Volksabstimmung über Swisscom-Privatisierung und Postbank-Gründung vorgeschlagen
Damit langwierige juristische und politische Diskussionen vermieden werden können, sollen Volk und Stände (Kantone) an der Urne über den Verkauf von Swisscom-Aktien des Bundes und die Gründung einer Postbank bestimmen.
Dies hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom Mittwoch (06.09.) beschlossen.
Der Bundesrat möchte seine Swisscom-Aktien verkaufen können, um die Swisscom international allianzfähig zu machen und Geld zur Finanzierung einer Postbank zu gewinnen. Er ist daran, ein Gesamtpaket auszuarbeiten, das den Service public von Post und Telekommunikation sichern soll.
Post braucht Geld
Die Post braucht nach Meinung des Bundesrates neue Geschäftsfelder, um ihre Eigenwirtschaftlichkeit bei gleichzeitiger Sicherstellung der Grundversorgung ohne Subventionen zu erreichen. Sie soll sich deshalb aus eigener Kraft mit einer Postbank finanzieren können.
Die Gründung einer Aktiengesellschaft Postbank setzt die Erhöhung des Dotationskapitals der Post um über eine Milliarde Franken voraus. Ein Verkauf von Swisscom-Aktien könnte den Aufbau der Postbank und die Refinanzierung der Pensionskasse der Post (5 Mrd.) ermöglichen.
Die Schweiz ist nach Meinung des Bundesrates für die Swisscom zu klein, die Swisscom ihrerseits zu klein, um als Global Player aufspielen zu können. Die heutige, gesetzlich verankerte Mehrheitsbeteiligung des Bundes von 65 Prozent der Aktien verunmögliche es, internationale Allianzen einzugehen.
Die Frage, ob eine allfällige Abgabe der Bundesmehrheit an der Swisscom AG und die Gründung einer Postbank im Rahmen der geltenden Bundesverfassung möglich sind, ist umstritten. Sie werde deshalb in den parlamentarischen Beratungen eine zentrale Rolle spielen und die Vorlage verzögern, schreibt das UVEK.
Referendum bereits angekündigt
Das Gesamtpaket sei aber dringlich. Der Bundesrat habe deshalb der Verwaltung bewusst eine knappe Bearbeitungsfrist gesetzt und eine konferenzielle Vernehmlassung in Aussicht gestellt. Angesichts der grundlegenden Weichenstellung sei ohnehin mit einer Referendumsabstimmung zu rechnen, schreibt das UVEK.
Der Sozialdemokratischen Partei (SP), die bereits das Referendum gegen den Swisscom-Verkauf angekündigt hatte, bleibt nun «eine kostspielige Referendumskampagne» erspart, wie Sprecherin Ursula Dubois sagte. Nachdem die Volksvorlage verhandelt ist, werde die SP entscheiden, ob sie ihr zustimmt oder nicht.
Für den Generalsekretär der Freisinnig Demokratischen Partei (FDP), Johannes Matyassy, muss der Verkauf der Swisscom-Aktien Priorität haben und darf nicht von der Gründung einer Postbank verzögert werden. Es werde daher zwei Abstimmungen brauchen.
Auch die Christlichdemokratische Partei (CVP) begrüsst die Entscheidung. Eine konferenzielle Vernehmlassung lehne man aber ab, sagte CVP-Generalsekretär Hilmar Gernet. Ebenfalls begrüsst wird der bundesrätliche Entscheid von der Schweizerischen Volkspartei (SVP), wie deren Sprecherin Irène Schellenberg sagte.
Samuel König, Sprecher der Gewerkschaft Kommunikation, begrüsst den Entscheid des Bundesrats. Er ist aber überzeugt, dass auch ein Referendum zustande gekommen wäre. Für die Christliche Gewerkschaft Service public und Dienstleistungen Schweiz (transfair) ist der bundesrätliche Entscheid ein «gelungener Schachzug».
Swisscom: so schnell wie möglich
Für die Swisscom ist «alles, was in die Richtung geht, dass der
Bund die Aktien verkaufen kann, positiv», wie Sprecher Christian
Neuhaus sagte. Wichtig sei, dass es so schnell wie möglich gehe,
der politische Weg sei egal.
Zufrieden ist man auch bei der Post, wie Alex Josty, Mediensprecher der Postfinance, sagte. Der Volksabstimmung müssen sich die Post stellen, denn sie man wolle keine Ausnahmebewilligung.
swissinfo und Agenturen

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