EBK: Der Kampf um den guten Ruf des Finanzplatzes Schweiz geht weiter
Die rasante Entwicklung der Finanzwelt sowie Verfehlungen von schwarzen Schafen machen die Arbeit der Schweizer Banken- und Börsenaufsicht zunehmend zur Gratwanderung. Dies sagte EBK-Präsident Kurt Hauri an der Jahresmedienkonferenz der Bankenkommission.
Die rasante Entwicklung der Finanzwelt, nationale Rücksichtnahme und internationale Zwänge sowie Verfehlungen von «schwarzen Schafen» machen die Arbeit der Schweizer Banken- und Börsenaufsicht zunehmend zur Gratwanderung. Dies ist das Fazit der Jahresmedienkonferenz der EBK vom Mittwoch (26.04.) in Bern.
Der Fall Abacha
Neben der Aufsicht über Banken, Börsen und Anlagefonds fühlt sich die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) auch der Wahrung des guten Rufs des Finanzplatzes Schweiz verpflichtet. Diese Aufgabe beschäftigte die Behörde 1999 mehr als ihr lieb war, wie EBK-Präsident Kurt Hauri sagte. Enttäuscht zeigte er sich vor allem über die «erschreckende Nachricht» vom Ausmass der Affäre um Fluchtgelder des verstorbenen nigerianischen Diktators Sani Abacha.
Man hätte annehmen dürfen, dass die Banken die Lehren aus den Fällen Marcos, Duvalier, Mani Pulite, Mobutu und Bhutto gezogen hätten, erklärte Hauri. Hauri warnte aber auch davor, alle 15 in die Affäre verwickelten Banken über den gleichen Leisten zu ziehen, und wies darauf hin, dass es das Ausland im Kampf gegen die Abwehr von Potentatengeldern weit weniger genau nehme als die Schweiz. Die EBK sicherte eine umfassende und möglichst rasche Untersuchung der Abacha-Affäre zu.
Dubiose Finanzintermediäre
Dem EBK-Jahresbericht ist zu entnehmen, dass 1999 30 dubiose Finanzintermediäre durch Liquidationsverfügungen aus dem Verkehr gezogen wurden, fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Viel Arbeit hat die EBK auch mit der Untersuchung von Insiderfällen und Kursmanipulationen an der Börse. Insiderfälle sind es auch, die den Löwenanteil der markant gestiegenen ausländischen Gesuche um Amtshilfe betreffen.
Komplizierte Amtshilfe
Nach den Worten des EBK-Chefjuristen Urs Zulauf bewegt sich die EBK bei der internationalen Amtshilfe wie ein Tanker im Eismeer, dessen Weg umsäumt sei von Eisbergen. «Es besteht zwar freie Sicht, aber eine Kollision ist nicht ausgeschlossen», sagte er. Im Falle von Havarien müsste hier erneut der Gesetzgeber angerufen werden. Die Amtshilfe, die bei Insiderdelikten zunehmend die Rechtshilfe ablöst, sei eine schwierige Gratwanderung zwischen der Wahrung des Geheimhaltungsinteressen des Bankkunden und dem Interesse an einer effizienten internationalen Zusammenarbeit. Im Ausland stösst vor allem das komplizierte und für dortige Verhältnisse lange Verfahren auf Unverständnis.
Intervention von Paul Volcker
Neue Konflikte mit dem Ausland, namentlich mit den USA, mochte EBK-Präsident Hauri auch bei der eigentlich abgeschlossenen Altlast der Vermögenswerte aus der Nazizeit nicht völlig ausschliessen. Er bestätigte jedenfalls, dass Paul Volcker, der Präsident des nach ihm benannten schweizerisch-jüdischen Ausschusses zur Untersuchung des Verhaltens der Schweizer Banken, mit Schreiben vom 12. April bei ihm intervenierte, weil er mit der Umsetzung der Empfehlungen durch die EBK im Punkt der zentralen Archivierung der Daten nicht einverstanden ist. «Im Moment» schloss Hauri aber ein Zurückkommen auf die Beschlüsse der EBK von Ende März dieses Jahres aus.
Bonuszahlungen der Grossbanken
Auf eine Gratwanderung hat sich die EBK auch im Falle der Bonuszahlungen der Banken an ihre Mitarbeiter begeben. Aufgeschreckt durch die Verluste der ehemaligen UBS beim Hedge Fund LTCM und bei Aktienderivaten untersuchte sie erstmals umfassend die Bonuspraxis der Banken.
Eigentlich möchte die EBK nicht in die Geschäftspolitik der Banken eingreifen. Sollte sich aber zeigen, dass durch Bonuszahlungen Anreize zur Übernahme unverantwortlicher Risiken ausgelöst werden, schliesst sie ein Eingreifen nicht aus. Vor allem die Praxis der beiden Grossbanken soll deshalb vertieft untersucht werden.
EBK-Vizepräsident Jean-Pierre Ghelfi gab bekannt, dass die Credit Suisse Group (CSG) in den Jahren 1997 und 1998 mehr als doppelt so hohe Boni auszahlte als die UBS.
swissinfo und Agenturen
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