Affäre Gaddafi: Genf verlangt rasches Urteil
Im Prozess um die von der "Tribune de Genève" publizierten Polizeifotos von Hannibal Gaddafi hat der Kanton Genf auf ein rasches Urteil gedrängt - gegen sich selbst. Genf möchte den Streit um die Fotos und damit, so die Hoffnung, die Krise zwischen der Schweiz und Libyen rasch beilegen.
Im Prozess um die von der Tribune de Genève publizierten Polizeifotos von Hannibal Gaddafi hat sich das zuständige Genfer Gericht am Donnerstag die Plädoyers der Anwälte angehört. Der Kanton Genf drängt auf einen schnellen Entscheid. Dagegen wehrt sich die Zeitung. Sie weist den Vorwurf, die Persönlichkeitsrechte Gaddafis verletzt zu haben, von sich.
Anstatt sich um die Fotos zu streiten, stritten sich die beiden beklagten Parteien, ob es einen schnellen Entscheid brauche oder weitere Untersuchungen.
Schon am Mittwoch hatte sich der Kanton in einer Eingabe an das Gericht bereit erklärt, Gaddafi eine «angemessene» Genugtuung zu zahlen. Der Kanton anerkannte eine Mitverantwortung, da ein Kantons-Angestellter die Fotos an die Zeitung weitergeleitet haben dürfte.
Beim Prozess geht es um Polizeifotos des Sohnes des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Die Tribune de Genève hatte sie am 4. September 2009 veröffentlicht.
Darauf verklagte Gaddafi junior den Kanton Genf, die Zeitung und einen Journalisten der Zeitung auf Wiedergutmachung.
Laut David Lachat, dem Advokat des Kantons, hat das Gericht alle Informationen, die es braucht, um ein Urteil zu fällen – ohne zusätzliche Ermittlungen. Er bat deshalb das Gericht, die Höhe der Wiedergutmachung an Hannibal Gaddafi festzusetzen.
Entscheiden muss das Gericht auch, ob die Zeitung die Fotos veröffentlichen durfte. Sollte das Gericht dies verneinen, müsste es die Zeitung zu einer Wiedergutmachung verpflichten. Nach dem Willen des Kantons müsste das Gericht dann entscheiden, wie sich der Kanton und die Zeitung den Betrag aufzuteilen haben.
Nicht so schnell soll es aber nach Ansicht der Tribune de Genève gehen. Sie ersuchte das Gericht, eine weitere Untersuchung einzuleiten. Es brauche vertiefte Abklärungen und das Gericht müsse sich genügend Zeit nehmen, den Fall zu untersuchen.
Libyen hingegen scheint genügend Zeit zu haben. Täglich wird der Forderungskatalog des Regimes länger. Zur Aufhebung der Einreisesperren in den Schengenraum, einem internationalen Schiedsgericht, Geld und Entschuldigungen kam am Donnerstag eine weitere Forderung dazu:
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey sei das Dossier wegzunehmen, verlangte Aussenminister Moussa Koussa in der Zeitung La Liberté. Sie nehme die Krise «nicht ernst» und «versteht uns nicht». Koussa möchte künftig mit Bundespräsidentin Doris Leuthard verhandeln.
swissinfo.ch und Agenturen

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