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Kunsthaus Zürich: Intrigen prägen Suche nach neuem Leiter

Intrigen, Indiskretionen, Inkompetenz - bei der Suche nach einem neuen Leiter für das Kunsthaus Zürich geht so ziemlich alles schief. "In Zürich tobt ein Kunststurm", schrieb der "Tagesanzeiger".

Intrigen, Indiskretionen, Inkompetenz – bei der Suche nach einem neuen Leiter für das Kunsthaus Zürich geht so ziemlich alles schief. Zwei Kandidaten werden als ungeeignet abgekanzelt, noch ehe ihre Namen offiziell genannt waren, Gönner des Museums protestieren öffentlich gegen das Auswahlverfahren, und der Stiftungsrat des Kunsthauses warnt vor einem «gefährlichen Vakuum». «In Zürich tobt ein Kunststurm», schrieb der «Tagesanzeiger».

Anstatt die Vorentscheidung über die Kandidaten vertraulich zu führen und den internationalen Expertenbeirat beizuziehen, setzte die Findungskommission der öffentlichen Kandidatendemontage wenig entgegen. Von Unerfahrenheit oder unerprobten Führungsqualitäten war die Rede, ohne dass dem widersprochen wurde.

Inzwischen hat einer der beiden kritisierten Kandidaten das Handtuch geworfen. Weil bezüglich der Zukunftsperspektiven des Kunsthauses ein Konsens in weiter Ferne liege, stehe er nicht mehr zur Verfügung, liess der Kurator der Kunsthalle Zürich, Bernhard Bürgi, Ende vergangener Woche wissen. Der Vorstand der Kunsthalle zeigte sich «bestürzt über das Niveau der Diskussion».

Der zweite Kandidat, der Leiter der Galerie der Gegenwart in der Hamburger Kunsthalle, Christoph Heinrich, ist wütend und enttäuscht zugleich: «Über kunsthistorische Arbeit und Visionen für das Kunsthaus Zürich spricht schon lange keiner mehr. Stattdessen werden Sponsoren und Freunde des Museums mit abstrusen Unterstellungen gegen Bürgi und mich aufgehetzt und Pauschalurteile gebetsmühlenartig wiederholt», sagte der 39-Jährige. Heinrich, der dem Zürcher Kunsthaus mit der von ihm konzipierten Ausstellung «Chagall, Kandinsky, Malewitsch und die Russische Avantgarde» 1999 immerhin die Schau mit den meisten Besuchern des Jahres bescherte, will trotz allem keinen Rückzieher machen.

«Diese Schlammschlacht ist ärgerlich und macht viel kaputt. Aber die Aufgabe in Zürich finde ich nach wie vor grossartig», meinte Heinrich, der an der Hamburger Kunsthalle publikumswirksame Ausstellungen mit Kunst des Barock bis zu Andy Warhol zusammengestellt hat. Schliesslich gelte es, mit dem Kunsthaus Zürich ein Museum neu zu gestalten und dabei «die Schätze der spezifisch schweizerischen Kunstgeschichte zu pflegen wie auch die internationalen Bestände zum Strahlen zu bringen und die Sammlung klug in die Gegenwart zu erweitern».

Angesichts des Scherbenhaufens, den die Kommission hinterlassen hat, wurde die Entscheidung über die Nachfolge von Felix Baumann inzwischen mehrmals verschoben. Alte Gräben zwischen Traditionalisten und Avantgardisten sind wieder aufgerissen. Dabei war sich die Kunsthausleitung eigentlich längst einig, dass ein modernes Museum dieser Grösse beides bieten muss.

Das 1910 erbaute Kunsthaus ist das bekannteste Kunstmuseum in Zürich. Es setzt viel auf Gegenwartskunst, verfügt aber auch über eine beachtliche Sammlung, die nach Meinung vieler nicht genügend vermittelt wird. Dazu gehören Alte Meister, Werke aus Impressionismus und Postimpressionismus und vor allem der klassischen Moderne. Eines der Aushängeschilder des Kunsthauses ist die umfassende Alberto Giacometti-Sammlung. Der neue Direktor soll dem Museum ein neues Profil geben. Dazu kommen Aufgaben, die Managerqualitäten verlangen: Das Haus ist nach Angaben des Stiftungsratspräsidenten Thomas Wagner in einem katastrophalen Zustand und muss saniert werden, ein Erweiterungsbau ist geplant.

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