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Beliebter Anlagefonds in Schwierigkeiten – dieser Fall zeigt wenig bekannte Risiken

Geld von mutmasslich hunderten oder tausenden Kunden blockiert
Geld von mutmasslich hunderten oder tausenden Kunden blockiert Keystone

Anlagefonds sind in der Schweiz beliebt – rund 1600 Milliarden Franken sind in solche Anlagen investiert, auch von Personen mit kleineren Anlagebeträgen. Doch was passiert, wenn etwas schiefläuft? Ein Beispiel zeigt: Kund:innen werden schnell allein gelassen.

Markus meldet sich bei SRF: Er habe ein Problem. Seit 20 Jahren, seit der Geburt seiner Kinder, investierten er und seine Frau Geld in einen Anlagefonds. Inzwischen seien es 70’000 Franken. Nun wollte er einen Teil des Geldes beziehen, um das Studium der Kinder zu finanzieren. Dann der Schock: Seine Bank «Cash – banking by bank zweiplus» teilt ihm mit, das Geld sei blockiert. Es gebe ein Problem mit der Bewertung.

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Er müsse sich keine Sorgen machen, es betreffe nur 16 Prozent des Vermögens. Nun macht sich Markus erst recht Sorgen. Seit über fünf Monaten ist der Handel der Fondsanteile ausgesetzt. Betroffen sind wohl Hunderte oder gar Tausende von Kundinnen und Kunden, genaue Zahlen gibt es nicht. 

In einem Schreiben vom April teilt «Cash – banking by bank zweiplus» den betroffenen Kundinnen und Kunden mit, es seien zwei Anlagefonds betroffen.

Schlechte Nachrichten: Der Handel der Anteilsscheine wird ausgesetzt – das Geld ist somit blockiert.
Schlechte Nachrichten: Der Handel der Anteilsscheine wird ausgesetzt – das Geld ist somit blockiert. SRF

Der Handel der Fondsanteile sei suspendiert worden – die betroffenen Kundinnen und Kunden müssten sich bei der für die Verwaltung des Anlagefonds zuständigen Gesellschaft in Luxemburg melden, bei der Ci Fund Services. Diese sei für die beiden Anlagefonds «Alpina Best Select Equity» und «Alpina Best Select Portfolio» zuständig.

«Cash – banking by bank zweiplus» ist ein Joint Venture zwischen dem Medienhaus Ringier und der Bank Zweiplus, die zu Sarasin gehört. Die Gesellschaft wurde vor 14 Jahren gegründet.

Cash war ursprünglich eine bekannte Wirtschaftszeitung, wurde dann zum Finanzportal für Wirtschaftsnachrichten. Cash.ch bietet zusammen mit der Partnerbank Zweiplus auch direkten Zugang zum Börsenhandel und zu Finanzanlagen. Die Gesellschaft wurde vor allem auch für Kleinanleger:innen gegründet.

Plötzlich ist niemand zuständig

SRF hat bei Ci Fund Services nachgefragt, beim Chef. Dieser gibt den Ball weiter, an den Verwaltungsrat. Und dieser wiederum schaltet eine grosse Kommunikationsagentur in Zürich ein.

Entsprechend bleiben die Antworten vage und die wichtigsten Fragen offen. Wie kann es sein, dass ein Aktien-Anlagefonds monatelang vom Handel ausgesetzt wird? Weshalb wurde der zuständige Portfoliomanager ausgewechselt? Inwiefern hat sich der Fonds verspekuliert und wie lange dauert es, bis alle Kundinnen und Kunden wieder an ihr Geld kommen? Antworten wären gefragt, auch weil der Kurs des Anlagefonds bereits wenige Tage vor dem Handelsstopp um mehr als zehn Prozent in die Tiefe rauschte.

Die für die Fonds verantwortliche Finanzgesellschaft hat ihren Sitz in Munsbach, einem kleinen Dorf beim Flughafen von Luxemburg. Zuständig sind deshalb nicht die Schweizer Behörden, sondern die Finanzaufsicht in Luxemburg. Mit anderen Worten: Markus steht im Regen. Die Bank Zweiplus wiederum hält auf schriftliche Anfrage fest, sie sei nie der Fondsmanager dieser Fonds gewesen. Die Bank habe ihren Kunden diese Fonds weder empfohlen noch sie dazu beraten.

Die Lehren aus dem Fall

Ein von SRF kontaktierter Jurist und Anlageexperte zeigt sich verwundert: Dass ein Aktienfonds auf 16 Prozent illiquider Mittel sitze, sei speziell. Es müsse zu einem Vorfall gekommen sein. Der Anlageexperte wundert sich, dass es dazu kaum Informationen gibt.

Über die Gründe für die Neubewertung eines Teils der Anlagen kann nur spekuliert werden. Die Fondsgesellschaft spricht von drei illiquiden Anlagen, mit einem Wert von weniger als 16 Prozent des Nettoinventarwerts des Portfolios.

Möglich ist, dass sich der Portfoliomanager verspekuliert hat und das Geld in irgendwelche Anlagen investiert hat, die nicht kompatibel sind mit dem Fonds und die sich nicht ohne Weiteres veräussern lassen. Allenfalls muss ein Käufer gefunden werden und dann muss ein Preis der Anlage ausgehandelt und festgelegt werden. Bei Immobilienfonds sind solche Fragen der Bewertung häufiger ein Thema, bei Anlagen in Aktien hingegen eher selten.

Das weitere Vorgehen, also dass der Handel gestoppt worden sei, sei nachvollziehbar, sagt der Jurist. Es sei an der Gesellschaft in Luxemburg, die Anlegerinnen und Investoren zu informieren. Die Gesellschaft «Cash – banking by bank zweiplus» habe in diesem Fall nur eine vermittelnde Rolle – es gebe für die Bank keine Pflicht, sich aktiv einzuschalten. Dem Kunden bleibe nichts anderes übrig, als abzuwarten.

Der Fall von Markus zeigt: Anlagefonds sind zwar etabliert. Wenn aber etwas schief läuft, dann steht man sehr schnell alleine da.

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