«Bye, bye – bis bald im australischen Sommer»
Wie gründe ich eine eigene Firma? Die Schweizer Austauschschülerin Lisa Christen (17) startet an ihrer neuen Schule mit einer Projektwoche. Das ist nicht einfach.
Lisa Christen mit ihrem vorläufig letzten Bericht. Denn jetzt beginnen in Australien die Frühlingsferien. (Teil 11)
Und wieder hatte ich einen grösseren Schritt zu machen. Es fiel mir nicht leicht, mich wieder auf eine neue Schule und neue Leute einzustimmen. Ich hatte nach all den Ereignissen der letzten zwei Monaten gemischte Gefühle darüber, wie die neue Schule sein würde. Ich musste mich ziemlich zusammennehmen und versuchte, eine positive Einstellung zu gewinnen.
Businessweek ist «Muffiweek»!
Der Principal der Turramurra High School erzählte mir, dass nach den Prüfungen nun in der letzten Woche vor den Ferien eine Businesswoche abgehalten würde. Er riet mir, mit meinem Start bis nach den Ferien zu warten. Die Schüler seien müde von den Prüfungen und hätten nur noch die Ferien vor Augen.
Ich wollte aber nicht noch einmal drei Wochen zu Hause bleiben, sondern endlich neue Bekanntschaften machen. Deshalb entschloss ich mich, trotzdem zur Schule zu gehen.
Mein erster Schultag an der Turramurra High School war nicht schlecht. Ein französischer Austauschschüler führte mich ein wenig herum. Ich landete prompt in seiner Gruppe. Die Leute begrüssten mich freundlich. Meine neue Schuluniform konnte ich jedoch nicht einweihen, denn Businessweek ist «Muffiweek»: Man kann sich anziehen wie man will. Ich werde die Uniform also erst nach den Ferien tragen, als Schülerin der Abschlussklasse (Year 12).
Jeden Tag dieselben sechs Fächer
Das Schulsystem ist total anders als in der Schweiz. Die Australier starten zwei Jahre früher als wir und schliessen mit 17 oder 18 Jahren die Schule ab. Je nach Noten gehen sie dann zur Universität. Es gibt keine Abstufungen wie Sekundarschule und Gymnasium. Alle Schüler gehen nach der 6. Primarschule zur High School. Für einen Berufslehre sind lediglich zehn Schuljahre nötig. Entsprechend steigen viele nach dem «Year 10» aus.
In Turramurra stehen am Vormittag ab 8.45 Uhr zwei Lektionen an, dann gibts 20 Minuten Pause und anschliessend nochmals zwei Lektionen bis zur Mittagspause. Danach folgen weitere zwei Lektionen bis 15 Uhr. Es ist in Australien üblich, dass die Schülerinnen und Schüler im elften und zwölften Schuljahr jeden Tag dieselben sechs Fächer besuchen. Soviel ich weiss, muss meine kleine Gastschwester Mary (12) mehr Fächer belegen, allerdings nicht jeden Tag.
Klamottenfrage simpel gelöst
Am Mittwoch werde ich zudem nicht mehr schulfrei haben. Die Schule scheint mir einiges strikter zu sein als in Lithgow. Sie macht einen seriösen Eindruck. Vielleicht liegt es an den strengen Uniformen, die ich eigentlich ganz witzig finde. Vor allem muss ich mir nicht mehr den Kopf zerbrechen, was ich anziehen soll. Da spare ich am Morgen in der Tat etwas Zeit…
Die Turramurra High School ist eine Internationale Schule. 25 Prozent der Schüler kommen aus Asien. Auch sind hier sehr viele Halb-Holländer, Halb-Tschechen, -Italiener, -Russen, -Amerikaner etc. anzutreffen. Ich habe sogar einen Halb-Schweizer kennen gelernt, der asiatisch aussieht und nur Englisch spricht. Die Asiaten würden immer während der Schule schlafen, wird mir erzählt. Dennoch seien sie sehr clever, obwohl sie nicht gut Englisch sprechen würden.
Erster Preis für Video-Clip
In der Businesswoche mussten wir eine eigene Firma gründen und führen. Mit unserem eigenen Produkt traten wir gegen neun andere Teams an. Es war sehr kompliziert und anspruchsvoll. Deshalb teilten wir uns in die Gruppen Marketing, Operation und Corporate ein. Auch der Chief Executive Officer (CEO) durfte natürlich nicht fehlen.
Zu Beginn ging es um Investitionen. Ich konnte nicht so ganz folgen, denn es war eine sehr trockene Materie. Richtig spannend wurde es bei den Variationen der Finanzen, da wir aufgrund einer Vergleichstabelle die Finanzlage der anderen sehen konnten.
Als es dann um die Aufmachung unseres Produktes ging, wurde es ziemlich lustig. Ich machte mit einem Schullkollegen meiner Gruppe einen Video-Clip für unser Produkt, einen Energiedrink. Ich fand den Clip ziemlich peinlich. Doch unsere Gruppe bekam sogar ein Zertifikat für den besten Clip und die beste Teamarbeit. In finanziellen Belangen lagen wir jedoch nicht vorne.
Alles in allem fand ich die Woche gut und gelungen. Ich lernte, dass es ziemlich viel braucht, um ein eigenes Geschäft zu führen, und dass gutes Teamwork sehr wichtig ist.
«Ich melde mich wieder – aus dem australischen Sommer»
Nun ist diese erste Woche auch schon vorbei und zwei Wochen Ferien stehen vor mir. Genaue Ferienpläne habe ich noch nicht. Jedoch werde ich bestimmt mit irgend jemanden einige schöne Orte in Sydney ansehen.
Da wir hier bereits sommerliches Wetter haben, ruft natürlich auch die «Beach». Vielleicht werde ich auch mal über die Harbour-Bridge klettern. Allerdings muss ich mich dann zuerst zwei Stunden langen Vorbereitungen und Tests unterziehen.
Ich werde wahrscheinlich auch einige Dinge mit Leuten aus meiner Schule unternehmen und mit meiner Gastfamilie für zwei bis drei Tage ans Meer in ein Ferienhaus einer Freundin meiner Gastfamilie gehen.
Es ist Frühling. Das Leben kehrt buchstäblich zurück. Ich melde mich im Sommer wieder. Bis dann.
swissinfo, Lisa Christen
(bearbeitet von Thomas Vaszary)
Lisa-Deborah Christen (17) lebt zusammen mit ihrer Mutter Elsbeth (53) und den Brüdern Albrecht (23) und Basil (20) in Hergiswil im Kanton Nidwalden. Vater Hans starb im Jahr 2000.
Lisa geht am Kollegium St. Fidelis in Stans NW zur Schule.
Anfang August beginnt Lisa ihr Austauschjahr bei der Familie Coleman in Portland, Australien.
Unerwartet kommt es nach wenigen Wochen zum Eklat: Lisa verlässt die Familie Coleman und zieht nach Perth zu einer Auslandschweizerin, die sie über swissinfo kennen gelernt hat.
Seit dem 9. September lebt Lisa bei der Familie Messina in Mount Kuring Gai. Die drei Kinder heissen Katerina (19), Carlo (17) und Mary (12). Zusammen mit Mary besucht Lisa die Turramurra High School.
Die 17-jährige Lisa Christen aus Hergiswil NW geht für ein Jahr lang als Austausch-Schülerin nach Australien.
Zuerst lebte sie inn Portland, New South Wales, 250 Kilometer von Sidney entfernt.
Sie verliess jedoch mit dem Einverständnis ihrer Mutter die Gastfamilie. Nach einem «Erholungs-Urlaub» ist sie nun in der Nähe von Sydney, bei der Familie Messina in Mount Kuring Gai.
In ihrem Online-Tagebuch auf swissinfo.ch erzählt Lisa nun vorläufig zum letzen Mal von ihren Erwartungen, Erfahrungen und Begegnungen mit den Menschen im Land ihrer Träume.
Wer mit Lisa Kontakt aufnehmen möchte, erreicht sie unter lisachristen86@gmx.ch.
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