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Presseschau vom 28.05.2003

Die überarbeiteten Pläne der Post, im Zusammenhang mit der erwarteten Liberalisierung ihre Briefverarbeitung neu auszurichten, sorgen am Mittwoch für Schlagzeilen und Kommentare in den Schweizer Tageszeitungen.

Nachdem der erste Vorstoss im letzten Jahr noch für einen landesweiten Aufschrei gesorgt hatte, bleiben die Reaktionen dieses Mal ruhiger, wenn auch nicht frei von Skespis.

«Um die erwartete Post-Liberalisierung anzugehen, konzentriert die Schweizer Post ihre Briefverarbeitung auf drei Haupt- und sechs Regionalzentren. Damit werden 400 Stellen weniger abgebaut als geplant.»

So fasste swissinfo den Umbau der Briefpost-Verteilung zusammen, den das Postmanagement am Dienstag bekannt gegeben hatte. Im ersten Anlauf im letzten Jahr hatte Postchef Ulrich Gygi drei neue Briefverteilzentren für die ganze Schweiz aus dem Boden stampfen und 2800 Stellen streichen wollen.

Doch der Postbote – in der Deutschschweiz Pöstler genannt – ist nicht irgendwer, sondern eine identitätsstiftende Figur der Eidgenossenschaft. Die Gewerkschaften gingen wegen der Pläne auf die Barrikaden, verschmähte Kantone protestierten, der Bundesrat forderte Sozialverträglichkeit.

Und nochmals von vorne

Beim zweiten Versuch scheint das der Post gelungen zu sein:

«Post befriedigt fast alle», titelt die BERNER ZEITUNG, «9 statt 3 Briefzentren», der BUND, und «Post setzt auf ‹3+6′» heisst es in der AARGAUER ZEITUNG, während der TAGES-ANZEIGER schreibt: «Die Post streicht 2390 Stellen».

Denn so viele Stellen werden mit der Reorganisation gestrichen, betroffen sind über 3100 Mitarbeitende. Das stösst auch der BASLER ZEITUNG auf:

«Der Post-Verwaltungsrat hat sich bei der Modernisierung der Briefpostverarbeitung für die Variante entschieden, mit der er allen Wünschen gerecht wird. Doch was hier als Kompromiss verkauft wird, verdient nicht wirklich diesen Namen. 2400 Jobs gehen nämlich auch so verloren.»

Wohlwollender kommentiert die NEUE LUZERNER ZEITUNG: «Im zweiten Anlauf schafft es die Post mit ihrem Briefzentren-Entscheid das Kunststück, wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig Personal, Gewerkschaften und die meisten Kantone zufrieden zu stellen. (…) Die Regionen – unter ihnen erfreulicherweise auch die Zentralschweiz – werden angemessen berücksichtigt.»

Bitterer Nachgeschmack

Der BUND aus Bern schreibt: «In diesen von Abbau und Negativmeldungen geprägten Wirtschaftszeiten ist die (…) erreichte Rettung von 400 Arbeitsplätzen erfreulich. Doch die positive Meldung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei diesem politisch motivierten Kompromiss (…) auch 2400 Vollzeitstellen verschwinden.»

Auch die BERNER ZEITUNG bleibt skeptisch, allerdings aus anderen Gründen: «Für die Kunden und die Steuerzahler bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Denn sie haben die Mehrkosten zu tragen: die Kunden über höhere Posttaxen, die Steuerzahler über die ungenügende Verzinsung des vom Bund in die Post investierten Kapitals.»

So kommt die AARGAUER ZEITUNG zum Schluss: «Kompromiss mit offenem Ende.»

swissinfo, Philippe Kropf

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