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Abkommen von Paris: Das Baby ist geboren und muss nun laufen lernen

Swissinfo Redaktion

Im Dezember 2015 ist der COP21 ein Erfolg gelungen, nämlich die Annahme des Pariser Abkommens. Es war die schnellste Ratifizierung der Geschichte, was die Dringlichkeit des Klimaproblems und den politischen Willen zu handeln illustriert. Innert weniger als einem Jahr haben mehr als 55 Mitgliedstaaten, die für 55% der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, das Abkommen ratifiziert. Am 4. November 2016 konnte es somit in Kraft treten.

Das Abkommen von Paris ist ein schönes Baby. Seine Eltern, die 197 Staaten der UNO-Klimarahmen-Konvention (UN Framework Convention on Climate Change UNFCCC)Externer Link sind  sehr stolz darauf. Nun müssen sie ihm zeigen, wie man  laufen lernt.

Das Pariser Abkommen wird seine ersten Schritte an der 22. Weltklima-Konferenz (COP22) in Marrakesch machen, die vom 7. bis 18. November stattfindet. In diesen zwei Wochen werden die Länder nicht nur über gewisse noch vage Aspekte des Abkommens, sondern auch die Details zu dessen Umsetzung verhandeln.

Und wir alle wissen, dass die Erziehung eines Kindes mit Kontroversen verbunden ist und jeder seine eigenen Methoden hat. Die 197 Staaten müssen also gewisse Kompromisse machen, um dem Abkommen eine erfolgreiche und glückliche Zukunft zu bescheren.

Die nächsten fünf Jahre sind entscheidend

Um das Kind bei seinen ersten Schritten zu begleiten, sind auch mehrere Mitglieder des Vereins Swiss Youth for ClimateExterner Link in Marrakesch anwesend. Wir sind eine Gruppe von 13 jungen Menschen, die sich für die Klimadebatte interessieren und für eine ungetrübte Zukunft einsetzen. Wir erwarten von der COP22 konkrete Fortschritte bei folgenden Themen:

Eines der Hauptziele des Abkommens ist es, den globalen Anstieg der Temperatur auf unter zwei Grad zu begrenzen, wenn möglich auf 1.5°C. Wenn man aber die vorliegenden Versprechen der Staaten zur Reduktion der Treibhausgase betrachtet, ist mit einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von 3 bis 4 Grad zu rechnen.

Das Pariser Abkommen will die Revision seines Engagements ab 2020 umsetzen. Um die Erderwärmung auf 1.5°C zu beschränken, sind jedoch die nächsten fünf Jahre ausschlaggebend. Die Staaten werden über die Modalitäten ihrer Ambitionen vor 2020 an der COP22 diskutieren. Wir erwarten von ihnen, dass sie ihr Engagement nach oben korrigieren. Ansonsten wird das Ziel des Abkommens niemals erreicht.

Auch die von den Teilnehmerstaaten publizierten Versprechen für die Ära nach 2020 müssen zur Sprache kommen. Wichtig ist, dass diese klar und präzis definiert werden. Dies, um einerseits zu garantieren, dass sie vergleichbar sind, aber auch, damit eine globale Bilanz erstellt werden kann. Denn nur mit einem transparenten System können eine wirksame Umsetzung des Abkommens und ein erhöhtes Engagement gewährleistet werden.

Auch die heikle Frage der Finanzierung wird zur Sprache kommen. Die Industriestaaten wollen ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar aufbringen, um den Entwicklungsländern zu helfen, ihre Emissionen zu reduzieren und sich den Klimaveränderungen anzupassen. Wir wünschen, dass diese Gelder vor allem als Entwicklungshilfe eingesetzt werden und deren Mobilisierung transparent gemacht wird.

Unsere Zukunft steht auf dem Spiel

Die grossen Abwesenden des Pariser Abkommens und der COP22 sind die fossilen Energien. Sie sind jedoch der Hauptfaktor des Klimawandels. Eine C02-neutrale Wirtschaft kann sich  nur entwickeln, wenn die fossilen Energieträger eliminiert werden. Dies müssen sich die Staaten vor Augen führen und entsprechend handeln. Diese Vogel-Strauss-Politik muss endlich aufhören.

Das Abkommen von Paris schafft ein solides Fundament, zahlreiche Aspekte müssen aber noch anerkannt, debattiert und verabschiedet werden. Das Baby kriecht, jetzt muss es noch laufen lernen. Unsere Generation und jene, die folgen, werden von den Klimaveränderungen besonders betroffen sein. Es ist also Zeit zu handeln. Wir werden nicht zögern, die verschiedenen Delegationen in Marrakesch daran zu erinnern, auch jene aus der Schweiz.

Wir wünschen uns, dass sie konkrete, verantwortungsvolle und solidarische Verpflichtungen eingehen. Gemäss dem wohlbekannten Sprichwort: “Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.” Und wir wollen aktive Bürger und Bürgerinnen dieses Dorfes sein, denn dessen Zukunft steht auf dem Spiel.

* Swiss Youth for Climate wurde 2015 als politisch unabhängiger Verein gegründet. Während es in zahlreichen anderen Ländern bereits Jugendorganisationen für die Klimapolitik gab, fehlte eine solche in der Schweiz. In ihrer Funktion als Repräsentantin der Schweizer Jugend bei der UNO (YouthRep) beschloss Océane Dayer, eine solche Organisation ins Leben zu rufen. Die Idee einer solchen Organisation stiess auf grossen Anklang. Bereits in der Aufbauphase der Organisation haben wir ein grosses Netzwerk in der Schweiz und im Ausland aufgebaut.

(Übertragung aus dem Französischen: Gaby Ochsenbein)

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