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Zwei Boxen auf einem weissen Papier, beschriftet mit Ja und Nein

Heute in der Schweiz

Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland

So hoch war die Ablehnung der Schweizer Stimmberechtigten noch fast nie: Sowohl die Bürgerpflicht wie auch die Erbschaftssteuer wurde heute an der Urne massiv abgeschmettert.

Zudem: Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer des Kantons Waadt werden neu auch bei den Ständeratswahlen mitbestimmen dürfen.

Herzliche Grüsse aus Bern

Eine junge Frau, dahinter der Slogan "Tax The Rich"
Konsternierte Gesichter beim Initiativkomitee. Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann sieht das klare Resultat im Fernsehen. Keystone / Alessandro Della Valle

Die von der Juso eingereichte Idee einer Erbschaftssteuer für Superreiche hatte an der Urne keine Chance. Das Stimmvolk verwirft ihre Volksinitiative massiv.

«Nicht mit uns!», scheint die klare Aussage am heutigen Abstimmungssonntag zur Vorlage für eine Erbschaftssteuer zu sein: Die Stimmberechtigten im In- und Ausland sagen mit 78,3% wuchtig Nein zur Vorlage der Juso.

Die Initiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» forderte eine Erbschaftssteuer auf grosse Vermögen. Die Steuer wäre auf den Betrag fällig geworden, der 50 Millionen Franken übersteigt. Die Erlöse sollten für die Bekämpfung des Klimawandels eingesetzt werden.

Im Vorfeld der Abstimmung hatten mehrere Superreiche damit gedroht, bei einer Annahme der Initiative die Schweiz zu verlassen. Wirtschaftsverbände hatten befürchtet, dass es mit dieser Steuer unmöglich werden könnte, ein Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben.

Menschen in rosa T-Shirts häufen Kartonkisten mit Kantonswappen zu einer Mauer
Mitglieder des Komitees für die Service-citoyen-Initiative reichten am 26. Oktober 2023 Schachteln mit den gesammelten Unterschriften aus den Kantonen bei der Bundeskanzlei in Bern ein. Keystone / Peter Klaunzer

Auch die Vorlage für einen Bürgerdienst und eine Ausweitung der Dienstpflicht auf Frauen wurde haushoch verworfen – und das noch deutlicher.

Breite Ablehnung schwappte auch der Service-citoyen-Initiative entgegen. Die Stimmbevölkerung im In- und Ausland verwarf das Projekt handstreichartig mit 84,1%.

Die Initiative verlangte, dass jede Person mit Schweizer Staatsangehörigkeit einen Dienst zum Wohl der Gemeinschaft und der Umwelt leisten soll. Diese Verpflichtung hätte auch – entgegen dem heutigen System – für Frauen gegolten.

Der Bundesrat hatte im Vorfeld davor gewarnt, dass die Einführung einer Milizpflicht für Männer und Frauen zu Mehrkosten führen würde: über den Erwerbsersatz zusätzliche 800 Millionen Franken und über die Militärversicherung 320 Millionen Franken mehr.

Zwei junge Frauen
Mirjam Hostetmann und Nathalie Ruoss vom Präsidium der Jungsozialist:innen, welche die Erbschaftssteuer-Initiative lanciert haben. Keystone / Alessandro Della Valle

Schon in den Umfragen vor dem Urnengang zeigte sich: Es wird wohl zweimal Nein geben bei den zwei Initiativen, über die national abgestimmt wurde. Dass beide Voten so deutlich ausgefallen sind, sorgt für Erstaunen.

Um die deutlichen Resultate einzuordnen, hat mein Kollege Balz Rigendinger mit der Politologin Corina Schena von gfs.bern gesprochen. Sie meint, die Linke mit einem Potenzial von rund einem Drittel habe für die Abstimmung über die «Reichensteuer» zu wenig mobilisieren können: «21% liegen deutlich unter dieser Marke.» Dennoch habe die Initiative die Schweiz «durchaus bewegt».

Die Juso-Initiative sei mit einer 50%-Besteuerung zu extrem gewesen, meint Schena. Sie erinnert an eine Initiative zur Erbschaftssteuer von 2015 für 20% auf Vermögen ab zwei Millionen Franken, die immerhin 29% Zustimmung erreichte. «Das war in diesem Sinne weniger extrem, aber auch das war chancenlos.»

Das Resultat der Service-citoyen-Initiative bezeichnet Schena als «historische Schlappe»: «Nur die Grünliberale Partei ist einfach zu klein, um eine Initiative mehrheitsfähig zu machen», meint sie. Eine allgemeine Dienstpflicht für Frauen in der Schweiz erachtet sie bis auf weiteres als chancenlos.

Eine Frau füllt einen Stimmzettel mithilfe einer Schablone aus
Im Kanton Zürich können Stimmberechtigte mit Sehbehinderung oder Blindheit bereits ihre Stimmzettel für eidgenössische Vorlagen dank einer Abstimmungsschablone der Bundeskanzlei allein ausfüllen. Der Kanton Zürich geht bei deren Einführung als Pilotkanton voran. Keystone / Gaetan Bally

In der Schweiz kamen heute auch viele kantonale Vorlagen zur Abstimmung. Hier eine Auswahl:

In den Kantonen Zug und Waadt wurde darüber abgestimmt, das kantonale Stimm- und Wahlrecht für Menschen mit Beeinträchtigungen einzuführen. Das Zuger Stimmvolk nahm die Änderung mit 51,3% knapp an, im Waadtland wurde sie mit 73,9% Nein klar verworfen.

Der Kanton Waadt stimmte zudem darüber ab, das Wahlrecht für Waadtländerinnen und Waadtländer im Ausland bei den Ständeratswahlen einzuführen. 64,9% der Stimmenden haben diese Änderung angenommen.

Der Kanton Appenzell Ausserrhoden entschied heute über seine neue Kantonsverfassung. Umstritten dabei war vor allem das Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer. Deshalb liess der Kanton über zwei Versionen abstimmen. Die Stimmberechtigten nahmen dabei die Version ohne dieses Stimmrecht mit 77,8% an. Es wäre eine Premiere in der Deutschschweiz gewesen.

Im Kanton Zürich sagte das Stimmvolk mit 56,8% Ja zur kantonalen Mobilitätsinitiative. Das bedeutet, dass auf Kantonsstrassen im Normalfall Tempo 50 gilt und die Einrichtung von Tempo-30-Zonen künftig einen schwereren Stand haben dürfte.

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