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Schwesterliche Liebe verjüngt altes Hotel

Im Mohren ist jeder Tag ein Familientag. swissinfo.ch

Heutzutage sind Grossfamilien in der Schweiz äusserst selten. Noch seltener ist es, acht Schwestern zu treffen, die zusammen ein Hotel und ein Restaurant führen - wie die Wyss-Schwestern den Mohren in Willisau.

Acht ist eindeutig die Glückszahl im Mohren in der kleinen Innerschweizer Stadt: Acht Kefen dekorieren die Menukarte. Ein gemischter Salat kostet 8.80 Franken. Wer über Nacht bleiben will, hat acht Zimmer zur Wahl.

Doris, Berti und Agnes führen den Gasthof. Conny ist in der Küche, Claudia und Madeleine arbeiten hinter den Kulissen, und Helen und Pia helfen aus, wo immer sie können.

Die Geschwister Wyss wuchsen auf dem Land auf, unweit von Willisau. Bis ins Erwachsenenalter blieben sie beste Freunde. Auch noch als sie ihre eigenen Familien hatten, trafen sie sich häufig und verbrachten die Ferien zusammen.

Eines Tages, als sie im Mohren sassen, erfuhren sie, dass der Gasthof aus dem 16. Jahrhundert zur Pacht stehe.

Die Schwestern ergriffen die Gelegenheit, um das zu tun, was sie noch nie getan hatten: Nämlich zusammen ein Geschäft führen. Die einzige Frau, die dieser Idee mit einer gewissen Skepsis gegenüberstand, war ihre Mutter.

«Sie hatte zuerst Angst, weil ein Restaurant leiten auch bedeutet, in der Öffentlichkeit zu stehen und dass die Leute über uns reden würden», erinnert sich Pia. «Aber sie ist sehr stolz auf uns.»

Die Schwestern haben den Mohren sanft renoviert und die rustikale und gastliche Atmosphäre der holzgetäferten Speisesäle bewahrt.

Zutaten

Der Charme ist ein Grund, um hier zu essen oder zu übernachten. Es sind jedoch die Schwestern, welche dem Mohren das gewisse Etwas verpassen, gibt es doch in dieser Gegend der Schweiz zahlreiche gemütliche Gasthöfe und Lokale.

Das sei jedoch nur eine Zutat, um Erfolg zu haben, sagt Pia. «Die acht Schwestern locken die Kunden an und der Koch sorgt dafür, dass sie wiederkommen. Wir haben einen sehr guten Küchenchef», erzählt sie swissinfo.

Beim sehr guten Koch handelt es sich um George Bocxe. Er ist eben dabei, in einer Bratpfanne Saibling mit frischer Zitrone und Petersilie zuzubereiten. Auf die Frage, wie es denn sei, für acht Schwestern zu arbeiten, antwortet er lässig: «Es spielt keine Rolle, ob ich für Männer oder Frauen arbeite.»

Mann im Hause

«Es ist gut, einen Mann im Haus zu haben», fügt Claudia hinzu. Denn neben George arbeiten im Mohren noch vier weitere Leute, alles Frauen.

Laut der Buchhalterin und jüngsten der Schwestern dürfte der Mohren bald schwarze Zahlen schreiben. Ein ziemlicher Erfolg, führt das Oktett das Geschäft doch erst seit eineinhalb Jahren.

Dieser Erfolg hat die Mutter und all die zweifelnden Ehemänner und Kinder zum Schweigen gebracht. Claudia und Pia schmunzeln bei der Frage, ob ihre Beziehung strapaziert worden sei, seit sie Geschäftspartnerinnen seien.

«Wir haben voneinander eine andere Seite kennengelernt», sagt Pia diplomatisch. «Es ist etwas anderes, als zusammen Ferien oder ein Wochenende zu verbringen.»

Weil die Schwestern die Verantwortung aufteilen, muss keine von ihnen Vollzeit arbeiten. So haben die meisten ihre früheren Jobs behalten.

Sie haben sogar eine Lösung gefunden, den Mohren offenzuhalten, falls sie in die Ferien verreisen – natürlich gemeinsam: Ihre vier Brüder haben versprochen, während ihrer Abwesenheit einzuspringen.

swissinfo, Dale Bechtel, Willisau
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)

Das Gasthaus Mohren stammt aus dem Jahr 1574.
Es liegt in Willisau, in der Nähe von Luzern.
Die Kleinstadt mit 7000 Einwohnerinnen und Einwohnern hat ein Stadttor aus dem 16. Jahrhundert und schmucke Brunnen.
Das Jazzfestival Willisau, das jeweils Ende August stattfindet, gehört zu den bekanntesten Veranstaltungen dieser Art in der Schweiz.

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