & Geburtshilfe (SGGG) am Montag in Bern mit dem Thema auseinandergesetzt und erstmals konkrete Zahlen präsentiert: Jeder fünfte der 1162 Gynäkologen in der Schweiz hat schon einmal eine beschnittene Frau behandelt.

Acht Prozent der Gynäkologen wurden schon gebeten, eine Frau nach einer Geburt wieder zuzunähen. Bei vier Gynäkologen wurden Erkundigungen eingezogen, wo man in der Schweiz ein Mädchen beschneiden lassen könne und zwei wurden angefragt, ob sie ein Mädchen beschneiden würden.

Richtlinien notwendig

Auf Grund dieser Zahlen sei es notwendig, Richtlinien und Weiterbildungs-Programme für das Medizinalpersonal zu entwickeln, hiess es an der Tagung vom Montag (21.05.). Das Thema Mädchenbeschneidung treffe Fachleute und Behörden in der Schweiz völlig unvorbereitet.

Dem Thema müsse mit Sensibilität begegnet werden, heisst es weiter. Vor allfälligen Massnahmen müssten zuerst die Betroffenen kontaktiert werden. Das Interesse am Thema dürfe sich nicht in Sensationslust kehren. Damit würde den Betroffenen nur noch mehr Schaden zugefügt.

Lebenslanges Leiden durch Genitalverstümmelung

Die Folge der vielfach an noch sehr kleinen Mädchen vorgenommenen Beschneidungen sind unerträgliche Schmerzen beim Sexualverkehr, bei der Menstruation und bei der Entbindung. Jährlich werden zwei Mio. Mädchen beschnitten. Die Genitalverstümmelung ist eine verbreitete Tradition in weiten Teilen des afrikanischen Kontinentes. Sie wird von der (männlichen) Gesellschaft mit Religion oder einem Kult der Jungfräulichkeit begründet.

swissinfo und Agenturen

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