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Dokfilm zeigt Ende des Herisauer Traditionsunternehmens Cilander

Keystone-SDA

Das Ende der Herisauer Traditionsfirma AG Cilander bewegt weiterhin. Weil das Interesse an einem Film über die Schliessung des Textilunternehmens bei der Premiere so gross war, wird dieser an weiteren Abenden im Dezember in Ausserrhoder Kinos zu sehen sein. In der Dokumentation blickt der ehemalige Chef auf die letzten Tage des Unternehmens.

(Keystone-SDA) Eigentlich hätte es ein ganz anderer Film werden sollen. Der Herisauer Filmemacher Andreas Baumberger hatte den Auftrag, die Produktepalette des 1814 gegründeten Textilveredlers AG Cilander in einem Film festzuhalten. Eine «eher nüchterne Fleissarbeit», sagte Baumberger der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Doch es kam anders.

Die Cilander teilte Anfang 2024 mit, dass das Unternehmen nach über 200 Jahren schliessen werde. Im Herbst desselben Jahres war Baumberger mit einem Team vor Ort für den Film über die Produkte der Firma und fand bereits halbleere Produktionshallen vor. «Plötzlich merkte ich, dass es mindestens so viel Wert hat, den Prozess der Schliessung festzuhalten.»

Somit entstand nebst dem Film über die Cilander-Produkte ein zweiter über die Betriebsschliessung mit einer «teilweise traurigen, nostalgischen Stimmung». Eine Dokumentation aus Sicht zweier Geschäftsleitungsmitglieder, so Baumberger.

Konkurrenz aus Asien macht Druck

Die Premiere des Films Mitte November ist geglückt. Die drei Vorstellungen an zwei Abenden in Herisau waren schnell ausverkauft. Nun haben Interessierte eine neue Chance, den Dokfilm zu sehen. Am 2. sowie am 9. Dezember läuft «Cilander» nochmals im Cinétreff in Herisau. Am 18. Dezember wird er im Kino Rosenthal in Heiden zu sehen sein.

Im Film zu Wort kommen der damalige Geschäftsführer Burghard Schneider sowie der ehemalige Betriebsleiter Stefan Walser, der noch vor der angekündigten Betriebsschliessung in die Pension gegangen war. Die beiden ehemaligen Geschäftsleitungsmitglieder erzählen aus ihrer Sicht, was zum Konkurs geführt hatte.

Immer wieder kommen Schneider und Walser auf die Konkurrenz aus Asien zu sprechen. Lange Zeit verschrien, hätten einige Unternehmen im asiatischen Raum heutzutage modernste Maschinenparks und böten ebenfalls gute Qualität. Die Cilander habe zwar über Jahrzehnte hinweg mehr geboten als die Konkurrenz. Die Kundinnen und Kunden seien letztlich aber nicht mehr bereit gewesen, für dieses Extra an Qualität zu bezahlen. Dem Preisdruck aus dem Ausland standzuhalten, sei immer schwieriger geworden.

Hitze und Lärm gehören der Vergangenheit an

Diese und viele weitere Gründe besprechen Walser und Schneider in den verschiedenen Fabrikhallen am Standort Herisau. Wo sonst dutzende Mitarbeitende in Spitzenzeiten im Dreischichtbetrieb arbeiteten, Lärm und Hitze von den Maschinen an der Tagesordnung waren, ist abgesehen von den Stimmen von Schneider und Walser praktisch nichts zu hören.

Ehemalige Cilander-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind – abgesehen von Schneider und Walser – im Film nicht zu sehen. Nur vereinzelt tauchen im Hintergrund Personen auf, die bereits mit Abbrucharbeiten begonnen haben. Überhaupt hätten sie während der Dreharbeiten nur noch wenige Cilander-Mitarbeiter angetroffen. Eine Begegnung bleibt Baumberger aber besonders in Erinnerung: «Ihr habt nie einen Film gedreht über die Cilander, aber jetzt, wenn alles schliesst, kommt ihr vorbei», sagte ein Arbeiter zu ihm.

Dass das Ende des Textilveredlers auf derart grosses Interesse stösst, verwundert Baumberger nicht. Wer in Herisau aufgewachsen ist, habe sehr wahrscheinlich irgendeine Verbindung zum Unternehmen gehabt. Kommt hinzu: «Das ist keine Firma, die heruntergewirtschaftet wurde. Bis zuletzt wurde investiert. Sie hatte aber einen so starken Druck aus dem Ausland, dass es irgendwann nicht mehr gegangen ist», so Baumberger.

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