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Kampf dem Abfall auf der Strasse

Park oder Müllablage? Ein Problem, das alle grösseren Schweizer Städte kennen. Keystone

Die Beseitigung des Abfalls von Strassen und Plätzen ist teuer. In der Deutschschweiz werden Abfallsünder daher immer mehr zur Kasse gebeten.

Auch in der Romandie denkt man über Bussen nach. Deren Nutzen ist allerdings nur schwer messbar.

Wichtigste Ursache für die Unsitte des «Littering» (von englisch Litter – Abfall) ist der Wandel der Konsumgewohnheiten. Der mobile Mensch verpflegt sich immer öfter im Stehen, auf der Strasse, in Parks oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Viele Fast-Food-Verpackungen landen auf der Strasse. Die Strassenreinigungsdienste müssen wachsende Mengen von Verpackungen, Papier und Flaschen von den öffentlichen Wegen beseitigen.

Laut einer Studie der Universität Basel landen schätzungsweise 30 Prozent des Abfalls ausserhalb der städtischen Abfallkübel.

Dies ärgert die Öffentlichkeit, die über verdreckte Innenstädte klagt. Die Stadtverwaltungen versuchten lange, einzig mit Aufklärungskampagnen und Erziehung diese Unsitte zu bekämpfen. Immer mehr Deutschschweizer Städte greifen nun zur Busse als Erziehungsmittel.

Berner Erfahrungen

Bern tut dies seit Juni 2004. Hier werden laut Polizeisprecher Thomas Jauch pro Monat drei bis fünf Personen wegen «Littering» gebüsst. Essensreste, Flaschen, Zigarettenstummel oder Kaugummi auf die Strasse werfen kostet 40 Franken, Hundekot liegen lassen 80 und Gegenstände aus dem Auto werfen 100 Franken.

Für Jauch dienen die Bussen der Abschreckung. Die Stadt sei seit deren Einführung sauberer geworden. Nachweisen lasse sich dies aber nicht, meint Thierry Krähenbühl, verantwortlich für den Unterhalt der Strassen in Bern.

Denn die Statistiken unterscheiden nicht zwischen dem Abfall, der aus den Abfallkübeln gesammelt, und jenem, der von den Strassen gefegt wird.

In Bern hat sich der von der Strassenreinigung gesammelte Abfall zwischen 1997 und 2004 verdreifacht – auf 2200 Tonnen. Und die Menge wächst weiter.

Bussen alleine genügen nicht

«In der Regeln fordern die Beamten Abfallsünder auf, ihren Müll aufzulesen und in einen Abfalleiner zu werfen», erklärt Jauch. Nur Wiederholungstäter und Unbelehrbare erhielten eine Busse.

Weder in Bern noch in Basel, wo seit Anfang dieses Jahres gebüsst wird, gibt es reine «Abfall-Polizisten». Es genüge, im Rahmen der Routine-Patrouillen Kontrollen durchzuführen, meint man bei den Stadtverwaltungen.

«Sicher sind Bussen wichtig», meint Kurt Schoch, Verantwortlicher für Abfall- und Abwasserentsorgung von Basel Stadt. «Damit macht man deutlich, dass die Gesellschaft ‹Littering› nicht akzeptiert.»

Aber Bussen sind laut Schoch nur in Verbindung mit anderen Massnahmen ein taugliches Mittel. Dazu gehören Erziehung und Zusammenarbeit mit Take-away-Restaurants. Man müsse aber auch finanzielle Anreize zur Müll-Verminderung schaffen.

«Ohne solche Anreize löst man das Problem nicht.» Schoch denkt beispielsweise an ein allgemeines Flaschenpfand. Der Bund will aber kein solches einführen.

In Bern gilt: Je mehr Abfall ein Unternehmen produziert, desto mehr Abfallgebühren zahlt es. Aber es braucht auch genügend Abfalleimer in der Öffentlichkeit.

Und schliesslich müssen die Strassenreiniger öfter für Sauberkeit sorgen – in der Altstadt im Sommer bis zu sechs mal pro Tag. Denn wo schon etwas Abfall liegt, kommt schneller mehr hinzu.

Interesse in Lausanne

In der Romandie erhalten Abfallsünder bisher noch keine Bussen. Aber die Stadtverwaltungen denken darüber nach.

In Lausanne etwa hält der für die Strassendienste verantwortliche Pierre-Alain Matthey Bussen für ein nützliches Begleit-Instrument zu Aufklärungs-Kampagnen. Manche Leute wollten die Notwendigkeit von Sauberkeit einfach nicht verstehen.

Entschieden wurde in Lausanne bisher in Sachen Abfall-Bussen aber noch nichts. Einzig die Equipen, welche die Sauberkeit überwachen, werden verstärkt.

Ihre Pflicht ist es auch, Littering-Sünder zur Beseitigung ihres Mülls aufzufordern und sie über das Problem aufzuklären.

swissinfo und Agenturen

Fast ein Drittel aller Abfälle, die unterwegs entstehen, landen auf dem Boden, wie eine Studie der Universität Basel zeigt.

Die grossen Take-away-Anbieter in der Schweiz sind Mc Donald’s, Migros und Coop.

Doch auch unzählige Läden und Stände versuchen, sich etwas vom lukrativen Markt der fliegenden Verpflegung abzuschneiden.

Essensreste, Flaschen, Zigarettenstummel oder Kaugummi auf die Strasse werfen:
40 Franken (25 Euro)

Hundekot liegen lassen:
80 Franken (50 Euro)

Gegenstände aus dem Auto werfen:
100 Franken (63 Euro)

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