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Mehr Rechtsschutz für Landarbeiter

Saisonniers auf einem Bauernhof bei der Chinakohl-Ernte. Keystone

16 Organisationen und Gewerkschaften fordern eine bessere rechtliche Absicherung für Landarbeiter und Hilfskräfte.

Mit der Liberalisierung des Personenverkehrs kommt dieser Wirtschaftssektor unter den Druck des Lohndumpings.

Die Arbeitsbedingungen für die rund 45’000 Hilfskräfte in der Schweizer Landwirtschaft sollen national geregelt werden. Dies fordern 16 Organisationen und Gewerkschaften in einem Manifest für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft.

Für die Produktionsmethoden und für die Haltung der Nutztiere kenne das Agrarrecht Richtlinien, sagten Vertreter der Plattform für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft am Montag vor den Medien in Bern.

Wer aber die arbeitsrechtlichen Bedingungen missachte, könne nicht mit dem Entzug von Direktzahlungen bestraft werden.

Der Schweizerische Bauernverband (SBV) gibt sich gegenüber diesem Vorschlag zurückhaltend. Zu swissinfo sagt Fritz Schober, SBV-Leiter des Departements Soziales: «Wir haben ja heute keinen rechtlosen Zustand, sondern kantonale Normalarbeitsverträge.» Wenn diese Verträge nicht eingehalten würden, könnten die betroffenen Landarbeiter Klage einreichen.

Kantonale Regelungen führen zu grossen Unterschieden

Das Hauptziel der 16 Organisationen aus Kreisen der Landwirtschaft, des Konsumentenschutzes, der Menschenrechte und der Arbeitnehmer ist die Schaffung eines Gesamtarbeitsvertrags (GAV) für die in der Landwirtschaft tätigen Angestellten.

Gleichzeitig soll der Landwirtschaftssektor unter das Arbeitsgesetz gestellt werden. Die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft sind heute in der Schweiz kantonal geregelt.

Dies führt zu grossen Unterschieden. Der minimale Monatslohn beträgt je nach Kanton zwischen 2850 und 3040 Franken.

Auch die Wochenarbeitszeit variiert zwischen 48 und 66 Stunden.

Papierlose als billige Arbeitskräfte

Unter diesen Voraussetzungen würden nicht nur die regulär angestellten Landarbeiter leiden, sondern vor allem die vielen in der Landwirtschaft tätigen Sans papiers.

Ihre Notlage werde ausgenützt, indem man sie als billige Arbeitskräfte einsetzt, kritisierten die in der Plattform vertretenen Menschrechts-Organisationen.

Vorsichtig entgegnet Schober vom Bauernverband: «Wir vom SBV sehen uns nicht in erster Linie als Arbeitgeber-Organisation.» Er präzisiert, dass der SBV im Falle eines Landes-GAV jedoch die Rolle der Arbeitgeber-Organisation übernähme.»

Laut Schober steht dem Abschluss eines L-GAV auch der Umstand entgegen, dass der Organisationsgrad der Landarbeiter sehr gering sei. Auch die Organisationen, die sie repräsentieren, seien meist auf ihre Sektoren spezialisiert, aber allgemein von geringer Repräsentanz.

Forderung auch nach Import-Richtlinien



Die Plattform will sich aber nicht nur für eine sozial nachhaltige Landwirtschaft in der Schweiz einsetzen, sondern fordert auch Richtlinien für Importprodukte.

Anstoss für die Gründung der Plattform bildeten die sozialen Spannungen im spanischen El Ejido, dem grössten Gemüseanbaugebiet Europas.

Aktionen für Grossverteiler und Öffentlichkeit

Ihre Ziele will die Plattform mit verschiedenen Mitteln erreichen. Kantonale und nationale Politiker sollen animiert werden, in ihren Parlamenten Vorstösse einzureichen.

Mit Aktionen will die Plattform zudem Grossverteiler und die Öffentlichkeit auf ihre Anliegen aufmerksam machen.

Zur Plattform gehören unter anderem die Landwirtschafts-Organisationen Uniterre, Bio Suisse und die Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern. Von Konsumentenseite machen die Stiftung Konsumentenschutz sowie die entsprechenden Organisationen der französisch- und der italienischsprachigen Schweiz mit.

Von den Gewerkschaften sind die GBI, die UNIA sowie zwei Westschweizer Organisationen dabei. Zudem sind auch das Europäische Forum für die Verteidigung der Flüchtlinge und Migranten (CEDRI) und das Europäische Bürgerforum Mitglieder der Plattform.

swissinfo und Agenturen

Mitglieder der Plattform sind Landwirtschafts-Organisationen,
Konsumentenschutz-Organisationen,
Gewerkschaften,
Flüchtlings- und Migranten-Organisationen.

In der Schweiz zählt man rund 40’000 bis 45’000 Landarbeiter.
Diese sind zum grossen Teil Ausländer.
In 80% der landwirtschaftlichen Betriebe sind ausschliesslich Familienmitglieder angestellt.
Die Anzahl der schwarz in der Landwirtschaft Arbeitenden wird zwischen 4000 und 5000 Personen geschätzt.
Das Minimumsalär schwankt stark je nach Kanton.
Auch die Arbeitszeiten schwanken: 48 Stunden im Wallis, 66 in Glarus.

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