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Arbeiten im Ausland – begehrte, aber rare Jobs

Das IKRK repräsentiert wie keine andere Organisation die Arbeit von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland. Keystone

Viele junge Schweizerinnen und Schweizer wollen im Ausland Arbeitserfahrung sammeln. Doch die Jobs sind begehrt und rar, die Wirtschaftskrise macht alles noch schwieriger.

Die Spiesse für Bewerber aus der Schweiz sind unterdessen wenigstens gleich lang wie jene der Interessenten aus anderen Ländern.

«Pâtisserie française à Sydney Australie recherche chef pâtissier.» Oder: «Smienk Consulting does international hospitality recruitment and hotel industry training procurement. Interesting job offers for all over the world.»

Das sind nur zwei von vielen Stellen, die im Auslandstellen-Bulletin von Arbeitsämtern aus insgesamt 17 Ländern veröffentlicht werden. In der Schweiz wird das Bulletin einmal im Monat vom Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES) herausgegeben.

Volontariate im sozialen Bereich

«Das Interesse junger Menschen, im Ausland Erfahrung zu sammeln, ist sehr hoch», sagt Béatrice Stucki, Geschäftsleiterin von Intermundo, dem Dachverband zur Förderung von Jugendaustausch.

Die Organisation vermittelt Praktika und Volontariate im sozialen Bereich in Lateinamerika, Afrika und Asien. Augenmerk wird vor allem auf interkulturellen Austausch gelegt. Im Jargon der Personalabteilung heisst das Softskills.

Urs Stampfli, Leiter der Zentralstelle Berufsberatung des Kantons Zürich, warnt vor allzu romantischen Vorstellungen eines Ausland-Einsatzes. «Um die Welt zu trampen nützt auf dem Stellenmarkt gar nichts, aber wer Ausland-Erfahrung bei einer Firma im Lebenslauf vorweisen kann, dem nützt das viel.»

Eines von mehreren Kriterien

Die Grossbank Credit Suisse beschäftigt rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Schweizer Pass in 50 Ländern. «Ob und inwieweit Auslanderfahrung von Bedeutung ist, hängt von der jeweiligen Funktion ab», erklärt CS-Sprecherin Nicole Pfister-Bachmann.

Weitere wichtige Kriterien seien Ausbildung, Erfahrung, Branchenherkunft und Sozialkompetenz.

Der Nahrungsmittel-Multi Nestlé mit Sitz in Vevey beschäftigt rund eine Viertel Million Mitarbeitende – 334 davon sind Schweizer im Ausland.

«Die Ausland-Erfahrung ist für uns kein primäres Rekrutierungs-Kriterium», sagt Nestlé-Sprecher François Perroud. «Wir stellen viele Leute direkt ab der Hochschule ein und schicken sie selber ins Ausland.»

Irakkrieg und Wirtschaftskrise

Das Interesse am Ausland-Einsatz unterliegt Schwankungen. «Wegen dem letzten Irak-Krieg haben sich sehr viele Interessenten gemeldet», sagt Mechthild Nussbaumer, Geschäftsführerin von «cinfo», dem Zentrum für Berufe in der internationalen Zusammenarbeit in Biel.

Organisationen wie Helvetas, das Rote Kreuz oder die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) schalten hier Stellen-Inserate.

«Jährlich wenden sich 4500 bis 5000 Personen an uns», sagt Nussbaumer. All diesen Interessierten stehen rund 500 Stellen in der internationalen Zusammenarbeit gegenüber.

UNO und IKRK

Die Vereinten Nationen beschäftigen weltweit 14’000 Personen. Seit dem Beitritt der Schweiz können sich auch Eidgenossen und Eidgenossinnen dort bewerben, die nicht älter als 32 Jahre sind und über einen Universitäts-Abschluss verfügen.

In Genf ist auch der Sitz des Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK). Für die Delegierten-Funktion ist der Schweizer Pass keine Bedingung mehr.

«Wir suchen aber auch Mitarbeiter aus den Bereichen Administration, Logistik oder Krankenpflege», sagt Antonella Notari, Presse-Chefin des IKRK. «In gewissen Ländern brauchen wir auch Camion-Fahrer, weil wir keine lokalen anstellen können.»

Im vergangenen Jahr zählte die Organisation 1200 bis 1400 ausländische Mitarbeitende im Einsatz vor Ort, 43% davon waren Schweizerinnen und Schweizer.

Bilaterale Verträge

«Die Bilateralen Verträge haben den Zugang zu Stellen in Europa stark vereinfacht», sagt Roland Flükiger, Chef der Sektion Auswanderung und Stagiaires beim IMES.

Doch sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt in vielen Ländern angespannt. «Wenn es keine Arbeit gibt, nützt alle Freizügigkeit nichts.» Wenigstens seien die Spiesse für Bewerber aus der Schweiz gleich lang, wie jene von Personen aus der Europäischen Union.

Anerkennung von Abschlüssen

Das gilt auch bei der Anerkennung von Abschlüssen. Beim Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) verweist Sprecherin Carmen Steimann auf die gegenseitige Anerkennung von Berufsdiplomen. «Davon betroffen sind aber nur sogenannt reglementierte Berufe», ergänzt sie. Darunter fallen beispielsweise Ärzte, Apotheker oder Juristen.

«Bei allen andern Diplomen – beispielsweise einem KV-Abschluss – muss immer noch der Arbeitgeber überzeugt werden, dass man gut genug ist», sagt Flükiger.

Die Bologna-Reform, also die Angleichung von Universitäts-Abschlüssen in Europa, wird es zukünftig ebenfalls einfacher machen, im Ausland zu arbeiten.

Ein Dilemma allerdings wird auch die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen nicht aus der Welt schaffen, wie Berufsberater Stampfli weiss. «Firmen wollen heutzutage vor allem Leute mit Erfahrung anstellen und ins Ausland schicken, junge Menschen wollen sich diese erst einmal aneignen.»

swissinfo, Philippe Kropf

Nestlé beschäftigt 334 Schweizer im Ausland, die Credit Suisse rund 200.
Rund 520 Schweizer arbeiteten 2003 für das IKRK im Ausland.
Jedes Jahr melden sich 30’000 Personen aus der Schweiz ab.
Wieviele davon wegen Arbeit ins Ausland ziehen, wird nicht erfasst.

Viele junge Schweizerinnen und Schweizer wollen im Ausland Arbeits-Erfahrung sammeln.

Universitäts- und gewisse Berufs-Diplome werden gegenseitig anerkannt.

Mit den Bilateralen Verträgen dürfen Schweizer auch in der EU arbeiten.

Der Arbeitsmarkt ist aber vielerorts stark angespannt.

Firmen wollen zudem Mitarbeiter ins Ausland schicken, die bereits Ausland-Erfahrung haben.

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