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“Engagierte Neutralität” unter neuer Leitung

Swiss House in Johannesburg, Südafrika.
Das Swiss House, gelegen im Minendistrikt von Johannesburg. Früher Sitz der Grossbank UBS und der Swissair, hat hier die Schweizer Künstlerin Denise Bertschi 2017 die Verbindung von Schweizer Firmen mit den Goldminen vor Ort untersucht. Denise Bertschi

Die kulturellen "Tentakel" der Schweiz umspannen fast die ganze Welt. Indiz ist stets das dezente Logo der Pro Helvetia, der Schweizer Kulturstiftung. Ihr Erfolg ist das Ergebnis einer Strategie, die auf den internationalen Kulturaustausch fokussiert. Auslandsbüros dienen als Schaltstellen, die von lokalen Fachleuten geleitet werden.

Pro Helvetia kann im nächsten Jahr den 80. Geburtstag feiern. Gegründet wurde die Organisation als Arbeitsgruppe, die sich um die “geistige Verteidigung” des Landes gegen Nazideutschland und das faschistische Italien kümmerte. Seit 53 Jahren hat die Stiftung ein offizielles, gesetzlich verankertes Mandat.

Und seit November letzten Jahres hat Pro Helvetia einen neuen Direktor – den Dramatiker und ehemaligen Kulturchef des Kantons Basel-Stadt Philippe Bischof. 

Homme posant avec les bras croisés.
Директор Швейцарского Совета по культуре Про Гельвеция Филипп Бишоф. Keystone

Schon im Jahr vor dem grossen Geburtstag gibt es drei kleinere Jubiläen rund um die Welt zu feiern: Das Verbindungsbüro der Pro Helvetia in Kairo ist 30 Jahre alt, jenes in Johannesburg 20 Jahre und das in Neu-Delhi zehn Jahre alt.

Darüber hinaus gibt es zwei weitere permanente Büros, nämlich in Schanghai (Eröffnung 2010) und Moskau (Eröffnung 2017) sowie ein provisorisches Büro in São Paulo (Brasilien), das Lateinamerika seit Oktober 2017 experimentell erschliesst.

Kundschafter vor Ort

Ein Vergleich mit ähnlichen Institutionen wie dem British Council (Grossbritannien), der Alliance Française (Frankreich) oder dem Goethe-Institut (Deutschland) zeigt: Es gibt grosse Unterschiede darin, wie Pro Helvetia aufgestellt und weltweit aktiv ist. Zentral ist dabei, dass Pro Helvetia eine autonome Institution und als solche an keine “Politik” der Regierung gebunden ist.

Die Auslandsbüros sind schlank organisiert – mit jeweils fünf oder sechs Mitarbeitern – und werden von Einheimischen geführt. Wer in einer der Aussenstellen einen Schweizer Mitarbeiter sucht, wird nicht fündig. Auch dies ist ein Gegensatz zu den britischen, deutschen oder französischen Kollegen.

Engagierte, künstlerische Neutralität

Als Pro Helvetia 1988 in Kairo ihr erstes internationales Büro eröffnete, galten die Regionen ausserhalb der US-europäischen oder sowjetischen Einflussbereiche einfach als “Dritte Welt”. Und obwohl Pro Helvetia stolz darauf ist, in Bezug auf jede Art von offizieller politischer Agenda autonom zu sein, folgte ihre weltweite Strategie den diplomatischen Bemühungen der Schweiz, sich mit vielfältigeren und gegensätzlichen Kulturen auseinanderzusetzen.

An “Crossroads”, einer kürzlich von Pro Helvetia und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit organisierten Konferenz an der Universität Basel, lobten viele ausländische Kulturschaffende und Künstlerinnen und Künstler genau diese Freiheit und Unabhängigkeit, die Pro Helvetia geniesst und auf ihre Partnerinnen und Partner ausdehnt.

Pro Helvetia 2016 in Zahlen & Fakten

87,6% des Budgets von 36,6 Mio. Franken wurden für Kulturprojekte verwendet. Der Anteil der Verwaltungskosten lag mit 12,4 % deutlich unter der von der Schweizer Regierung vorgegebenen Obergrenze von 15%.

2016 bewilligte Pro Helvetia 52% der 4600 eingereichten Gesuche, vor allem in den Bereichen Bildende Kunst, Literatur, Theater, Tanz und Musik. Dazu kamen interdisziplinäre Projekte im Bereich Neue Medien und Technologie.

In der Schweiz förderte Pro Helvetia 1450 Kulturprojekte, die sich auf 200 Gemeinden in allen vier Sprachregionen verteilten.

3900 Projekte entfielen auf das Ausland.

Für das Jahr 2018 rechnet Pro Helvetia mit einem Budget von 40,3 Mio. Franken.

Die Stiftung beschäftigt 94 Mitarbeitende im In- und Ausland.

Neben den Auslandsbüros betreibt Pro Helvetia auch das Centre Culturel Suisse in Paris und finanziert die Kulturprogramme der Swiss Institute in Rom und New York. Pro Helvetia ist auch in der Geschäftsstelle von swissnex in San Francisco präsent.

Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi

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