
Westen verteidigt Konsens

Entwicklungs-Länder und NGOs kritisieren die Ergebnisse der UNO-Entwicklungs-Konferenz. Westliche Politiker - auch Aussenminister Deiss - verteidigen den "Monterrey-Konsens".
Die UNO-Entwicklungskonferenz hat ihren umstrittenen «Monterrey-Konsens» zur Bekämpfung der weltweiten Armut verabschiedet. Das Papier wurde am Freitag unter dem Applaus der Staats- und Regierungschefs aus rund 60 Staaten angenommen.
Der «Monterrey-Konsens» enthält sechs so genannte Handlungsachsen – darunter die teilweise Entschuldung von Entwicklungsländern und die Bereitstellung finanzieller Hilfen.
Bundesrat Deiss zieht positive Bilanz
Der Schweizer Aussenminister Joseph Deiss hat über die Entwicklungskonferenz in Monterrey eine positive Bilanz gezogen. Er zeigte sich am Freitag überzeugt, dass Monterrey einen frischen Wind in die Entwicklungs-Zusammenarbeit bringen werde. Das Abkommen von Monterrey sei mehr als ein blosses Dokument.
Die Schweiz hat im Bereich des internationalen Handels eine konkrete Initiative lanciert, um den finanziell schwachen und in Genf nicht vertretenen Ländern den Zugang zur Welthandels-Organisation (WTO) zu erleichtern.
Die bis jetzt ausschliesslich von der Schweiz finanzierte Agentur für Zusammenarbeit und Information für den Internationalen Handel (ACICI) soll bis Ende Juni 2002 in eine zwischenstaatliche Organisation umgewandelt werden. Dadurch könnten ihre Dienstleistungen ausgeweitet werden. Verschiedene Länder hätten sich bereit erklärt, sich an der Finanzierung zu beteiligen, sagte Deiss.
«Aus Schweizer Sicht hat sich gezeigt, dass sich unsere Entwicklungsarbeit gut in die allgemeine Tendenz einfügt», sagte Deiss weiter. Die in Monterrey besprochenen Schwerpunktthemen würden auch in der Schweiz seit Jahren diskutiert.
Frankreich für mehr Entwicklungshilfe
US-Präsident George W. Bush sagte, mit Hilfe von Reformen sollten die armen Nationen ein solches Wachstum erreichen, dass sie bald keine Hilfe mehr bräuchten. Bush erinnerte daran, dass seine Regierung die Entwicklungshilfe bis 2006 um 50 Prozent erhöhen werde.
«Dies sind Mittel, die in Projekte von Ländern gehen, die gerecht regieren, in ihre Menschen investieren und die wirtschaftliche Freiheit fördern», sagte Bush. Entwicklungsländer bräuchten einen ungehinderten Zugang zu den Märkten des Nordens. «Wenn der Handel zunimmt, ist es keine Frage, dass die Armut abnimmt», sagte Bush.
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hatte sich für die Vorgabe der UNO stark gemacht. Diese fordert, dass die reichen Länder innerhalb eines Jahrzehnts 0,7 Prozent ihres Bruttosozialproduktes (BSP) für Entwicklungshilfe ausgeben.
Kritik armer Länder und NGOs
Der venezolanische Präsident Hugo Chávez forderte im Namen der G-77-Staaten Sofortmassnahmen zur Bekämpfung der Armut. Chávez kritisierte, zwischen Geber- und Nehmerländern herrsche keinerlei Übereinstimmung in Fragen der Entschuldung und konkreter finanzieller Hilfen.
Der kubanische Staatschef Fiedel Castro, der den UNO-Gipfel aus Protest vorzeitig verliess, warf den Industriestaaten vor, ihre traditionellen Hilfszusagen nicht einzulösen. Die kubanische Führung wollte sich dem «Monterrey-Konsens» nicht anschliessen.
Schweizer Kritik
Die Schweizer NGOs kritisierten den Konsens in einer Medienmitteilung als «schwach und unverbindlich». Um den Graben zwischen Arm und Reich zu verringern und die Umwelt besser zu schützen, brauche es mehr als nur geringfügige Verbesserungen am vorherrschenden Wirtschaftsmodell.
Der Ankündigung der USA, ihre Entwicklungshilfe aufzustocken, hielten sie im Communiqé entgegen, dass «die USA mit dem beschämenden Anteil der Entwicklungshilfe von 0,12 Prozent des BSP unter den Schlusslichtern der OECD-Staaten rangieren.»
Demonstrationen
In Monterrey kam es erneut zu Demonstrationen von Globalisierungs-Kritikern. Etwa 8000 Menschen, wie von den Veranstaltern geschätzt, zogen friedlich auf den zentralen Platz der nordmexikanischen Industriestadt.
Auf Spruchbändern forderten sie mehr Hilfe für die armen Länder. Zudem kritisierten sie US-Präsident Bush wegen seiner Ankündigung, die US-Entwicklungshilfe an zahlreiche Bedingungen zu knüpfen.
swissinfo und Agenturen

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