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Solothurner Filmtage unter schwierigen Vorzeichen

Auftakt der Solothurner Filmtage mit "Max & Co." von Samuel und Frédéric Guillaume. (Solothurner Filmtage) Solothurner Filmtage

Mit "Max & Co.", dem teuersten Schweizer Film aller Zeiten, starten am Montag Abend die Solothurner Filmtage. Einem reich befrachteten Programm stehen Spannungen in der Schweizer Filmbranche gegenüber.

Im Vorfeld des Festivals hagelte es Kritik an die Adresse des Chefs der Filmförderung des Bundes. Dieser, so sagt der Direktor der Solothurner Filmtage, setze zu sehr auf “grosse Kisten”.

Die Veranstalter der Solothurner Filmtage sehen 2008 als “Jahr des Dokumentarfilms” – fast zwangsläufig, denn mehrere Spielfilmprojekte sind blockiert.

Wenn sich auch neuer Elan abzeichnet: noch ist die Stimmung im Schweizer Filmschaffen trübe.

Scharfe Kritik richtet sich gegen Nicolas Bideau, den Chef der Filmförderung beim Bundesamt für Kultur.

Der Direktor der Solothurner Filmtage, Ivo Kummer, wirft ihm vor, zu sehr auf Grossproduktionen zu setzen. “Es wäre besser, wenn der Bund mehr und verschiedene Filme mit kleineren Beiträgen unterstützen würde.”

In einem Interview der Zeitung “Sonntag” von Anfang Januar ging Kummer Bideau auch persönlich hart an: “Es ist schade, wenn während der Filmtage die Filmemacher wieder nicht zu Wort kommen, weil er sich mit reisserischen Prognosen selbst inszeniert.”

Aussagen wie diese lassen für die Filmtage und die künftige Zusammenarbeit zwischen den Köpfen und Institutionen in der Filmbranche nicht das Beste erwarten. Vielleicht aber rauft man sich in Solothurn auch wieder zusammen.

Teuerster Schweizer Film

Der Kulturminister und diesjährige Bundespräsident Pascal Couchepin ist persönlich vor Ort und hält die Eröffnungsrede. Als Eröffnungsfilm steht eine der “Lokomotiven” auf dem Programm, von denen sich Bideau Schwung für den Schweizer Film erhofft.

Der Animationsstreifen “Max & Co.” der Freiburger Frédéric und Samuel Guillaume ist mit Produktionskosten von 30 Mio. Franken der teuerste Schweizer Film aller Zeiten. Bisher war er nur im Ausland zu sehen.

Insgesamt werden während der 43. Solothurner Filmtage fast 300 Filme gezeigt, darunter 114 Schweizer Premieren. Eine davon ist “Geld oder Leben”, eine Action-Komödie von Jacqueline Falk, in der Marcello Montecchi einen (zu) ehrlichen Angestellten spielt.

“Roulette” von Mohammed Soudani dreht sich um Spielsucht. Im Programm Passages, das Filmschaffenden aus den angrenzenden Regionen der Nachbarländer offensteht, ist etwa Barbara Alberts “Fallen” zu sehen, ein Drama aus der österreichischen Provinz.

Hommage an Walo Lüönd

Die gut bestückte Kategorie Dokumentarfilm wartet beispielsweise auf mit “Bird’s Nest” über Bauten der Basler Architekten Herzog & de Meuron in China oder mit “Hidden Heart” über die Geschichte der ersten Herztransplantation 1967.

Die diesjährige Retrospektive ist Walo Lüönd gewidmet. Gezeigt werden 13 Filme, darunter “Dällebach Kari”, “Die Schweizermacher” und “Sternenberg”. Nach den Filmtagen sind Auszüge aus Lüönds Werk in Schwyz zu sehen und in Zug, seinem Heimatkanton.

“Konstruktive Polemik”

Für die Filmtage 2008 erwartet Direktor Kummer wie im Vorjahr rund 44’000 Besucher. Potenzial ortet er bei den Vorführungen am Morgen und am Nachmittag. “Das Publikum hat noch zu wenig entdeckt, dass es Solothurner Filmtage heisst, nicht Filmnächte”, sagte er.

Vom Bund erhofft sich Kummer künftig etwas mehr Subventionen – eine Aufstockung um 70’000 auf 400’000 Franken. Die Filmtage haben derzeit ein Budget von 2,5 Millionen Franken; der Anteil der Subventionen war letzthin rückläufig.

Ivo Kummer steht seit 20 Jahren an der Spitze des Festivals. Die Beziehungen zwischen dem Bund und der Filmbranche seien immer schon kompliziert gewesen, erinnert er sich. Alle Beteiligten müssten am selben Strick ziehen, sagte Kummer. Andererseits: “Konstruktive Polemik” sei “notwendig, um voranzukommen”.

swissinfo und Serge Kuhn, sda

Die 43. Solothurner Filmtage
21. – 27. Januar 2008
Budget: 2,5 Mio. Franken
44’000 Zuschauer (2007)
13’639 Minuten Film
Total 297 Filme
263 Filme in der Sektion Panorama Suisse
Davon 72 Spiel- und 116 Dokumentarfilme
114 Schweizer Premieren
9 Kinos

Im letzten Jahr sind die Kinobesuche in der Schweiz um 15% auf noch gut 14 Millionen Eintritte zurückgegangen.

Der Marktanteil des Schweizer Films hat sich auf 5,3% halbiert, liegt aber trotzdem noch über dem langjährigen Durchschnitt.

Der erfolgreichste Film in Schweizer Kinos war 2007 der Zeichentrickfilm “Ratatouille” (737’000 Eintritte), gefolgt von “Piraten der Karibik 3” und “Harry Potter 5”.

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