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Beruhigung im SVP-Lager

Die Schweizer Presse hat keine Angst vor einer SVP in der Opposition. swiss-image

Die Suppe wird weniger heiss gegessen als gekocht: Das ist das Fazit der Schweizer Presse über den offiziell angekündigten Gang der SVP in die Opposition zur Landesregierung.

Obwohl die beiden SVP-Vertreter in der Regierung von ihrer Parlamentsfraktion ausgeschlossen wurden, erwarten die Zeitungen keine Frontalopposition gegen den Bundesrat.

«Die SVP hat geblufft – und verloren», schreibt die «Basler Zeitung». «Kein ‹Feuerwerk›, keine ‹Oppositionswalze› und erst recht keinen ‹Volksaufstand› hat es gegeben.»

Nun sei die Schweizerische Volkspartei (SVP) definitiv in der Opposition, doch Angst mache einem das nicht mehr.

Die Bundesräte werden zwar ausgeschlossen, doch auf täubelnde Frontalopposition werde verzichtet. «Die SVP hat damit die Kurve gerade noch gekriegt. Eine Spaltung hätte ihr, die sie ja vom Doppelspiel zwischen Hardlinern und Gemässigten auch profitiert, nachhaltig geschadet», heisst es in der «Aargauer Zeitung».

«Politsche Revolution bleibt aus»

«Die politische Revolution bleibt aus», ist auch die «Basler Zeitung» überzeugt.

Die Medien relativieren die Aussagen der SVP-Oppositionsgegner, die sich teilweise im Vorfeld noch kämpferisch gegeben hatten und gar von der Bildung einer Unterfraktion sprachen.

«Nicht einmal eine Woche nach der Abwahl Christoph Blochers aus der Regierung nehmen die Aufständischen in der SVP wieder Platz auf ihren hinteren Rängen», ist im «Tages Anzeiger» zu lesen. «Einmal mehr haben einige Berner SVP-Vertreter den Aufstand geprobt und sind dann – auf ganz wenige Ausnahmen – mutlos eingebrochen», schreibt auch «Der Bund».

Moral und Populismus

«Das Aufbegehren einzelner Berner und Bündner mag durchaus einem ehrlich gemeinten Engagement entspringen. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass es sich auch um Versuche Einzelner handelt, sich zu profilieren», so der «Tages Anzeiger». Zumal ihre Positionen nicht derart von Blochers Linie abweichen, wie sie selber den Eindruck erwecken möchten.

«Der Verdacht bleibt: Sie, die sich als Hüter der politischen Moral sehen, spielen im Grunde auf dem gleichen Instrument wie die Parteispitze spielt: dem Popuplismus.»

Für den «Bund» erlaubt der Ausgang der Sitzung am Dienstag beiden Seiten, ihr Gesicht zu wahren. «Ihre grundsätzlichen Interessen decken sich: Niemand in der Fraktion möchte eine Spaltung. Diesen Gefallen will man den Linken nicht machen. Und letzlich wissen auch die Berner, dass sie bei Wahlen stark von der Reizfigur Blocher profitieren.»

«Gang in die Opposition wie zum Schafott»

Gemäss den Schweizer Medien hat sich die SVP durch den Gang in die Opposition in eine schwierige Situation manövriert.

«Der Gang der SVP in die Opposition gleicht einem Gang zum Schafott», titelt «Le Temps». Die Partei bekunde Mühe damit, ein Versprechen einzuhalten, das im Vorfeld lediglich als Drohung angekündigt worden sei.

Zwar hätten sich die SVP-Delegierten am Dienstag erstaunlich versöhnlich gezeigt. Über das Wochenende hätten sich die Emotionen bei der SVP gelegt, die Partei gebe sich nun gemässigt und spreche von einer «themenorientierten Opposition».

«Die SVP-Delegierten scheinen nun in dieselbe Richtung zu schauen, doch wissen sie immer noch nicht in welche», so jedoch «Le Temps».

Die SVP habe sich in der letzten Woche als «desorientierte Truppe präsentiert, die nicht recht wusste, wie es weitergehen soll. Erst recht nicht , was Opposition konkret heisst», so die «Basler Zeitung».

Es sei daher «verständlich, dass die sonst so geschlossene Fraktion für einmal wie ein Hühnerhaufen wirkte, wo jeder mit dem Schnabel den anderen traktiert», so die «Aargauer Zeitung».

«Opposition auf Zeit»

Die SVP ist nun also definitiv in der Opposition. Doch was wird sich dadurch ändern? Unter dem Strich werde sich wenig ändern, ist die «Basler Zeitung» überzeugt. Einerseits sei die Landesregierung mit einer Mehrheit von fünf zu zwei noch immer klar bürgerlich dominiert, und die SVP habe bereits in der Vergangenheit nur beschränkt auf ihre eigenen Bundesräte Rücksicht genommen.

«Die ’neue› SVP-Opposition wird eine Opposition auf Zeit», ist die «Basler Zeitung» überzeugt. Sie hält noch im Verlauf dieser Legislatur eine Rückkehr der SVP in die Regierung denkbar, sollte Bundesrat Samuel Schmid abtreten. Denn für die BAZ ist klar: «Auch die SVP will politische Macht.»

Dann bleibt also alles beim Alten? Für die BAZ hat sich vor allem die SVP geändert. «Die Partei hat den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. Die Parteioberen mussten von ihrem hohen Ross steigen, auf welchem sie nach dem Wahlsieg unterwegs waren.»

So sieht es auch die «Aargauer Zeitung»: «Die SVP-Spitze hat gemerkt, dass es auch für sie Grenzen gibt. Kommissionsrauswürfe und Kadavergehorsam passen nicht zu einer Volkspartei, schon gar nicht, wenn sie sich als Hüterin der Freiheitsrechte preist.»

swissinfo, Corinne Buchser

Die Parlaments-Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (SVP) geht in die Opposition. Sie hat am Dienstag mit 60 zu 3 Stimmen diesen Beschluss bekräftigt sowie den Ausschluss der beiden SVP-Bundesräte Samuel Schmid und der neu gewählten Eveline Widmer-Schlumpf bestätigt.

Sie werde ihren Wählerauftrag als geschlossene Fraktion ohne Unterfraktionen und Untergruppen wahrnehmen, sagte Fraktionschef Caspar Baader.

Die SVP werde in Zukunft «völlig unabhängig» vom Bundesrat, der Schweizer Regierung, politisieren, sagte Parteipräsident Ueli Maurer.

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