BP: Ölpest beschert Rekordverlust – Vorstandschef tritt ab (2. Zus)
LONDON (awp international) – Der Energiekonzern BP hat wegen Milliardenkosten für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko erstmals seit 1992 rote Zahlen geschrieben. Der umstrittene Vorstandchef Tony Hayward gibt zum 1. Oktober seinen Spitzenposten ab und übernimmt eine andere Aufgabe bei BP. Nachfolger wird der Amerikaner Robert Dudley, der als erfolgreicher Krisenmanager gilt. Von März bis Juni erzielte BP einen Rekordverlust von 17,2 Milliarden Dollar (13,2 Mrd Euro). Das Ölleck soll nun Anfang August endgültig gestopft sein.
Der Aufsichtsrat des Londoner Konzerns habe mit Hayward den Rücktritt «in gegenseitigem Einvernehmen» vereinbart, teilte BP am Dienstag in London mit. Aufsichtsratschef Carl-Henric Svanberg sei jedoch «tieftraurig» über diesen Schritt. Hayward bleibt bis Ende November im Vorstand. Er soll dann beim russisch-britischen Joint Venture TNK-BP Aufsichtsratsmitglied werden. Als Abfindung bekommt der 53-jährige Brite ein Jahresgehalt in Höhe von 1,045 Millionen Pfund (1,246 Mio Euro). Anschliessend beträgt seine Rente 600 000 Pfund jährlich. Ausserdem hat er noch Aktienoptionen.
Seit der Explosion der BP-Ölbohrinsel «Deepwater Horizon» am 20. April mit elf Toten wurde dem Konzern vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen die Ölpest vorzugehen. Hayward scheiterte in seiner Rolle als Chefaufräumer und Problemlöser. Svanberg erklärte die Explosion zum «Wendepunktereignis» in der 102-jährigen Firmengeschichte.
Dudleys Aufgaben sind es, den beschädigten Ruf des Konzerns zu reparieren und eine drohende Übernahme zu verhindern. Von ihm wird erwartet, die Verstimmungen mit der Regierung und der Bevölkerung in den USA zu bereinigen. Der 54-Jährige aus dem US-Bundesstaat Mississippi hatte von Hayward vor einiger Zeit bereits die operative Leitung bei der Bekämpfung der Ölpest übernommen.
In dem Rekordverlust sind 32,2 Milliarden Dollar für die Kosten der Ölpest enthalten. Darin enthalten sind die Ausgaben für die Eindämmung der Katastrophe seit der Explosion der Bohrinsel bis Ende Juni. BP verrechnete bezahlte und abschätzbare Verbindlichkeiten sowie die Einzahlung in einen Entschädigungsfonds. In diesen Fonds will BP auf Drängen von US-Präsident Barack Obama in den kommenden dreieinhalb Jahren 20 Milliarden Dollar einzahlen.
Es könnten weitere Verbindlichkeiten hinzukommen, weil BP im abgelaufenen Quartal nicht alle erwarteten Kosten berücksichtigte. «Das Ausmass und die Zeitspanne für mögliche Verpflichtungen in Bezug auf die Ölpest im Golf von Mexiko sind einem sehr hohen Grad an Unsicherheit ausgesetzt», hiess es im Quartalsbericht.
Um die Kosten wieder auszugleichen, will BP in den kommenden 18 Monaten Unternehmensteile im Wert von bis zu 30 Milliarden US-Dollar verkaufen, vor allem Öl- und Gasfelder. In der vergangenen Woche hatte BP bereits Vermögenswerte in Texas, Kanada und Ägypten an den US-Öl- und Gasförderer Apache für sieben Milliarden US-Dollar verkauft.
Die beschädigte Ölquelle soll nun Anfang nächsten Monats endgültig gestopft sein. Am 2. August will BP erneut Schlamm und Zement in das Bohrloch pumpen. Etwa fünf Tage später sei dann geplant, die Quelle durch eine Entlastungsbohrung abzudichten. Auch im Erfolgsfall werde noch über Wochen hinweg Öl an Land geschwemmt.
Aus Protest gegen BP blockierte unterdessen die Umweltorganisation Greenpeace einige Standorte des Energiekonzerns. In London seien an rund 50 Tankstellen die Zapfsäulen stillgelegt worden, teilte Greenpeace am Dienstag mit. BP sprach von lediglich 20 Tankstellen. Einige Aktivisten demonstrierten auch vor der deutschen BP-Zentrale in Bochum.
Greenpeace forderte den Stopp von Ölbohrungen unterhalb einer Wassertiefe von 200 Metern. Die Umweltschützer wollen mit einem Schiff in den Golf von Mexiko aufbrechen, um Daten und Informationen über die Auswirkungen der grössten US-Ölkatastrophe zu sammeln./dö/DP/edh