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Bitcoin-ETFs: Erlebt die Kryptowährung ein Comeback?

Zeitungen mit Bitcoin-Schlagzeilen
Der Bitcoin-ETF hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt. © Keystone / Christian Beutler

Die Zulassung von börsengehandelten Bitcoin-Fonds (ETFs) in den Vereinigten Staaten hat für Schlagzeilen gesorgt. Was bedeutet der Schritt für Kryptowährungen und für die wachsende Kryptoindustrie in der Schweiz?

Die US-amerikanische Finanzaufsichtsbehörde, die Securities and Exchange Commission (SEC), hat grossen Finanzunternehmen wie Blackrock grünes Licht gegeben, um der breiten Öffentlichkeit mit Kryptowährungen unterlegte Anlagen anzubieten.

Der Preis von Bitcoin wurde durch diese Nachricht in die Höhe getrieben. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Was sind Bitcoin-ETFs?

Exchange-Traded Funds (börsengehandelte Fonds) gibt es seit Anfang der 1990er-Jahre. Sie haben sich zu einem der beliebtesten Anlageprodukte entwickelt und sind zu einem Markt mit einem Volumen von Billionen von Dollar angewachsen.

Mit börsengehandelten Fonds kann man in eine Reihe von Vermögenswerten investieren, z. B. in Unternehmensaktien und Edelmetalle, ohne diese selbst kaufen und lagern zu müssen.

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Das ETF-Management, ein Finanzunternehmen, übernimmt diese umfangreiche Aufgabe (gegen eine Gebühr), während die Anleger:innen lediglich am Gewinn oder Verlust beteiligt werden. Die Anteile können problemlos an der Börse gekauft und verkauft werden.

Der Erwerb von Bitcoin erfordert technisches Know-how und eine sichere Methode, um die Passwörter – die den Schlüsseln zu einem Tresor entsprechen – vor Diebstahl oder Verlust zu schützen.

ETFs lösen dieses Problem und ermöglichen den Anleger:innen ein Engagement in Bitcoin, ohne dass sie selbst Hand anlegen müssen.

Warum ist der Preis von Bitcoin so stark gestiegen?

Der Wert von Bitcoin stieg von etwa 27’000 Dollar Mitte Oktober auf 46’000 Dollar, als die SEC am 10. Januar ihre Ankündigung machte. Ein Teil dieses Wertanstiegs wurde den wachsenden Gerüchten über die Einführung von Bitcoin-ETFs zugeschrieben.

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Die Zulassung von Bitcoin-ETFs durch die SEC auf dem weltgrössten Finanzplatz hat gleichzeitig zahlreichen neuen Anleger:innen die Türen geöffnet und die Glaubwürdigkeit von Kryptowährungen gestärkt.

“Ein transparentes, reguliertes Finanzprodukt zu haben, ist ein grosser Durchbruch für die Kryptoindustrie”, sagt Dirk Klee, CEO des Schweizer Kryptounternehmens Bitcoin Suisse, gegenüber SWI swissinfo.ch.

“Mit dem Engagement von Triple-A-Vermögensverwaltern wie Blackrock und Fidelity hat Bitcoin nun den Massenmarkt erreicht. Die Befürwortung von Bitcoin durch diese grossen Akteur:innen zeigt, dass Krypto jetzt Mainstream und unaufhaltsam ist.”

Die Entscheidung der SEC hat auch die Angst vor Bitcoin in der traditionellen Finanzwelt gedämpft, so Sina Meier, Leiterin von 21Shares Schweiz, einem Unternehmen, das sich auf börsengehandelte Krypto-Produkte spezialisiert hat.

Die SEC hat einen Bitcoin-ETF genehmigt, der von 21Shares in Zusammenarbeit mit dem US-Tech-Investor ARK Invest aufgelegt wurde.

“Es ist nur natürlich, dass alle auf die Vereinigten Staaten schauen, um Klarheit zu bekommen”, sagt Meier gegenüber SWI swissinfo.ch. “Finanzberater werden sich mit Krypto-ETFs mit einer klaren regulatorischen Perspektive aus den USA sicherer fühlen. Sie wissen nun, dass sie nicht in Schwierigkeiten geraten, wenn sie ihren Kunden zum Kauf dieser Produkte raten.”

Ist Bitcoin jetzt eine sichere Wette?

Wie bei jeder Anlageklasse können Anleger:innen auch bei Bitcoin Verluste erleiden. Die Preise von Kryptowährungen sind notorisch volatil und können innerhalb kurzer Zeit an Wert gewinnen oder verlieren.

Die SEC hat nur widerwillig grünes Licht für Bitcoin-ETFs gegeben, nachdem sie in den letzten Jahren ähnliche Anträge abgelehnt hatte. Als ein US-Gericht im vergangenen Oktober entschied, dass die SEC bei der Ablehnung eines solchen Antrags ungerecht gehandelt hatte, sah sich die Behörde gezwungen, ihre Haltung aufzuweichen.

Als die ersten Bitcoin-ETFs schliesslich am 10. Januar genehmigt wurden, erklärte der SEC-Vorsitzende Gary Gensler, dass “Bitcoin in erster Linie ein spekulativer, volatiler Vermögenswert ist, der auch für illegale Aktivitäten wie Ransomware, Geldwäsche, Sanktionsumgehung und Terrorismusfinanzierung genutzt wird.”

Aber vorausgesetzt, die ETF-Manager:innen verhalten sich korrekt und im Einklang mit den Regeln der Aufsichtsbehörde, ist die SEC nun bereit, die Anleger:innen ihr eigenes Risikoeingehen zu lassen, mit einem Vermögenswert, den sie immer noch für toxisch hält.

Was bedeutet das für die Schweiz?

Die SEC-zugelassenen Bitcoin-ETFs werden nur auf dem US-Markt angeboten. Unterschiedliche Vorschriften machen es schwierig, das exakt gleiche Anlageprodukt in der Europäischen Union anzubieten, sagt Sina Meier von 21Shares.

Andere Krypto-Finanzprodukte wie Exchange-Traded Notes (ETNs), die gewisse Ähnlichkeiten mit ETFs aufweisen, gibt es in der Schweiz und in Europa allerdings bereits seit einigen Jahren. 

Diese Anlagevehikel ermöglichen es ebenfalls, in Kryptowährungen zu investieren, ohne sie besitzen zu müssen.

Die ETF-Entscheidung der SEC könnte sich langfristig indirekt auf die Kryptoindustrie in der Schweiz auswirken, da die Akzeptanz von Kryptowährungen zunimmt.

Die Schweiz entwickelt eine heimische Kryptowährungs- und Blockchain-Industrie, die sich selbst unter dem Banner “Krypto-Nation” vermarktet. Der Sektor zählt weit über 1’000 Unternehmen, die fast 6’000 Arbeitsplätze bieten.

Eine wachsende Zahl traditioneller Banken wie die Kantonalbanken von Zug, Luzern und St. Gallen sowie die Finanzabteilung der Schweizerischen Post bieten ihren Kund:innen Handels- und Anlagedienste für Kryptowährungen an.

Wie sehen typische Schweizer Bitcoin-Anleger:innen aus?

Die Bitcoin-Handels-App Relai hat in den letzten vier Monaten, in denen sich der Kurs der Kryptowährungen stetig erholt hat, ein Geschäftswachstum verzeichnet.

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Die 300’000 Kund:innen von Relai generieren derzeit ein monatliches Handelsvolumen von 30 Millionen Franken. Die durchschnittliche Einzelinvestition liegt im Bereich von 200 bis 250 Franken, kann aber auch über 10’000 Franken betragen, so CEO Julian Liniger.

Ein typischer Kunde sei männlich, zwischen 25 und 35 Jahre alt und wolle mindestens ein Jahr lang investieren, so Liniger gegenüber SWI swissinfo.ch.

Kryptowährungen können sowohl Faszination als auch Besorgnis hervorrufen. Die rebellische Form des digitalen Geldes wurde als Kampfansage an das etablierte Finanzsystem erfunden und wird oft mit Geldwäscherei und Betrug in Verbindung gebracht.

Die Anerkennung von Bitcoin-ETFs durch die SEC verleiht der Branche mehr Glaubwürdigkeit, sagt Sina Meier von 21Shares Schweiz.

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