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«so öppis wie d wahrheit» über Trauer als Ringen mit sich selbst

Keystone-SDA

Wie lässt sich der Weg zurück ins Leben finden, wenn ein geliebter Mensch seines verloren hat? Olga Lakritz’ erster Roman auf Zürichdeutsch, "so öppis wie d wahrheit" , zeigt die Trauer als Ringen mit sich selbst. Der politische Aspekt bleibt allerdings blass.

(Keystone-SDA) Die Trauer taucht die Erinnerung in dichten Nebel. Die namenlose Ich-Erzählerin von «so öppis wie d wahrheit» kann sich nicht entsinnen, was passiert ist, als sie ihren Ex-Freund zum letzten Mal traf. Und er wenig später tot war.

Die in Zürich aufgewachsene und in Biel wohnhafte Autorin Olga Lakritz zeichnet in ihrem zweiten Roman nach, wie eine junge Frau nach einem Schicksalsschlag gegen die aufkommende Depression ankämpft. Sie konsultiert eine Psychotherapeutin, stellt den Kontakt zu Freundinnen wieder her und betrachtet ihre Kindheit neu. Geschickt montiert Lakritz die Therapiesitzungen, Gespräche und zurückkehrenden Erinnerungsfetzen zu einem Gesamtbild, das sich je länger, je klarer zeigt.

Während Lakritz ihr Debüt «Das Ampfermädchen» von 2023 auf Hochdeutsch verfasst hat, schrieb sie ihr neues Werk auf Mundart. Ihre Figuren sprechen Zürcher Dialekt, benutzen Worte wie «chlübe» für «in die Haut kneifen» oder «e bsetzti» für «ein besetztes Haus». Dem Lesefluss tut dies keinen Abbruch.

Fokus Innenleben

Wenn sich der Roman jedoch auf die explizit politische Ebene wagt, vermag er nicht ganz zu überzeugen. Wie erst angedeutet und dann konkreter wird, starb der «linke Aktivist» in den Händen der Polizei, die es aufgrund seiner Hautfarbe auf ihn abgesehen hatte.

Damit öffnet die Autorin ein Themenfeld rund um Rassismus und Racial Profiling, das sie in der Erzählung jedoch nur spärlich ausleuchtet. Die Einblicke in das linksaktivistische Milieu bleiben anekdotisch und schemenhaft.

Hingegen wird das Innenleben der Erzählerin lebhaft geschildert. Bleibend sind die schlagfertigen Wortwechsel mit ihrer Therapeutin, die Rückblicke ins eigene Elternhaus. Hier zeigt die Autorin ihr Können als Spoken-Word-Künstlerin, mit dem sie sich schon in Jugendjahren einen Namen gemacht hat, etwa als U20-Schweizermeisterin im Poetry Slam. Ungeschönt erzählt das Buch von Selbstzweifel und Selbstisolation, aus der sich die Erzählerin heraus kämpft, sich dabei manchmal selbst sabotiert, und trotzdem irgendwie weiter macht.*

*Dieser Text von Ramon Juchli, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.

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