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Wenn Roboter Kunst machen

Malspinne von Lars Vaupel, f18, Hamburg. swissinfo.ch

Die Roboter der Künstlergruppe f18 spielen, malen und machen automatische Musik. Sie verstecken sich in alltäglichen Verpackungen.

Die beweglichen Kunstwerke sind bis Ende September in verschiedenen Schweizer Städten zu beobachten.

Eine Mischung aus Werkstatt, Labor und Tonstudio erwartet mich im Berner Kornhaus-Forum. Roboter und Haushaltgeräte, Kisten und ein Aquarium sind in der Halle verteilt. Töne wandern durch den Raum, ein Blubbern und Sausen liegt in der Luft.

Plötzlich beginnt hinter mir eine kleine, alte und unscheinbare Holzkiste zu laufen. Bald rennt sie gegen die Wand an, kommt nicht mehr weiter. Ich drehe sie um und lasse sie weiter durch den Raum wandern.

Ihre Schwester liegt verletzt am Boden und offenbart ihr hochtechnisiertes Innenleben. Ein Kind hat sich daraufgesezt und damit den Motor zur Überhitzung gebracht.

Spielhaus für Roboter

“Playground Robotics” nennt sich diese Ausstellung, und genau das tun die Roboter in allen Formen und Grössen: Sie spielen. Mit sich selber oder zusammen mit anderen Robotern oder ferngesteuerten Haushalt-Apparaten.

Verantwortlich für diese Maschinen sind die Mitglieder von f18, dem “Institut für Kunst, Information & Technologie” aus Hamburg.

Sie holen ihre Ideen aus dem Alltag. “Wir sind ja alle so zwischen 30 und 40 und schon in einer sehr technologischen Welt aufgewachsen”, erzählt Stefan Doepner von f18.

Dabei verbinden die Künstler zum Teil neuste Technologie mit altem Handwerk und scheuen auch den Umgang mit dem Schweissbrenner nicht. Was dabei herauskommt, ist immer wieder überraschend und neu.

Reaktion erwünscht

Die Erfindungen provozieren oft eine Reaktion im Publikum. “Man sieht das, wenn hier eine Klasse mit 9-, 12-, 15-Jährigen ankommt. Die hüpfen wie wild mit den Plattformen durch die Gegend”, so Doepner.

Er spricht dabei den herumfahrenden, einer kleinen Untertasse ähnelnden Roboter an, der mit einer Kamera die Füsse der Besucher an die Grossleinwand überträgt. “Für uns ist es auch sehr interessant, dabeizusitzen und zu beobachten, wie die Leute damit umgehen. Aber es funktioniert auch ohne den Menschen.”

Interaktion mit der Natur demonstriert ein anderes Beispiel: Die Fisch-Disco. Ein lebendiger Goldfisch steuert dabei durch seine gefilmten Bewegungen im Aquarium verschiedene Tonquellen an und sorgt so für die musikalische Untermalung im Ausstellungsraum.

In erster Linie Kunst

Obwohl f18 auch Auftragsarbeiten ausführt, sehen sich die Tüftler in erster Linie als Künstler. “Es ist schon eher Kunst, weil wir extrem frei arbeiten”, betont Doepner.

Und einige Roboter sind schon selber zu Künstlern geworden, wie etwa die Malspinne oder der fahrende Bodenroboter, der in Solothurn ein Ölgemälde malen wird.

Vermehrt Anpacken können wird das Publikum bei der Ausstellung im alten Solothurner Spital. In verschiedenen Workshops können Interessierte selber Roboter bauen.

Beliebt beim Schweizer Publikum

Die Hamburger sind in der Schweiz nicht unbekannt. Seit 1999 sind sie mit diversen Ausstellungen und Aktionen aufgefallen. Stefan Doepner fühlt sich in der Schweiz sehr wohl, wo die Gruppe grosse Aufmerksamkeit geniesst.

“Das Publikum ist schon anders als in Deutschland. Sie sind sehr offen, kommen auch mehrmals, machen sich Gedanken, haben Ideen dazu, die sie auch gerne austauschen.” In Deutschland hätten ihre Roboter viel weniger Beachtung gefunden, meint er.

Es sei auch das erste Mal, dass alle Maschinen zusammengehängt als eine Art Gesamtkunstwerk funktionieren würden. Die Künstler sind als “Kindermädchen” für ihre Maschinen immer dabei und arbeiten stetig weiter an ihren Kunstwerken.

“Im Grunde genommen ist es für uns eine Art Labor. Und diese Chance nutzen wir natürlich auch.”

Die Veranstaltungsreihe geht von Bern über Solothurn nach Basel und dauert noch bis Ende September.

swissinfo, Christian Raaflaub

Die Ausstellungen:
Bern, Kornhausforum: 13.8. – 22.8.
Solothurn, Kunstmuseum: 28.8. – 3.9.
Solothurn, Altes Spital: 30.8. – 4.9.
Basel, [plug.in]: 13.9. – 26.9.

Roboter als Kunstwerke oder als Künstler stehen im Mittelpunkt einer Veranstaltungsreihe in Bern, Solothurn und Basel, die noch bis Ende September läuft.

Dabei kann das Publikum auf verschiedene Arten mitwirken.

Organisiert wird die Veranstaltungsreihe vom Migros-Kulturprozent in Zusammenarbeit mit diversen regionalen Partnern.

Zu “Playground Robotics” ist auch ein Buch erschienen.

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