Kohäsionsmilliarde und Kinderzulagen an der Urne

Am 26. November entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über die Fortsetzung der klassischen Osthilfe und einen Kohäsionsbeitrag an die neuen EU-Länder sowie über das Familienzulagengesetz.
Letzte Umfragen sagen zwar ein zweifaches Ja voraus. Doch für das Osthilfegesetz mit der Kohäsionsmilliarde dürfte es am Abstimmungs-Sonntag knapp werden.
Das Rennen um das Osthilfegesetz ist noch nicht gelaufen: Laut der letzten Umfrage des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse standen Mitte November 49% Ja-Stimmen 37% Nein-Stimmen gegenüber. 14% der befragten Personen waren noch unentschlossen.
Beim neuen Osthilfegesetz, gegen welches das Referendum eingereicht wurde, geht es um zwei Aspekte: Einerseits soll die klassische Osthilfe weitergeführt werden, welche die Schweiz seit dem Fall der Berliner Mauer leistet.
Andererseits ist im Gesetz die Zahlung von einer Milliarde Franken an die zehn neuen EU-Staaten in Ost- und Südeuropa festgeschrieben.
Umstrittene Kohäsionsmilliarde
Während die Fortsetzung der Osthilfe weitgehend unbestritten ist und im Abstimmungskampf kaum thematisiert wurde, ist die Zahlung an die EU-Staaten zum Zankapfel geworden. Diese Milliarde ist dazu vorgesehen, wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten in Europa mit konkreten Projekten hauptsächlich in Randgebieten zu vermindern.
Finanziert werden soll dieser Betrag von jährlich 100 Mio. Franken über 10 Jahre ohne Einbussen im Bundesbudget: 60 Millionen pro Jahr werden durch Einsparungen bei der traditionellen Osthilfe kompensiert, 40 Mio. Franken trägt die allgemeine Bundeskasse durch Einnahmen aus der Zinsbesteuerung bei.
Im Rahmen der klassischen Osthilfe an Nicht-EU-Staaten Südosteuropas und einige ehemalige Sowjetstaaten sollen mit jährlich 140 bis 160 Mio. Franken Projekte zur Förderung des Wirtschaftswachstums unterstützt und Arbeitsplätze geschaffen werden.

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Referendum
Einheitliche Familienzulagen
Deutlicher sehen die Umfragewerte bei der zweiten Vorlage aus, dem Familienzulagengesetz: Ganze 70% der Befragten wollen ein Ja in die Urne legen, nur 19% ein Nein; 11% sind noch unentschlossen.
Das neue Gesetz, das ebenfalls per Referendum an die Urne gekommen ist, sieht eine Vereinheitlichung der Kinderzulagen auf mindestens 200 Franken monatlich pro Kind bis 16 Jahre vor. Für Jugendliche in Ausbildung sollen bis zum 25. Altersjahr monatlich mindestens 250 Franken ausbezahlt werden.
Auch für Teilzeitbeschäftigte mit jährlichem Einkommen über 6450 Franken sind volle Kinderzulagen vorgesehen. Und neu ebenfalls für Nichterwerbstätige mit steuerbarem Einkommen von weniger als 38’700 Franken pro Jahr, wenn sie keine Ergänzungsleistungen beziehen.
Schliesslich sollen die Bedingungen für den Anspruch auf Zulagen für die ganze Schweiz einheitlich geregelt werden. Die Kantone würden aber in der Familienpolitik weitgehend autonom bleiben.
Nur einfache Mehrheiten
Weil es sich bei der Abstimmung um zwei Referenden gegen Gesetze handelt, ist am 26. November das Volksmehr entscheidend.
Das Ständemehr der Kantone ist nur bei Abstimmungen nötig, die eine Verfassungsänderung verlangen, wie dies bei Volksinitiativen der Fall ist.
swissinfo, Christian Raaflaub
Die Schweiz unterstützte die Länder Osteuropas seit 1990 mit bisher knapp 3,5 Mrd. Franken. Ziel: Aufbau von Demokratie und Wirtschaft.
Im Mai 2004 traten zehn neue Staaten der EU bei, mit der die Schweiz zwei Pakete von Bilateralen Verträgen abgeschlossen hat. Die EU hat die Schweiz zur finanziellen Unterstützung ihrer neuen Mitglieder aufgefordert, was im Frühjahr vom Parlament abgesegnet wurde.
Im Falle einer Zustimmung wird die Hilfe in Tranchen von 100 Mio. Franken, verteilt auf zehn Jahre, geleistet. Knapp die Hälfte der Gelder sind für Polen bestimmt.
Die Höhe der Familienzulagen in der Schweiz bestimmt jeder Kanton selber.
Vor 15 Jahren forderte eine parlamentarische Initiative, das Minimum der Familienzulagen national anzugleichen. 2004 lancierte die Gewerkschaft Travail.Suisse eine Initiative, die 450 Franken pro Monat und Kind forderte.
Das Parlament machte einen Gegenvorschlag: 200 Franken monatlich pro Kind bis 16 Jahre und 250 Franken für Jugendliche in Ausbildung bis 25. Darauf wurde die Initiative zurückgezogen.

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