Berner Regierung begrüsst gemeinnützige Arbeit anstatt Gefängnis
Vermehrt gemeinnützige Arbeit anstatt Ersatzfreiheitsstrafen: Die Berner Regierung unterstützt einen Vorstoss, der so die übervollen Gefängnisse entlasten will. Stimmt auch das Parlament zu, wird der Kanton Bern eine Standesinitiative einreichen.
(Keystone-SDA) Können oder wollen Personen eine Geldstrafe oder Busse nicht bezahlen, müssen sie ins Gefängnis und eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verbüssen. Die Gefängnisse im Kanton Bern sind auch deswegen mehr als voll belegt. Gemäss der Regierung betrug die Auslastung der Regionalgefängnisse des Kantons Bern in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres rund 127 Prozent.
Oriana Pardini (SP) will das mit Ratskolleginnen und -kollegen aus SP, Mitte, FDP, SVP, GLP und Grüne ändern. Ersatzfreiheitsstrafen würden überproportional Menschen in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen betreffen und nicht zur Resozialisierung beitragen, schreibt Pardini in ihrer Motion. Gleichzeitig würden solche kurzen Freiheitsstrafen die Gefängnisse überproportional stark belasten und den Kanton viel kosten. Ein sicherheitspolitischer Nutzen sei aber nicht ersichtlich.
Das Strafgesetzbuch schliesst den Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe in Form von gemeinnütziger Arbeit allerdings aus, ist die Strafe einmal ausgesprochen. Eine flexible Handhabung könnte zur spürbaren Entlastung der Gefängnisse führen, ohne den Strafzweck zu gefährden, argumentiert Pardini. Der Kanton würde zudem einen zweistelligen Millionenbetrag sparen.
Regierung kann aktuelle Praxis nicht verstehen
Pardini und ihre Mitstreitenden forderten die Kantonsregierung mittels einer Motion auf, bei den Bundesbehörden eine Standesinitiative einzureichen, die eine Änderung der gängigen Praxis vorsieht. Die Regierung zeigt sich dem Anliegen gegenüber offen, wie aus seiner am Montag veröffentlichten Antwort hervorgeht.
Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Ersatzfreiheitsstrafen von verurteilten Personen nicht mehr in gemeinnützige Arbeit umgewandelt werden könnten. Auch sei nicht logisch, dass Ersatzfreiheitsstrafen mit elektronischer Fussfessel vollzogen werden könnten, jedoch nicht mit gemeinnütziger Arbeit.
Damit die Regierung eine Standesinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuchs einreichen kann, muss nun noch der Grosse Rat zustimmen.
Gemäss der Bundesverfassung steht jedem Kanton das Recht zu, der Bundesversammlung eine Initiative zu unterbreiten. Ein Kanton kann mit dieser vorschlagen, dass eine Kommission einen Entwurf für einen Erlass der Bundesversammlung ausarbeitet.