
Ehrentag für Schweizer Mütter

Jedes Jahr im Mai: Papa schenkt Blumen und steht am Herd, die Kinder überreichen selbstgebastelte oder gekaufte Geschenke. Mami wird verwöhnt - wenigstens an diesem Tag.
Nicht nur die Floristen freuen sich auf das Ereignis «Muttertag», das in der Schweiz seit 74 Jahren begangen wird.
Die Phantasie von Unternehmen, zum Muttertag etwas besonderes zu bieten, scheint unerschöpflich. In diesem Jahr legt sich die Stanserhornbahn in Stans (NW) besonders ins Zeug: Weibliche Passagiere über 16 Jahren werden gratis zum Drehrestaurant auf dem Gipfel transportiert. Dort gibt’s neben der Freifahrt noch ein Edelweiss im Topf.
Die Bergbahn nahm sich die SBB zum Vorbild, die letztes Jahr Frauen gratis mit dem Zug reisen liess.
Im Schützenhaus Albisgüetli in Zürich wird Country-Musiker John Brack mit Band zu einem Muttertags-Brunch aufspielen.
Immense Blumenverkäufe
Für die Blumenbranche ist der Muttertag vor dem Valentinstag das grösste kommerzielle Ereignis des Jahres. Ungeachtet der Wirtschaftslage verkauft die Branche jedes Jahr rund zwei Millionen Blumensträusse für 40 bis 50 Mio. Franken. Dies entspricht etwa 750 Tonnen oder 80 Lastwagen voll Blütenpracht.
Am liebsten schenken Männer, Söhne und Töchter Rosen. Eine von zwei verkauften Muttertags-Blumen gehört zu dieser Pflanzen-Gattung.
Auch Konditoren freuen sich am Muttertag traditionellerweise über gute Geschäfte. Transportfirmen machen grosse Kasse, und Kosmetikfirmen verzeichnen Umsätze, die an Weihnachten erinnern. Für die Restaurants gehört der Muttertag zu den umsatzstärksten Tagen im Jahr.
Skeptische Schweizer
In der Schweiz kennt man den Muttertag seit 1929. Konditoren, Floristen und Gärtner drängten auf seine Einführung. Dafür wurde eigens ein Verein gegründet.
Die Idee des Muttertags stiess auf Widerstände. Sie verletze die natürliche Bescheidenheit des Schweizertums, wurde argumentiert. Zudem müsse die Mutter über das ganze Jahr geehrt werden und nicht nur an diesem einen Tag.
Und wo bleibt der Vatertag?
Seit 1936 findet der Vatertag jeweils am Himmelfahrtstag statt. An diesem Tag stehen weder Frauen noch Kinder für die Väter in der Küche. Der Vatertag gehört den Vätern – auch den Vätern noch ungeborener Kinder.
Am Vatertag werden Gemeinschaftsausflüge ins Grüne per Kutschfahrt, Leiterwagen, Bus, usw. organisiert. Die Väter sind natürlich mit ausreichend Getränkeproviant ausgerüstet. Überhaupt wird darauf geachtet, dass die Väter genug (alkoholische) Flüssigkeit zu sich nehmen. Eine Dehydrierung ist deshalb trotz des oft heissen Wetters nicht zu befürchten.
Die Mitwirkung an solchen Vatertagsausflügen muss sehr anstrengend sein, leiden doch viele Teilnehmer am darauffolgenden Tag unter Kopfschmerzen. In der Schweiz hat der Vatertag keine Tradition wie bei den Nachbarländern Deutschland und Österreich.
swissinfo, Etienne Strebel und Agenturen
1914 wurde der Muttertag in den USA erstmals offiziell begangen.
In der Schweiz haben sich vor allem die Blumen-Branche und die Konditoren für eine Einführung stark gemacht. 1929 wurden ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt.
Rosen stehen in der Gunst der schenkenden Väter und Kinder ganz oben.
Es gibt und gab kritische Stimmen gegen den Muttertag: Mütter müssten das ganze Jahr über geehrt werden, nicht bloss an einem Tag.

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