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Presseschau vom 21.12.2002

Trotz teils entlastendem Schlussbericht steht Peter Regli nicht 'sauber' da. Keystone

Der Untersuchungsbericht über die Beziehungen des Schweizer Geheimdienstes zum Apartheid-Regime in Südafrika beschäftigt die Schweizer Zeitungen.

Dass die Kontakte zum damaligen Unrechtsstaat zu eng waren, ist unbestritten.

«Firma Regli – Die Dunkelkammer der Nation», titelt das Boulvard-Blatt BLICK. Die Untersuchung über die Südafrika-Kontakte von Geheimdienstchef Regli zeichne ein erschreckendes Bild von Machtüberschreitungen, Selbstherrlichkeit, Übereifer und mangelnder politischer Sensibilität.

Gemäss Bericht war Nachrichtendienstchef Peter Regli zwar kein aktiver Unterstützer des Apartheid-Regimes, und eine Beteiligung am südafrikanischen Chemiewaffen-Programm kann ihm nicht angelastet werden.

Mangelndes politisches Sensorium

Für den Zürcher TAGES-ANZEIGER ist das Entscheidende im Bericht aber das politische Fazit, nämlich, dass der Nachrichtendienst in seinen Apartheid-Kontakten viel zu weit gegangen sei:

«Erstmals lässt ein amtliches Dokument nicht mehr gelten, dass die militärische Zusammenarbeit mit dem rassistischen Unrechtsstaat im Kalten Krieg vollauf gerechtfertig war. Aussenpolitik, Verfassungswerte, Völkerrecht und Menschenrechte hätten auch damals Vorrang vor militärischen Informationsbedürfnissen verdient.»

Die BERNER ZEITUNG spricht von einem uneinsichtigen Regli, der neue Vorwürfe als Details abtue:

«Das zeigt, dass er ein uneinsichtiger ‹kalter› Krieger mit einem fehlenden politischen Sensorium war und ist. Denn die restlichen Anschuldigungen sind happig genug.»

Für den Berner BUND ist es zu einfach, den damaligen ‹Schweizer Spionen› Kaltherzigkeit und Gefühllosigkeit vorzuwerfen, wie das Verteidigungsminister Schmid getan hat:

«Das ist heute gesagt. Und nicht so sicher ist, wie die Schmids jener Zeit die Sache ‹aus der Zeit heraus› beurteilt hätten. Wir erinnern uns vage an Auseinandersetzungen über Südafrika, in denen auf der einen Seite die Sensibleren und auf der anderen die Geh-doch-nach-Moskau-Fraktion gestanden hat.»

Zwischen Wertvorstellung und Hinterhof

Die schweizerische Aussenpolitik müsse klar darauf ausgerichtet sein, so die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, den Menschenrechten und dem Völkerrecht überhaupt, Nachachtung zu verschaffen. Daneben gelte es aber auch, eigene Sicherheits-Interessen zu berücksichtigen, so die NZZ weiter:

«Und dazu kann es unter Umständen nötig werden, sich Nachrichten in den ‹Hinterhöfen› der Welt zu beschaffen; dies umso mehr, als Informationen über Terrorismus und Handel mit Massenvernichtungs-Mitteln nicht immer dort zu erhalten sind, wo man sich Werten verpflichtet fühlt, welche die Schweiz richtigerweise hochhält.»

Die Praxis der Vergangenheit wirke sich nun auf die Gegenwart aus, heisst es in der Westschweizer Zeitung LE TEMPS. Der Bericht berge für die Anwälte, die von ausländischen Unternehmen, darunter auch Schweizer Banken, Entschädigungs-Zahlungen für Apartheid-Opfer fordere, viel Munition.

Hätte der Bundesrat den Mut gehabt, zu einem früheren Zeitpunkt Licht in dieses Dossier zu bringen, hätte er sich diese unheilvolle Auswirkung auf die Interessen der Schweiz ersparen können, schreibt LE TEMPS.

swissinfo, Gaby Ochsenbein

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