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Tessin: das Herz des weltweiten Goldhandels

Die Schweiz ist die weltweite Drehscheibe für Gold. Fast 50% des Edelmetalls werden über die Schweiz transportiert und vor allem im Tessin veredelt. Während der Preis für eine Unze Gold in die Höhe schnellt, glänzt dieser strategische Sektor mehr denn je auf der internationalen Bühne.

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Ein grosser Teil des weltweiten Goldhandels wird im Südtessin abgewickelt – drei der fünf in der Schweiz tätigen Edelmetallraffinerien sind hier angesiedelt.

Diese hochsicheren Anlagen arbeiten auf Hochtouren, angetrieben von einer stark steigenden weltweiten Nachfrage. Das internationale geopolitische Klima, das von Spannungen und Unsicherheiten geprägt ist, steigert die Attraktivität des «sicheren Hafens» Gold noch weiter.

Eine der Tessiner Raffinerien sorgte kürzlich für Schlagzeilen: Valcambi, das grösste der drei Unternehmen im Kanton, trat aus der Swiss Better Gold Association aus, in der die wichtigsten Akteure der Branche nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und der Rückverfolgbarkeit zusammengeschlossen sind.

Bereits 2023 hatte das Westschweizer Fernsehen RTS die zweifelhaften Lieferketten von Valcambi aufgedeckt.

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Eintauchen in «die verantwortungsvollste Raffinerie des Planeten»

In Mendrisio im Südtessin verbirgt sich hinter hohen Mauern und Stacheldraht auch eine der symbolträchtigsten Raffinerien des Goldsektors: Argor-Heraeus. Sie wird ständig von einem dichten Netz von Kameras überwacht und jede Tür lässt sich erst nach einer strengen elektronischen Kontrolle öffnen.

Diese Hochsicherheitsanlage, in der jedes Gramm Gold gescannt, analysiert und identifiziert werden kann, ist laut ihrem Leiter Robin Kolvenbach Weltmeister in Sachen Ethik und Rückverfolgbarkeit von Gold.

«Grundsätzlich gibt es keinen Goldsektor, der frei von Konflikten ist. Daher ist es unser Ziel, die verantwortungsvollste Raffinerie der Welt zu sein», sagte er am Montag gegenüber RTS.

Sein Credo ist die absolute Rückverfolgbarkeit, die auf umfangreichen forensischen Analysen beruht. «Wir kennen die Herkunft, die chemischen Faktoren  von jedem Gramm Gold, das zu uns gelangt. Durch die Untersuchung von etwa 40 Bestandteilen können wir die Herkunft des Goldes genau bestimmen. Wir verfolgen auch sehr genau alle Informationen, die unsere Partner betreffen.»

In den Gängen warten Paletten mit Barren und Behälter mit Goldgranulat auf ihre Verarbeitung. Hier verlassen jeden Tag mehrere Tonnen Gold die Werkstätten. Eine schwindelerregende Realität, wenn man bedenkt, dass man etwa eine Tonne Erz benötigt, um ein einziges Gramm Gold zu gewinnen.

Geschworener Prüfer, ein einzigartiger Beruf

Weiter oben im Gebäude ändert sich die Atmosphäre drastisch, wenn man das Analyselabor betritt, einen stillen, hochspezialisierten Raum. Hier arbeiten die vereidigten Prüfer, ein in der Schweiz einzigartiger Beruf.

Diese vom Bund und der Eidgenössischen Edelmetallkontrolle vereidigten Expertinnen und Experten haben die Aufgabe, die Echtheit von Metallen zu garantieren, die in die Schweiz importiert oder hier verarbeitet werden.

Zu ihnen gehört auch Simone Marsan, einer der besten seiner Zunft. «Wir führen jeden Tag etwa 1000 Analysen durch. Sieben Personen wechseln sich bei dieser Arbeit ab. Es gelingt uns, die gesamte Kette zu bestimmen. Wir überprüfen die Angaben der Herkunftsmine, das heisst, ob die gemachten Angaben korrekt sind», sagt er.

«Eine Kontrolle, die es mir dann ermöglicht, das Material zu authentifizieren und jede zweifelhafte Herkunft auszuschliessen. Dank dieser Maschinen können wir mit unseren Analysen zum Beispiel überprüfen, ob Quecksilber verwendet wurde, was wir nicht wollen.»

Nach dieser Reise in die ultra-kontrollierte Welt des Schweizer Goldes erinnert der Gang durch den Metalldetektor und das Bürsten der Sohlen daran, dass hier nichts das Gelände verlässt, ohne überprüft zu werden. Nicht einmal ein Milligramm.

Warum konzentrieren sich die Fabriken im Süden des Tessins? Die Antwort ist historisch bedingt. In den 1950er-Jahren gingen etwa 80% des weltweiten Goldes an italienische Schmuckfabriken, vor allem in Vicenza und Arezzo.

Die Nähe zu diesen Produktionszentren und die strengen Kontrollen machten das Tessin zu einer Drehscheibe der Branche, die es auch heute noch ist.

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Übertragung aus dem Französischen: Giannis Mavris

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