Schweizer:innen bleiben erstaunlich zufrieden, doch es öffnen sich Gräben
Die Welt ist in letzter Zeit düsterer geworden. Doch etwas ist erstaunlich konstant geblieben: dass die Schweizer Bevölkerung mit ihrem Leben zufrieden ist. Das ist das Ergebnis einer grossen SRG-Meinungsumfrage.
Dreimal innert drei Jahren hat das Forschungsinstitut GFS Bern der Schweizer Bevölkerung den Puls gefühlt, mit einer der grössten Meinungsumfragen, die es in diesem Land je gab. An den drei Umfragewellen von 2023 bis 2025 beteiligten sich jeweils über 50’000 Menschen (vgl. Box).
Die SRG wollte damit ein vertieftes Bild darüber erhalten, wie es den Menschen in der Schweiz geht. Der erfreuliche Befund lautet: In allen drei Umfragewellen zeigten sich vier Fünftel der Befragten mit ihrem eigenen Leben zufrieden. Und das obwohl in letzter Zeit eine Krise auf die nächste folgte, und manches in der Welt aus den Fugen geraten ist.
«Diese hohe Zufriedenheit in allen drei Umfragen hat mich sehr erstaunt», betont Urs Bieri von GFS Bern. «Das zeigt, dass es in der Schweiz noch immer viele Gemeinsamkeiten gibt.» Aus den Umfrageresultaten erkennt Bieri vor allem drei Gründe für das allgemeine Wohlbefinden:
- Zwei Drittel der Befragten empfinden ihre finanzielle Situation als entspannt.
- Vier Fünftel machen sich keine Sorgen wegen eines möglichen Verlusts ihres Arbeitsplatzes.
- Neun von zehn Befragten sind weitgehend sorgenfrei in Bezug auf ihre persönliche Sicherheit.
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Ein Fünftel nicht zufrieden
Aber es gibt auch die anderen, die mit ihrem Leben weniger zufrieden sind, und das sind ein Fünftel der Befragten, wobei 14 Prozent mässig zufrieden und 6 Prozent wirklich unzufrieden sind. «Das sind jene, die mit den hohen Preisen in der Schweiz zu kämpfen haben, unter gesundheitlichen Problemen leiden oder unter dem allgemeinen Leistungsdruck», analysiert Bieri. Immerhin ist diese Gruppe in den letzten drei Jahren nicht grösser geworden – trotz steigender Preise und Krankenkassenprämien.
Auch in Bezug auf die Sprachregionen gilt es zu differenzieren. In der Deutsch- und der rätoromanischen Schweiz ist die Zufriedenheit leicht höher als im französisch- und im italienischsprachigen Teil. Vor allem im Tessin fällt auf, dass Themen wie Altersvorsorge, Steuerbelastung oder Krankenkassenprämien mehr Sorgen bereiten als anderswo.
Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft
Dem landesweit positiven Grundgefühl stehen zwei Veränderungen gegenüber, die als Warnsignale gewertet werden können:
- Der Blick in die Zukunft hat sich verdüstert. Der Aussage, Kinder könnten in der Schweiz heutzutage so sorgenfrei erwachsen werden wie keine andere Generation vor ihnen, stimmen noch 20 Prozent zu. 2023 waren es 32 Prozent.
- Das Fundament gemeinsamer Werte, das die Schweiz zusammenhält, ist schwächer geworden. Fanden 2024 68 Prozent, die meisten Schweizerinnen und Schweizer teilten ihre Werte, tun das heute noch 58 Prozent.
Für Urs Bieri von GFS Bern ist das ein Befund, den es «ernst zu nehmen gilt». Er sieht das als Folge einer verstärkten Polarisierung. «Die gemeinsamen Werte sind unter Druck», betont er, «auch wenn wir bei weitem nicht dort stehen, wo sich beispielsweise die USA befinden.»
In dieses Bild passt auch, dass 84 Prozent der Befragten finden, die Menschen in der Schweiz seien in den letzten Jahren rücksichtsloser und egoistischer geworden. Das gilt aber nur für die anderen. Von sich selbst behaupten 80 Prozent, sie verhielten sich im Alltag respektvoll.
Die Resultate der Umfrage «Wie geht’s, Schweiz?» basieren auf einer repräsentativen Befragung von 55’006 Einwohnerinnen und Einwohnern der Schweiz sowie Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Die Befragung fand vom 12. Mai bis zum 15. Juni 2025 statt. Sie wurde vom Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag der SRG zum dritten Mal innert drei Jahren durchgeführt. Gegenüber den Versionen der Vorjahre sind manche Fragen neu gestellt worden, ein Grossteil ist aber unverändert geblieben.
3000 der Befragten wurden aus einem Online-Panel von GFS Bern ausgewählt, und zwar so, dass ein repräsentatives Abbild der Schweizer Bevölkerung entstand (16 Jahre und älter). Die Stichprobe wurde entlang der Sprachregion geschichtet und entlang von Alter und Geschlecht quotiert.
Die übrigen Befragten füllten den Fragebogen online aus. Sie wurden über die Kanäle der SRG dazu aufgerufen, entschieden aber selbst, ob sie mitmachen wollten oder nicht. Diese Befragungsmethode ist nicht repräsentativ. Die Repräsentativität entsteht hier mittels spezifischer Verfahren der Datengewichtung und Datenvalidierung.
Der Stichprobenfehler beträgt +/- 1.8 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit.
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