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Sozialhilfe für Auslandschweizer – alles, was man dazu wissen muss

zwei Frauen in Thailand am Strand
Auslandschweizer:innen in Thailand gehören zu den häufigsten Bezügerinnen und Bezügern von Sozialhilfe aus der Schweiz. Oft handelt es sich dabei um Gesuche von Rentnerinnen und Rentnern (Symbolbild). Ralf Tooten / Laif

Schweizerinnen und Schweizer im Ausland stehen vermehrt in der Kritik – zuletzt auch, weil ihnen unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Unterstützung aus der Heimat zusteht. Die Hürden dafür sind jedoch hoch – und die Fallzahlen immer tiefer. Weniger als jedes zweite Gesuch wird bewilligt. 

Die Zahl der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im Rentenalter steigt seit Jahren stark an – von 168’000 auf über 198’000 Personen in den letzten fünf JahrenExterner Link. Viele zieht es wegen des besseren Klimas und der tieferen Lebenshaltungskosten ins Ausland. Die grosse Mehrheit wandert gut vorbereitet aus. Einige jedoch geraten danach in finanzielle oder gesundheitliche Notlagen. 

Ihre Betreuung wird für das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA zur «wachsenden Herausforderung», schrieb der BlickExterner Link. Es handle sich um wenige, dafür umso komplexere Fälle, die den Schweizer Vertretungen vor Ort viel Arbeit machen. Der Ressourceneinsatz sei entsprechend hoch – wird aber weder in den Statistiken noch in den Kosten separat ausgewiesen.  

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Es sind besonders ältere Ausgewanderte, die teils umfassende Unterstützung benötigen, etwa wenn sie schwer erkranken. Dann kann das EDA vor Ort einspringen. Wenn Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in finanzielle Not geraten, leistet die Schweiz in bestimmten Fällen zudem wirtschaftliche Unterstützung: Sozialhilfe.

Die Schweiz hilft – auch über Grenzen hinweg. Am meisten Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe leben in Thailand, in Spanien, auf den Philippinen, in den USA, und in Brasilien.

Weitere hilfreiche Artikel zum Auswandern und Leben im Ausland finden Sie auf unserer Seite «Auswandern leicht gemacht». Offizielle Informationen des Bundes sind auf der Seite des EDA verfügbar, für weiterführende Beratungen steht die Auslandschweizer-Organisation (ASO) zur Verfügung.

Immer weniger Gesuche 

Im Jahr 2024 sind laut dem EDA 239 Gesuche eingegangen. Bei einem Gesuch kann es sich einerseits um Sozialhilfe für eine Einzelperson oder für eine mehrköpfige Familie handeln. Andererseits kann es auch ein Gesuch für eine einmalige Zahlung sein, wie etwa die Finanzierung einer medizinischen Behandlung. 

Dabei ist seit einigen Jahren ein Rückgang an eingereichten Gesuchen feststellbar, heisst es seitens EDA. «Ein möglicher Grund dafür ist, dass rund 75% der Auslandschweizerinnen und -schweizerExterner Link über eine doppelte oder mehrfache Staatsangehörigkeit verfügen. In vielen Fällen tritt die ausländische Staatsangehörigkeit zunehmend in den Vordergrund, was dazu führen kann, dass kein Anspruch mehr auf Sozialhilfeleistungen für Auslandschweizerinnen und -schweizer besteht», erklärt EDA-Sprecher Pierre-Alain Eltschinger.  

Von den 239 Gesuchen wurden im Jahr 2024 lediglich 96 bewilligt, das ist eine Quote von 40%. Seit 2019 ist die Quote stetig gesunken. Insgesamt wurden im Jahr 2024 802’865 Franken ausbezahlt. 

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Vor allem Rentner:innen sind auf Sozialhilfe angewiesen  

Aber auch wer im Aufenthaltsland vom dortigen Staat bereits Sozialhilfe bezieht, bekommt unter Umständen von der Schweiz zusätzliches GeldExterner Link. «Es sind oft ältere Personen, die eine Sozialhilfeunterstützung erhalten, weil die Sozialleistungen des Aufenthaltsstaates nicht oder nur ungenügend vorhanden sind, um die Existenz im Alter zu sichern», sagte das EDA schon vor einiger Zeit gegenüber SWI swissinfo.ch.

Es gibt laut dem auswärtigen Amt aber auch Personen, welche die Gefahren der Auswanderung unterschätzen und ihr Angespartes zu schnell verbrauchen. Dazu kommt, dass nicht alle Länder gute Sozialleistungen haben. Dann würden gemäss EDA folgende Fälle vorkommen: «Personen, die unterstützt werden, weil sie krank werden und keine Sozialleistungen vor Ort beziehen können oder Menschen, die ihre Arbeitsstelle verlieren und ihre Existenz nicht mehr sichern können.»

Der gute Ruf der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer hat in den vergangenen Monaten gelitten – insbesondere während des Abstimmungskampfs zur 13. AHV-Rente, der teils zu regelrechten Verunglimpfungen führte. Nicht selten wurden sie als Profiteur:innen oder gar Schmarotzer:innen beschimpft. (In der Schweizer RevueExterner Link lesen Sie Stimmen aus der Politik dazu.)  

Was dabei oft untergeht: Die meisten im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer haben während Jahren in die Schweizer Sozialwerke eingezahlt. Manche verlassen die Schweiz aus wirtschaftlicher Not. Und: Wer im Ausland finanzielle Unterstützung erhalten will, muss hohe Hürden überwinden.

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Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Melanie Eichenberger

In welchen Fällen sollten Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer Unterstützung aus der Schweiz erhalten und wann nicht?

Schweizerinnen und Schweizer im Ausland stehen vermehrt in der Kritik – zuletzt auch, weil ihnen unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Unterstützung aus der Heimat zusteht.

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Stecken Sie in existenziellen Schwierigkeiten? Folgendes müssen Sie beachten: 

Das sind die Bedingungen 

Wenn Sie als Auslandschweizer:in in Not geraten und Sozialhilfe beantragen müssen, haben Sie einige VoraussetzungenExterner Link zu erfüllen:  

Sie müssen im Auslandschweizerregister eingetragen sein  

Bei Doppelbürgerinnen und Doppelbürgern muss die schweizerische Staatsangehörigkeit vorherrschend sein. Um dies zu bestimmen, wird geprüft, in welchem Land Sie aufgewachsen sind, wie Sie zum Schweizer Bürgerrecht kamen, wie lange Sie nicht mehr in der Schweiz leben und welche Beziehungen Sie zur Schweiz haben.

In einem FormularExterner Link müssen Sie beispielsweise angeben, ob Sie Kontakt zu Schweizerinnen und Schweizern haben, ob Sie Mitglied in einem Schweizer Verein sind oder eine Schweizer Schule besucht haben, ob Sie regelmässig Schweizer Zeitungen lesen oder für welches Land Sie Militärdienst geleistet haben.  

Sie müssen zudem in einer ausgewiesenen Notlage, also nicht in der Lage sein, Ihren Lebensunterhalt im Aufenthaltsstaat selber bestreiten zu können. Ihr Vermögen müssen Sie bis auf einen FreibetragExterner Link  aufgebraucht haben.  

Eine Rückkehr in die Schweiz muss darüberhinaus unzumutbar sein, weil Sie beispielsweise schon lange im Ausland leben oder familiäre Beziehungen dort haben. Falls nicht, kann die Schweiz Ihnen eine Rückkehr nahelegen und die Zahlungen einstellen.  

Das müssen Sie wissen

Dominic Etienne hat an der Universität Fribourg eine rechtswissenschaftliche Seminararbeit zum Thema Sozialhilfe für Schweizer:innen im Ausland verfasst. Mit seiner Hilfe hat die ehemalige SWI-Autorin, Sibilla Bondolfi, 2018 die wichtigsten Punkte für Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen zusammengetragen. Auszüge aus ihrem Text wurden in dem vorliegenden Artikel übernommen und aktualisiert.

So müssen Sie vorgehen  

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer können ein Gesuch bei der zuständigen Schweizer Vertretung einreichen. Ein entsprechendes FormularExterner Link finden Sie auf der Website des Fachbereiches «Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer (SAS)Externer Link» des EDA oder es wird Ihnen von der Vertretung ausgehändigt.

Die Vertretung hilft Ihnen beim Ausfüllen der Formulare. Sie werden auch Belege wie Ausweisschriften, Zivilstandsurkunden, Arztzeugnisse, Lohnausweise, Steuerausweise, Bankauszüge, Mietverträge, Quittungen usw. einreichen müssen.  

Die Vertretung kontrolliert die Unterlagen, erstellt einen Bericht sowie ein Budget und reicht alles der SAS ein, die in Bern über das Gesuch entscheidet.

Es ist nämlich der Bund, der die Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer bezahlt – bei Inländerinnen und Inländern bezahlen im Gegensatz dazu die Kantone. Der Entscheid wird Ihnen von der Schweizer Vertretung vor Ort zugestellt, dies in Form einer Verfügung, die Sie rechtlich anfechten können.

Damit können Sie rechnen  

Wie viel Sozialhilfe Sie erhalten, richtet sich nach «den besonderen Verhältnissen des Empfangsstaates, unter Berücksichtigung der notwendigen LebensbedürfnisseExterner Link» des Auslandschweizers / der Auslandschweizerin.

Das heisst: Auslandschweizer:innen bekommen nicht gleich viel wie Inlandschweizer:innen, die Beträge werden den Lebenshaltungskosten am Wohnort angepasst. Das Geld soll das soziale Existenzminimum decken.Externer Link  

Was zu den notwendigen Lebensbedürfnissen gehört, wurde vereinzelt auch Gegenstand eines Gerichtsstreits. So war beispielsweise eine Schweizerin in Bali der Meinung, dass das budgetierte Haushaltsgeld für sie viel zu knapp berechnet worden sei, unter anderem wegen der Preisentwicklung. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dann festExterner Link, dass eine westliche Ernährungsweise für Auslandschweizer:innen nicht sichergestellt werden müsse. Auch der Schweizer in Thailand, der der Meinung war, er brauche einen Gärtner und dessen Lohn solle von der Sozialhilfe bezahlt werden, blitzte vor Bundesverwaltungsgericht abExterner Link.  

In der Weisung für Sozialhilfe an Auslandschweizer:innenExterner Link finden Sie die Berechnungsmethode sowie eine Auflistung besonderer Kosten, die von der Sozialhilfe übernommen werden.

Darunter fallen zum Beispiel Zahnbehandlungskosten, ein Spitalaufenthalt, Mobiliar oder Reparaturen. Wenn eine Auslandschweizerin oder ein Auslandschweizer in finanzielle Not gerät und in die Schweiz zurückkehren will, übernimmt die Schweiz unter gewissen Bedingungen die Rückreisekosten.

Mit unserer App SWIplus erhalten Sie täglich die wichtigsten Nachrichten aus der Schweiz kompakt zusammengefasst, dazu die Top-Nachrichtensendungen von SRF wie die Tagesschau und das Echo der Zeit sowie sämtliche Berichte über die Entwicklungen in Ihrem Wunschkanton. Erfahren Sie hier mehr über die App.

Und wie weiter?  

Wenn Sie wieder zu Geld kommen, müssen Sie die Sozialhilfe zurückbezahlen. Auslandschweizer:innen unterliegen der Rückerstattungspflicht, wenn sie bzw. ihre Familie nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen und ein angemessener Lebensunterhalt gesichert ist. Dabei sei es laut EDA unerheblich, ob dies durch Erhalt von Sozialversicherungen (AHV, IV), Einkommen oder Vermögensanfall (z.B. Erbe) geschieht. 

Das Gesetz sieht für die Rückerstattung weder eine Frist noch eine Verzinsung vor. Die SAS überprüft periodisch, ob eine solche möglich ist. Sie orientiert sich dabei an den Richtlinien der Schweizer Konferenz öffentlicher Sozialhilfe (SKOS)Externer Link.  Nach zehn Jahren verjährt die Forderung. Die SAS kann auch vorher darauf verzichten, wenn «es die Umstände rechtfertigen».  

«Viele Schweizer KantoneExterner Link verzichten zwischenzeitlich auf eine Rückforderung von Sozialhilfeleistungen bei Einkommen. Somit unterliegen die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer strengeren Rückerstattungskriterien als Personen in der Schweiz», schreibt das EDA auf Anfrage. 

Bei Auslandschweizer:innen und Auslandschweizern nimmt die Vertretung vor Ort die nötigen Abklärungen für eine allfällige Rückforderung vor. Bei den in die Schweiz zurückgekehrten Personen ist es der Fachbereich SAS.

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