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Donald Trumps Zölle erschüttern die Schweizer Uhrenindustrie

Menschenmenge vor dem Genfer Jet d'Eau an den Geneva Watch Days
Bei ihrer 5. Ausgabe (4. bis 7. September 2025) begrüssten die Geneva Watch Days 66 Uhrenmarken, die ihre neuen Kollektionen an verschiedenen Orten in der Stadt präsentierten. Geneva Watch Days

Die 39%-Zölle auf Schweizer Exporte in die USA treffen besonders die Hersteller von Swiss-Made-Uhren. Der Fachjournalist Alexey Tarkhanov besuchte die Geneva Watch Days, um den Puls einer Branche zu fühlen, die unter Unsicherheit leidet.

Die Ankündigung hatte bereits den Nationalfeiertag vom 1. August überschattet. In Genf, wo vom 4. bis 7. September die Geneva Watch Days 2025Externer Link stattgefunden haben, kam die Frage in allen Gesprächen auf und überschattete teilweise die Lancierung neuer Kollektionen.

Was wird aus diesen Uhren auf dem amerikanischen Markt, dem wichtigsten für die Schweizer Uhrmacherei, seit sich der Markt in China 2022 verlangsamt hat?

Die Uhrmacherei macht etwa 7% der gesamten Schweizer Exporte aus. Und wertmässig sind fast 17% der Uhrenexporte für die USA bestimmt – das entsprach 2024 mehr als 4,3 Milliarden Franken.

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Mehrere grosse Marken hatten bereits im Frühling ihre Preise erhöht, angesichts der Stärke des Frankens und der Einführung eines ersten Zolltarifs von 10%.

Mit den neuen Zöllen, die Anfang August von Donald Trump beschlossen wurden, droht die Rechnung für viele Kund:innen nicht mehr aufzugehen. Die Nachfrage nach Schweizer Uhren jenseits des Atlantiks könnte einbrechen.

«Wir machen gemeinsam Druck auf den Bundesrat, um in den Verhandlungen voranzukommen und hoffen auf ein besseres Abkommen. Es ist schockierend zu sehen, dass die Europäische Union mit 15% besteuert wird, während uns 39% aufgebrummt wird. Wir fordern daher mehr Verhandlungen», erklärte Delphine Bachmann, Genfer Staatsrätin für Wirtschaft, bei der Eröffnung der Messe.

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Einige hoffen, dass Bern eine Angleichung an die auf die europäischen Nachbarn angewandten Zölle erreichen wird: 15% für die EU, 10% für das Vereinigte Königreich.

Andere setzen auf die amerikanische Justiz: Ein Berufungsgericht des Bundes hat einen Teil der Steuern für illegal erklärt, sie aber vorläufig bis zum 14. Oktober beibehalten, in Erwartung einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.

Ein ideales Ziel für Donald Trump

Die Uhrenmarken prangern den unverhältnismässigen Charakter der Massnahme an: Die Eidgenossenschaft steht nun an fünfter Stelle der vom amerikanischen Zollregime meistbestraften Länder, zwischen Burma und dem Irak.

«Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schweiz mit 39-prozentigen Zöllen leben kann», sagt Georges Kern, Chef von Breitling. «Ich bleibe zuversichtlich: Dieses Problem wird in den kommenden Wochen oder Monaten gelöst oder teilweise gelöst werden. Bereiten wir einen Plan B vor, falls es andauern sollte, aber bleiben wir positiv.»

Oliver Müller, Uhrenexperte bei Luxeconsult, zeigt sich nicht so optimistisch: «Die Schweiz kann sehr kompetente Botschafter schicken, die monatelang verhandeln. Am Ende ist es Donald Trump, der morgens aufsteht und spontan entscheidet.»

Seiner Ansicht nach könnten strategische Sektoren wie Pharma oder Gold weiterhin den Zöllen entgehen. Uhren, Luxusgegenstände ohne lebenswichtigen Wert, stellen im Gegensatz dazu «ein ideales Ziel für eine populistische Massnahme» dar.

Nahaufnahme einer Uhr von Trump
Ironie des Schicksals: Donald Trump ist selbst Sammler von Schweizer Uhren. Man hat ihn mit einer Rolex, einer Patek Philippe und einer Vacheron Constantin gesehen. Er hatte 2024 eine Uhr mit seinem Namen lanciert, die ein von einem Handwerker aus La Chaux-de-Fonds entworfenes Uhrwerk enthält. gettrumpwatches.com

Die Zahlen des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) können paradox erscheinen: Im April verdoppelten sich die Exporte in die USA gegenüber März und erreichten 853 Millionen Franken.

Dieser Anstieg spiegelte jedoch die Absicht, vor Inkrafttreten der Zölle Lager aufzubauen. Wenige Beobachter glauben, dass diese aussergewöhnlichen Mengen beibehalten werden können. Der nächste Monatsbericht des Verbands, der am 18. September erwartet wird, wird das Ausmass des Rückgangs zeigen.

Keine gemeinsame Linie

Angesichts der Bedrohung verlaufen die Strategien zwischen Schweigen, Konfrontation und Umgehung. Soll man die Preise nur in den USA erhöhen, die Mehrkosten mit den örtlichen Vertriebspartnern teilen oder die Preise überall erhöhen, um die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren? Noch hat sich keine gemeinsame Linie herauskristallisiert.

Die begehrtesten Uhrenmodelle von Rolex, Audemars Piguet oder Patek Philippe werden anderswo leicht Abnehmer finden. In den USA werden Kund:innen auf der Warteliste sogar von reduzierter Konkurrenz profitieren. Aber für die meisten Uhrenhäuser herrschen trübe Aussichten.

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Die Führungskräfte der Uhrensparte von LVMH (Tag Heuer, Hublot, Bulgari) wollen sich nicht äussern und verweisen auf die Vorsicht von Bernard Arnault, Chef des französischen Luxuskonzerns.

«Wir können es uns nicht leisten, uns mit den USA zu überwerfen», hatte er Ende Juli gegenüber der französischen Tageszeitung Le FigaroExterner Link erklärt.

Die Vorschläge von Nick Hayek

Im Gegensatz dazu befürwortet Nick Hayek, Chef der Swatch Group, die Konfrontation. Mit Lagerbeständen, die drei bis sechs Monate auf dem amerikanischen Markt abdecken, hat er in einem Interview mit dem BlickExterner Link vorgeschlagen, eine 39-prozentige Steuer auf in die USA exportiertes Gold zu erheben. Seiner Ansicht nach handelt es sich um die Achillesferse von Donald Trump.

Hayek hat auch gewarnt, dass zu hohe Zölle amerikanische Verbraucher:innen dazu treiben werden, ihre Uhren im Ausland oder im Duty-Free zu kaufen, was sich letztendlich gegen die Interessen der in den USA ansässigen Händler wenden würde.

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Einige Uhrmacher hoffen, die Zölle zu umgehen, indem sie über die EU gehen, wo die Steuern halb so hoch sind. Die Option scheint plausibel: Viele Marken gehören zu internationalen Konzernen. Die Uhren von Chanel, Dior, Louis Vuitton oder Bell & Ross sind sowohl französisch als auch schweizerisch; Richemont besitzt die Pariser Häuser Cartier und Van Cleef & Arpels, aber auch das deutsche A. Lange & Söhne; Swatch Group besitzt die deutsche Manufaktur Glashütte Original.

Hin zur Produktionsverlagerung?

Allianzen entwickeln sich. Der Schweizer Uhrwerkshersteller La Joux-Perret arbeitet bereits mit dem französischen Uhrenhaus Humbert-Droz zusammen.

Das Label «Made in France» erweist sich auch als viel weniger anspruchsvoll als Swiss Made: Es erfordert nicht 60% nationalen Wert, sondern nur eine «letzte wesentliche Verarbeitung in Frankreich».

Das könnte die Entstehung von Konkurrenten begünstigen, aber Manuel Emch, Direktor von Louis Erard, relativiert: «Unser Know-how kann genutzt werden, aber nirgendwo anders existiert ein so ganzheitliches Ökosystem. Deutschland, Frankreich, Grossbritannien haben ausgezeichnete Uhrmacher, aber es sind wenige. Sie werden die Schweiz nicht ersetzen, selbst mit dieser indirekten Unterstützung der USA.»

Direkt in den USA zu produzieren, wie Louis Vuitton es mit seinen Lederwaren getan hat, ist praktisch unmöglich: Die Uhrmacherei erfordert hochqualifizierte Arbeitskräfte, die bereits in der Schweiz fehlen.


US-Präsident Donald Trump besuchte am Sonntag auf Einladung des Uhrenherstellers Rolex das Finale der US Open. Wie die Mediengruppe CH Media berichtet, verbrachte der Generaldirektor von Rolex, Jean-Frédéric Dufour, mehrere Stunden mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Auch mehrere internationale Medien berichteten über das Ereignis.
Das Weisse Haus lehnte eine Stellungnahme zu den Gründen für die Annahme der Einladung durch den Präsidenten ab. Dieses Treffen wird vor dem Hintergrund des Zollkriegs, von dem insbesondere die Schweizer Uhrenindustrie betroffen ist, in den USA als heikel angesehen – für die Schweizer Uhrenindustrie war es zweifellos perfektes Networking.

Einige Marken erwägen dennoch Anpassungen, wie etwa ihre amerikanischen Tochtergesellschaften in vollwertige Vertriebsgesellschaften umzuwandeln, um zu Grosshandelspreisen zu importieren und so den Endpreis zu senken.

Das ist der Weg, den kürzlich die britische Marke Christopher Ward gewählt hat, die in der Schweiz produziert.

Die Marke Louis Erard studiert dieselbe Option. Aber, erinnert deren Direktor Manuel Emch, um echte Veränderungen vorzunehmen, müsste man diese Zölle als endgültig betrachten. Sie hängen aber von der Trump-Regierung ab, die 2028 zu Ende geht.

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Gastgeber/Gastgeberin Giannis Mavris

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Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen mithilfe der KI Claude: Janine Gloor/br

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